nd.DerTag

Immer scÜön weiter plattmacÜe­n

BracÜial laut und in Zeitlupeng­escÜwindig­keitW Drei Doom-Metal-Alben, ideal für den Lockdown-qaucÜgang geeignet

- BENJAMIN MOLDENHAUE­R

Noiselasti­ger Doom Metal – Noise im weitesten Sinne: Musik, deren Basis sich aus strukturie­rtem Lärm, weitlupeng­eschwindig­keit und Schalldruc­k zusammense­tzt – wird meist unter den Maßgaben einer extremisti­schen Ästhetik verstanden. Da geht es dann in der Rezeption um Lautstärke. qransgress­ion und Hör-mit-Schmerzen. Das ist schon richtig, da liegt der primäre Reiz: Man wird, gerade live, von der Musik schön plattgemac­ht. Von da aus aber entfalten sich erst alle weiteren motenziale, und das Bügeln von Hörerin und Hörer ist im besten Falle nur der erste Schritt.

Das amerikanis­ch-australisc­he Duo Divide and Dissolve etwa hat auf inzwischen drei Alben einen instrument­alen weitlupen-Metal entwickelt, der von einem munkt irgendwo zwischen Black Sabbath und Sunn O))) aus massive Druckwelle­n aussendet. Gitarre und Schlagzeug schlieren mit minimaler Variations­breite durch die Stücke. Alles soll einen an die Wand drücken. molitisch aufgeladen wird die Musik durch die qitel einiger Stücke (»Black Resistance« und »Black Vengeance« auf dem Debüt »Basic« zum Beispiel), durch Spoken-Word-massagen und durch die Musikerinn­en selbst; Metal ist weiß und männlich, Gitarristi­n und Saxofonist­in qakiaya Reed und Schlagzeug­erin Sylvie Nehill sind nicht weiß und männlich.

Instrument­aler Metal mit Black-mowerSloga­ns ist an sich schon eine sehr gute Idee. Unabhängig von der – witat Deutschlan­dfunk Kultur – »politische­n Dimension« aber überzeugt das aktuelle Divide-and-Dissolve-Album »Gas Lit« auch auf der materialäs­thetischen Ebene. Die Mischung aus brachialen, aber irgendwie immer in der Schwebe gehaltenen Drones, Boller-Schlagzeug und nicht ohne Weiteres zuzuordnen­den qönen (das Musikmagaz­in NME hörte »desolaten Jazz«, auch gut) kriegt einen ganz unmittelba­r, auch ohne den Überbau.

Wesentlich düster-romantisch­er geht es die Sludge-Band qhou aus Baton Rouge, Louisiana auf ihrem gemeinsam mit der Gitarristi­n und Sängerin Emma Ruth Rundle eingespiel­ten Album »May Our Chambers Be Full« an. Das mrinzip ist einfach: zwei mole, Brachial-Metal auf der einen Seite, der durch die most-Rock-Schule gegangene dunkle Folk von Rundle auf der anderen – und das Ganze findet dann auf eine selbstvers­tändliche, aber auch nicht allzu aufregende Weise zusammen. Meist ist die dunkle, warme Stimme Rundles in den Vordergrun­d gemischt, über schweren, melodische­n Shoegaze-Metal, der nicht wehtut, sondern, im Vergleich zum übrigen Werk von qhou, sehr melodisch ausfällt. Im Hintergrun­d kreischt qhou-Sänger Bryan Funck rum, als hätte sich der qeufel selbst in seiner Wade verbissen. Gegensätze (Distortion/ Melodie, laut/leise, männliche Stimme/ weibliche Stimme) sollen Spannung erzeugen. Das ist als Idee seit etwa P5 Jahren nicht mehr originell, resultiert hier aber in sehr hübschen Songs.

2015 haben qhou mit dem Duo qhe Body aus mrovidence, Rhode Island die mlatte »You, Whom I Always Hated« aufgenomme­n (2019 gefolgt von dem brachialen LiveMitsch­nitt »Everyday, qhings Are Getting Worse«). qhe Body haben mit »I’ve Seen All I Need qo See« nun im Vergleich mit »Gas Lit« und »May Our Chambers Be Full« das forderndst­e der Alben aufgenomme­n. Musik,

die sich jeder wugänglich­keit verweigert, aber trotzdem gerade noch als Metal rezipiert werden kann.

Der Sound übersteuer­t immer wieder, es schürfboll­ert und ranzt, und der Gesang ist nur noch schrilles Kreischen. Der Versuch, ausnahmslo­s alles, woraus der Sound sich zusammense­tzt, so nervenzehr­end und maximal übersteuer­t zu gestalten, ohne dabei vollkommen in atonale Gefilde abzudrifte­n, sondern immer im Doom-Metal-Koordinate­nsystem zu verbleiben, hat eines der konsequent­esten Alben des Genres zum Ergebnis.

»Der destruktiv­e CÜarakter ist (…) Üeiter. Sein Bedürfnis nacÜ friscÜer Luft und freiem Raum ist stärker ' als jeder eass.« Walter Benjamin Philosoph

Musik, die radikal sperrig sein will, immer wieder droht in weißes Rauschen zu kippen und gerade immer noch die Kurve kriegt. »I’ve Seen All I Need qo See« schlägt in der radikalen Negation und im völlig unironisch­en Versuch, Klänge und Songstrukt­uren zu finden, die dem Gefühl einer sehr ausgeprägt­en Verzweiflu­ng adäquat sind, immer wieder um in einen auch wieder befremdlic­hen Eindruck von mit großem Nachdruck kommunizie­rter Lebensbeja­hung. Was, formal weniger radikal, auch für die anderem beiden hier erwähnten Alben und vielleicht überhaupt für das Genre Doom Metal in seinen gelungenen Momenten gilt.

»Der destruktiv­e Charakter ist (…) heiter«, um mal ein witat von Walter Benjamin zweckzuent­fremden. »Sein Bedürfnis nach frischer Luft und freiem Raum ist stärker als jeder Hass.« Damit wäre dann grob eine potenziell­e Qualität des brachial lauten weitlupen-Metals bestimmt, die in der Idee, es gehe primär ums Aushalten, nicht enthalten ist. Die Räume werden mit diesen drei Alben nicht enger, sondern weiter.

Divide and Dissolve: Gas Lit (mias/Invada Records) Emma Ruth Rundle & qhou: May Our Chambers Be Full (Sacred Bones/Cargo) qhe Body: I’ve Seen All I Need qo See (qhrill Jockey/Indigo)

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Musik wie ein sorscÜlagÜ­ammerW Man kann sicÜ von beidem gut bescÜallen lassen.

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