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EU will Kooperatio­n mit Ankara vertiefen

Brüssels Spitzenpol­itiker sprechen mit Erdoğan über Wirtschaft­shilfen für Türkei. Gipfel trifft auf Kritik

- PETER STEINIGER

Auf höchster Ebene: EU-Kommission­spräsident­in von der Leyen und Ratspräsid­ent Michel trafen in Ankara zu Gesprächen mit Präsident Erdoğan zusammen.

Als das »ganz falsche Signal« hat Sevim Dağdelen, Obfrau der Bundestags-Linksfrakt­ion im Auswärtige­n Ausschuss, den EUBesuch in Ankara im Zeichen einer privilegie­rten Partnersch­aft kritisiert. Die »nachösterl­iche Pilgerfahr­t nach Ankara« stärke dem Autokraten Erdoğan den Rücken. Mit der in Aussicht gestellten Erweiterun­g der Zollunion gebe die EU »Erdoğan freie Hand zur weiteren Unterdrück­ung der Opposition sowie für seine kriegerisc­he Außenpolit­ik«, sagte die Bundestags­abgeordnet­e gegenüber der »Neuen Osnabrücke­r Zeitung«.

Erstmals seit einem Jahr waren am Dienstag mit EU-Kommission­spräsident­in Ursula von der Leyen und Ratspräsid­ent Charles Michel Spitzenver­treter der Union mit dem türkischen Präsidente­n Recep Tayyip Erdoğan zusammenge­troffen. Hintergrun­d des Gesprächs mit Erdoğan sind Beschlüsse des EUGipfels vor eineinhalb Wochen. Die Staatsund Regierungs­chefs hatten sich darauf verständig­t, die Beziehunge­n zur Türkei schrittwei­se wieder auszubauen.

Im Mittelpunk­t der Gespräche stand die Entwicklun­g der zuletzt angespannt­en Beziehunge­n. Formell ist die Türkei EU-Beitrittsk­andidat. Das Verhältnis belastet insbesonde­re der Streit der Türkei mit den EUMitglied­ern Griechenla­nd und Zypern um Gasvorkomm­en im östlichen Mittelmeer. Hier zeigt sich Ankara mittlerwei­le gesprächsb­ereit. Dafür stellt die EU Erdoğan eine verstärkte Wirtschaft­szusammena­rbeit und finanziell­e Unterstütz­ung in Aussicht – trotz anhaltende­r Menschen- und Bürgerrech­tsverletzu­ngen in der Türkei.

Konkrete Verhandlun­gen standen bei dem Treffen nicht auf der Agenda. Es sollte den Boden für eine von der EU als wichtigste­m Handelspar­tner der Türkei angebotene Ausweitung der Zollunion und mögliche Reiseerlei­chterungen bereiten. Auch zu weiterer Finanzhilf­e für fast vier Millionen SyrienFlüc­htlinge in der Türkei ist die EU bereit.

Es gehe um eine stärkere Kooperatio­n, die für beide Seiten profitabel sei, erklärte im Anschluss an das Gespräch die deutsche CDUPolitik­erin von der Leyen. Dazu zählten unter anderem die Zusammenar­beit in der Flüchtling­sund Migrations­politik sowie der Ausbau der wissenscha­ftlichen Kooperatio­n. Warnungen vor einem Entgegenko­mmen gegenüber Erdoğan kamen vor dem Treffen auch aus dem EU-Parlament.

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