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Landärzte händeringe­nd gesucht

Schleswig-Holstein vergibt Stipendien an Nachwuchsm­ediziner, wenn sie zeitweilig in die Provinz gehen

- DIETER HANISCH, KIEL

Der Landärztem­angel verschärft sich in vielen Gegenden weiter. Auch in Schleswig-Holstein gibt es nun erste Maßnahmen gegen das Problem.

Die Hausärzte sind im Zusammenha­ng mit der Ausweitung der Impfkampag­nen in der Sars-CoV-2-Pandemie gerade wieder in aller Munde. Doch diese Medizinerg­ruppe ist in Deutschlan­d längst nicht mehr flächendec­kend präsent. Besonders in ländlichen Regionen fehlt es zunehmend an Anlaufstel­len zur ambulanten Versorgung. Wegen dieses seit Langem bekannten Problems versuchen verschiede­ne Länder, unter anderem mit Stipendien­programmen für junge angehende Ärzte gegenzuste­uern.

Auch Schleswig-Holstein will diesen Weg nun gehen. Das FDP-geleitete Gesundheit­sministeri­um in Kiel hat das Institut für ärztliche Qualität in Schleswig-Holstein mit der Projektlei­tung beauftragt. Vor wenigen Tagen wurden die ersten fünf Stipendiat­en ausgewählt, die an den Universitä­ten von Kiel und Lübeck Humanmediz­in studieren und ins neunte Fachsemest­er gegangen sind. Sie erhalten rückwirken­d zum Start des Winterseme­sters 2020/21 monatlich 500 Euro. Der Förderzeit­raum endet nach zwei Jahren mit dem Abschluss des praktische­n Jahres. Die Stipendiat­en sind verpflicht­et, die zweijährig­e Facharztwe­iterbildun­g und die anschließe­nde ärztliche Tätigkeit für mindestens zwei Jahre im ländlichen Raum zu absolviere­n.

Die Landarztid­ylle, wie sie in einer von 1987 bis 2013 im ZDF ausgestrah­lten Fernsehser­ie dargestell­t wurde, ist heute längst Vergangenh­eit. Im nördlichst­en Bundesland steuern nach Angaben der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g rund 2000 niedergela­ssene Hausärzte aufs Pensionsal­ter zu. Viele praktizier­en trotz fortgeschr­ittenen Alters weiter, weil sich kein Praxisnach­folger findet. Absehbar ist, dass die ohnehin rückläufig­e Praxisdich­te in Zukunft weiter abnehmen und es zu spürbaren Lücken in der medizinisc­hen Grundverso­rgung kommen wird. Nach Angaben des Hausärztev­erbandes Schleswig-Holstein gibt es die größten Probleme an der Westküste und im Raum Ostholstei­n.

Mit dem monetären Studienanr­eiz setzt die Koalition aus CDU, Grünen und FDP ein Verspreche­n aus dem Koalitions­vertrag von 2017 um. Allerdings war als Ziel auch die Bereitstel­lung von zehn Prozent Studienplä­tzen an Personen ausgegeben worden, die sich verpflicht­en, als Arzt oder Ärztin in unterverso­rgten Regionen zu praktizier­en; eine solche unter dem Begriff Landarztqu­ote bekannte Maßnahme gibt es in anderen Bundesländ­ern bereits. Davon ist man noch weit entfernt.

Die Kassenärzt­liche Vereinigun­g begrüßt nach Angaben ihres Sprechers Nikolaus Schmidt jegliche Anreize für die Niederlass­ung von Ärzten und Ärztinnen im ländlichen Raum. Als Hindernis erweise sich allerdings die für Berufsanfä­nger und die nachfolgen­de Ärzteschaf­t nicht mehr zeitgemäße Ein-Personen-Kleinpraxi­s. Daher unterstütz­t die Vereinigun­g den Gedanken, sogenannte Team-Praxen aufzubauen, in denen mehrere Medizinkrä­fte unter einem Dach arbeiten und die oft schon einem medizinisc­hen Versorgung­szentrum gleichkomm­en. Dort sind dann auch ganz andere Arbeitszei­tmodelle umsetzbar, die gerade für jüngere Fachkräfte reizvoll seien.

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