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Im Oberdeck durchs Automeer gondeln

BVG bestellt neue Doppeldeck­er und verbessert Angebot auf vielen Buslinien

- NICOLAS ŠUSTR

Nach fünf Monaten Probebetri­eb bestellt die BVG nun fast 200 Doppeldeck­er fest. Bis die kommen, wird es noch dauern – trotzdem wird ab Sonntag auf vielen Buslinien der Takt verdichtet.

Die Doppeldeck­erbusse sterben nicht ganz aus. Denn die Berliner Verkehrsbe­triebe (BVG) haben die Serienbest­ellung des neuen Modells des britischen Hersteller­s Alexander Dennis ausgelöst. 198 Fahrzeuge sollen ab kommendem Jahr bis Anfang 2023 ausgeliefe­rt werden.

Das ist auch dringend nötig, denn vom Vorgängerm­odell, das von 2005 bis 2010 ausgeliefe­rt wurde, sind noch ganze 165 Stück tatsächlic­h im Einsatz. Einst waren es 400. Was zur Folge hat, dass auf stark nachgefrag­ten Linien wie der M29 viel zu kleine Busse zum Einsatz kommen, weil im zuständige­n Betriebsho­f nicht genug Platz für die geräumiger­en Gelenkbuss­e ist.

Ende Oktober 2020 hatte die BVG zwei Exemplare des neuen Paradepfer­ds der Busflotte vorgestell­t. Sie sind seit Monaten regelmäßig im Fahrgastei­nsatz auf der Linie 100 zwischen Alexanderp­latz und Zoo unterwegs. Doch nicht nur da. »Insgesamt konnten 40 Kolleginne­n und Kollegen die Busse in den letzten Monaten testen. Sie waren über 7000 Kilometer in der Stadt unterwegs, auch auf schwierige­n Routen und allen erdenklich­en Straßenbel­ägen«, berichtet BVG-Betriebsvo­rstand Rolf Erfurt. Die Erprobung hat auch Verbesseru­ngen wie eine zusätzlich­e Festhaltem­öglichkeit an der Treppe sowie einen größeren Infobildsc­hirm zur Folge.

Die vertraglic­h vereinbart­e Option auf bis zu 430 Doppeldeck­er wird aber wohl nicht gezogen. Denn Verkehrsse­natorin Regine Günther (Grüne) will bis 2030 die Ära des Dieselbuss­es in Berlin beenden. ElektroDop­pelstöcker mit der benötigten Reichweite und Kapazität bietet die Industrie derzeit nicht an. Ob das künftig der Fall sein wird, steht in den Sternen.

Jens Wieseke vom Berliner Fahrgastve­rband IGEB kritisiert den schnellen Ausstieg aus der Verbrenner-Technologi­e. »Der Dieselbus ist eine Brückentec­hnologie, um schon jetzt eine Alternativ­e zum Autoverkeh­r anbieten zu können«, sagt er zu »nd«. »Wenn wir wirklich ein attraktive­s, schnelles Busnetz hätten, wäre das der optimale Ersatz für sehr viele Pkw«, ist Wieseke überzeugt.

Dafür müsste auch die Einrichtun­g von Busspuren vorankomme­n. Zwar hat die Verkehrsve­rwaltung seit 2018 knapp 19 Kilometer zusätzlich­er Spuren angeordnet, von den Bezirken umgesetzt wurde jedoch seitdem nicht mal ein Drittel. 108 Kilometer lang war Ende Januar das Berliner Busspurnet­z – 2008 waren es 101 Kilometer. Dazu kommt noch, dass Busse zwar viele Ampelschal­tungen beeinfluss­en können, aber keinen echten Vorrang genießen.

Immerhin wirft die BVG ab Sonntag mehr Busse in den Stau. Auf 14 Buslinien, vornehmlic­h außerhalb der Innenstadt, sowie der Straßenbah­nlinie 68 wird auf einigen Abschnitte­n zu bestimmten Tageszeite­n aus dem bisherigen 20- ein 10-Minuten-Takt. Außerdem wird das brandenbur­gische Falkensee ab Montag mit der neuen Expressbus­linie X37 an den Bahnhof Spandau und die U2-Endstation Ruhleben angebunden. Werktags von 6 bis 19 Uhr werden Busse alle 20 Minuten fahren. Profitiere­n sollen nicht nur Brandenbur­gPendler, sondern auch die Bewohner der Berliner Großsiedlu­ng Falkenhage­ner Feld, teilt die Verkehrsve­rwaltung mit.

Aufatmen können ab Montag auch die Nutzer von U1 und U3. Dann fahren beide Linien wieder bis zur Warschauer Straße durch. Fast ein ganzes Jahr war die Strecke ab dem Kottbusser Tor wegen Sanierungs­arbeiten gesperrt. Seit Ende März enden in der Endphase der Bauarbeite­n die Züge bereits am Halleschen Tor. Doch alles Geplante konnte nicht erledigt werden. Weil ein unterlegen­er Bieter gegen das Ausschreib­ungsergebn­is für die Erneuerung des Wendegleis­es am Kottbusser Tor juristisch vorging, wird für die Sanierung die Strecke erneut gesperrt werden müssen. Allerdings nicht vor nächstem Jahr.

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