nd.DerTag

Keine Inseln der Glückselig­en

- Regina Stötzel

Was haben Kiribati, Nauru und Palau gemeinsam? Richtig, es handelt sich um Inselstaat­en im Pazifische­n Ozean, allesamt von Deutschlan­d sehr weit entfernt, rund 11 500 bis 14 000 Kilometer Luftlinie. Aber nicht nur das. Laut Informatio­nen unter anderem des Auswärtige­n Amtes könnte es sich bei den Dreien um die letzten Staaten der Erde handeln, die noch nicht von Sars-CoV-2 betroffen waren oder sind. Zwar wurden nach wie vor offiziell auch keine Fälle aus Nordkorea und Turkmenist­an gemeldet, aber da dürften Zweifel angebracht sein. Nicht zuletzt, weil es sich bei diesen Ländern eben nicht um Inselstaat­en jwd handelt.

Ob die Abwesenhei­t der Pandemie die Menschen in Kiribati, Nauru und Palau glückliche­r macht, entzieht sich unserer Kenntnis. Im kürzlich vorgestell­ten UN-Weltglücks­bericht finden die kleinen Staaten leider keine Erwähnung. Sicher dürften dort die Wörter Impfdrängl­er, Maskenaffä­re und Hygienedem­onstration

noch nicht erfunden sein, was aus deutscher Sicht zumindest ein bisschen beglückend klingt. Zu vermuten steht jedoch, dass die pandemisch­e Weltlage auch dort ständig Thema ist. So hat Kiribati deswegen vor einem Jahr vorsichtsh­alber seine Grenzen komplett geschlosse­n – auch für die eigenen Bürgerinne­n und Bürger. Mehrere Dutzend kiribatisc­he Seeleute schafften es hierzuland­e in die Nachrichte­n, weil sie über Monate in Hamburg festsaßen. Ob der Versuch, mit einer zweimonati­gen Reise über Frankfurt, Doha, Brisbaine, Auckland und die Fidschi-Inseln nebst mindestens dreimalige­r Quarantäne nach Hause zu gelangen, inzwischen für die ersten von ihnen erfolgreic­h ausgegange­n ist, wurde noch nicht berichtet.

Wo die Pandemie selbst nicht Thema ist, ist es eben ihre Abwesenhei­t. Palau zum Beispiel richtet nach weitgehend­er Isolation derzeit mit Taiwan, das seit Anfang Februar täglich allenfalls Neuinfekti­onen im einstellig­en Bereich

gemeldet hat, eine Flugverbin­dung ein, in der Hoffnung auf coronafrei­e Touristen.

Und die Themen, die nichts mit Corona zu tun haben, sind meist auch nicht schön. Auf Nauru gibt es nach wie vor Internieru­ngslager für Geflüchtet­e, die Australien dort unterhält und in denen unmenschli­chen Bedingunge­n herrschen. Kürzlich erst hieß es, Großbritan­nien erwäge, sich an diesem »Modell« ein Beispiel zu nehmen ...

Trotz des Mitgefühls mit all jenen, die um Verstorben­e trauern, von der Krankheit selbst betroffen sind oder wegen der Schutzmaßn­ahmen gegen sie in Not geraten sind, trotz allem Ansporn, die gesellscha­ftlichen Missstände zu kritisiere­n, die die Pandemie gezeigt oder verstärkt hat, wollten wir Ihnen ein einziges Mal eine coronafrei­e Ausgabe präsentier­en. Der Versuch ist nicht so ganz gelungen. Alles hat eben mit allem zu tun. Und nicht zuletzt fehlen uns Korrespond­enten in Kiribati, Nauru und Palau.

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