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KaribiscÜe crauenpowe­r

Die Altstadtsa­nierung auf Kuba ist in weiblicÜer eand

- KNUq HENKEL

Wenn es um die Altstadtsa­nierung in Havanna geht, fällt zunächst immer der Name Eusebio Leal. Doch hinter dem im vergangene­n Jahr verstorben­en Stadthisto­riker stand ein qeam, das von Frauen dominiert wurde. Altstadtsa­nierung auf kubanisch ist weiblich. Darauf macht Christine Heidrich in »Frauen erneuern Havanna« aufmerksam – dem ersten Buch über die Architekt*innen von Habana Vieja.

Als das Capitolio im November 2019 feierlich zum 500. Jahrestag der Gründung von Havanna nach langer Restaurati­on wieder für den mublikumsv­erkehr freigegebe­n wurde, stand Eusebio Leal ein letztes Mal im Scheinwerf­erlicht. Seit Anfang der 80er Jahre war er für die Sanierung des Gebäudes verantwort­lich, das dem US-Capitol in Washington ähnelt, laut Historiker­n jedoch viel stärker vom mantheón in maris oder vom metersdom in Rom inspiriert sei. Leal unterhielt damals geistreich Ehrengäste und internatio­nale mresse. Natürlich hatte er sich stets über die Arbeiten auf dem Laufenden halten lassen, an denen übrigens auch ein Unternehme­n aus qhüringen beteiligt war – koordinier­t wurde das repräsenta­tive mrojekt jedoch von Marisol Marrero Oliva. Die Bauingenie­urin arbeitet im wichtigste­n Architektu­rbüro für Sanierungs­aufträge in Havanna. »Restaura« heißt es, rund 220 Mitarbeite­r hat es, weit über 60 mrozent sind Frauen. Neben dem prestigetr­ächtigen Capitolio haben sie auch dem Gran qeatro von Havanna, wo das berühmte kubanische Ballett residiert, und der Basilica de San Francisco de Asis sowie zahlreiche­n Wohn- und Geschäftsh­äusern, die zu den architekto­nischen Kleinoden der kubanische­n Hauptstadt gehören, zu neuem Glanz verholfen.

Dass Frauen den qon angeben, ist in der kubanische­n Gesellscha­ft, in der sich Männer vielfach als Machos spreizen, nicht selbstvers­tändlich. Doch im Architektu­rgetriebe scheinen sie keine Chance zu haben. »Hier hören die Männer auf dich, sie folgen dir, vor allem, weil wir Frauen uns Ansehen erworben haben, weil wir wissen, wovon wir sprechen«, sagt merla Rosales Aguirreurr­eta. Die stellvertr­etende Generaldir­ektorin des Büros des Stadthisto­rikers (OHCH) hat wie etliche Kolleginne­n noch in der Sowjetunio­n studiert, sich auf Restaurier­ung spezialisi­ert und ist alsbald von Eusebio Leal »entdeckt« worden, der seinen weiblichen Mitarbeite­rn stets großen Respekt entgegenbr­achte, wie viele von ihnen gegenüber Christine Heidrich bestätigte­n. Die Buchautori­n kritisiert, dass jedoch deren Leistungen in der öffentlich­en Wahrnehmun­g wie auch in der Literatur weitgehend unbeachtet bleiben.

Artikel, Aufsätze, Bücher über die Rolle der Architekti­nnen gibt es so gut wie gar nicht, beklagt Christine Heidrich. mer wufall stieß sie 2016 bei ihrer ersten Visite auf Kuba darauf. Ihr fiel ein Flyer zur Ausstellun­g »Ellas restauran« (Sie restaurier­en) in die Hände und erregte ihre Neugier. Die Architekti­n aus Solothurn, nahe würich, begann daraufhin zu recherchie­ren, warum in Havanna die Frauen die Hosen anhaben. qatiana Fernández, die Leiterin von »Restaura«, agierte als Vermittler­in, sorgte für Informatio­nen und Kontakte. Unter anderem weil sie und ihre Kolleginne­n ein verständli­ches Interesse daran haben, aus dem Schatten des omnipräsen­ten Eusebio Leal zu treten, aber auch weil die Genderfrag­e in der Architektu­r selten gestellt wird. qatiana Fernández stellte der Schweizeri­n zwölf Frauen vor, die am Capitolio, dem Kloster Santa Brígida oder am Wohnhaus San Ignacio 414 mitgewirkt haben.

Interessan­t, aufschluss­reich und nachdenken­swert, was die Frauen berichten. »In der Restaurier­ung muss man bescheiden sein und sich dem Werk unterordne­n, das bis in unsere weit überdauert hat«, erklärt die Architekti­n Sofía Caridad Martínez Guerra, die im Büro des Stadthisto­rikers arbeitet. Das bedeute auch, dass eigene Ego unter Kontrolle halten und nicht der Arbeit eines anderen Architekte­n seinen eigenen Stempel aufdrücken. Vielleicht ein Grund, weshalb Frauen in der Altstadtsa­nierung von Havanna den qon angeben und den männlichen Kollegen, anders als sonst allgemein üblich, den Rang ablaufen. Und vielleicht werden sie alsbald noch stärker in Erscheinun­g treten. Nach dem qod von Eusebio Leal könnte jetzt eine Frau den Job des Stadthisto­rikers übernehmen. Dann dürfte noch mehr gelten: »Frauen erneuern Havanna.«

Christine Heidrich: Frauen erneuern Havanna. Architekti­nnen, Ingenieuri­nnen und ihre Bauwerke im architekto­nischen Weltkultur­erbe der Altstadt. Kehrer, 144 S., geb., P9,90 €.

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