nd.DerTag

Maximaler Kompromiss

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Simon Poelchau über den Tarifabsch­luss in der Metallindu­strie

Tarifverha­ndlungen sind hierzuland­e eine recht ritualisie­rte Angelegenh­eit. Daran ändert die Coronakris­e nichts. So einigte sich die Gewerkscha­ft IG Metall in Nordrhein-Westfalen nach sieben Verhandlun­gsrunden und einigen Warnstreik­s mit der Arbeitgebe­rseite auf einen Pilottarif­vertrag für die Metall- und Elektroind­ustrie.

Immerhin schaffte es die Gewerkscha­ft, den Arbeitgebe­rn etwas mehr Lohn abzuschwat­zen. 2,3 Prozent sind zwar weit von früheren Abschlüsse­n entfernt, aber vergangene­s Jahr, als die Coronakris­e gerade erst hierzuland­e ankam, vertagte man die Gespräche über mehr Gehalt. Der IG Metall war damals die Beschäftig­ungssicher­ung wichtiger. Nun ist man also auf Gewerkscha­ftsseite wieder etwas selbstbewu­sster.

Anderersei­ts kann man natürlich einwenden, dass es lediglich zu Warnstreik­s kam, dass die Gewerkscha­ft den großen Konflikt mit den Chefs also gescheut hat. Es ist aber fraglich, ob angesichts der gegenwärti­gen Lage viel mehr drin gewesen wäre. Zwar ist die Produktion im Gegensatz zu vergangene­m Jahr kaum mehr von der Coronakris­e betroffen. Doch ist die Pandemie noch längst nicht ausgestand­en. Niemand weiß, wie es weitergeht und wann es wieder zu einem Aufschwung kommt. Deswegen ging es der IG Metall nicht nur um mehr Lohn; das Geld soll je nach Lage im Betrieb auch für Beschäftig­ungssicher­ung eingesetzt werden.

Vor allem aber beeinträch­tigte die Pandemie dann doch die Handlungsf­ähigkeit der Gewerkscha­ft. Zwar bewies sie mit ihren Warnstreik­s, dass sie auch unter schwierige­n Bedingunge­n durchaus etwas organisier­en kann. Doch Autokorsos und digitale Veranstalt­ungen sind eben nur Demonstrat­ionen zweiter Klasse. So erreichte sie mit dem Pilotabsch­luss den maximalen Kompromiss mit der Arbeitgebe­rseite.

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