Die Kraft des Friedens
Andrea Muse Pazu hilft Jugendlichen und wacht über die Gemeinschaftsregeln
Andrea Muse Pazu trägt einen roten Hut und unter der blauen Guardia-Weste ein buntes langärmeliges Shirt. Als Delegierte in der Guardia Indígena ist sie für den Schutz der indigenen Gemeinden verantwortlich. Die 18Jährige hat aufgeweckte Augen und ein freches Grinsen, das sie noch jünger aussehen lässt. Aber ihre Ausstrahlung ist souverän, selbstbewusst und überzeugend, hinzu kommt ihre tiefe, laute Stimme. »Ich werde oft gefragt, wann ich denn endlich heirate und Kinder kriege, aber ich habe da noch keine Lust drauf.« Andrea möchte frei und unabhängig bleiben.
Aus der Schule stahl sie sich, um die Zeit mit Forellenfischen am Fluss zu verbringen. »Ich finde es schade, dass die anderen Jugendlichen kein Interesse mehr an den traditionellen Spielen haben, stattdessen zocken sie online.« Teil der Guardia zu sein, ermögliche ihr, »anderen Jugendlichen zu helfen«.
Das Autoritätssymbol der Guardia ist der Bastón, ein Stab aus Holz, der mit Bändern »in den sieben Farben
der Etappen des Lebens« geschmückt ist, wie Andrea erklärt. Durch ihre Hand gleiten zwei Anhänger mit Fotos, die sie an ihrem Stab trägt: »Das hier ist ein Compañero, den sie mit dem Bastón in der Hand ermordet haben, und das hier ein Maler, der die Wahrheit an die Häuserwände geschrieben hat und dafür umgebracht wurde.«
Andrea kramt eine weitere traurige Geschichte aus ihrem Gedächtnis. »Ich hatte eine Freundin, die 13 Jahre alt war, als sie von der Guerilla rekrutiert wurde. Die kolumbianische Armee hat sie ein Jahr später in einem Gefecht gefangen genommen, vergewaltigt, ihr die Haare abgeschnitten und sie dann umgebracht«, erzählt Andrea und fragt: »Warum konnte die Regierung sie nicht befreien und ihr eine gute Orientierung im Leben geben, statt sie zu ermorden?«
Dann sagt Andrea bestimmt: »Andere Jugendliche fragen mich: Was willst du mit dem Bastón ausrichten? Aber dieser Bastón bedeutet sehr viel: Er ist die Kraft des Friedens.«