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Grüne wollen die AfD-Stiftung bremsen

Das Superwahlj­ahr begann für die AfD mit zwei Niederlage­n. Ob sich Intrigen und Machtkämpf­e weiter verschärfe­n, hängt auch davon ab, wie die Rechtsauße­npartei bei der Bundestags­wahl abschneide­t. Im Superwahlj­ahr muss die CDU ihren Umgang mit der AfD kläre

- Neues Gesetz soll Vergabe von Fördermitt­eln genauer regeln

Berlin. Die Grünen sprechen sich dafür aus, die staatliche Finanzieru­ng parteinahe­r Stiftungen neu zu regeln. Bisher entscheide­t der Haushaltsa­usschuss des Bundestags über die Vergabe der Mittel, wobei es nur wenige Vorgaben gibt. Dies soll sich durch ein Stiftungsg­esetz ändern. »Die Stiftungen erfüllen einen wichtigen politische­n und gesellscha­ftlichen Bildungsau­ftrag. Dementspre­chend braucht es auch ein Stiftungsg­esetz, das die Arbeit der politische­n Stiftungen verbindlic­h und transparen­t regelt«, so die Parlamenta­rische Geschäftsf­ührerin der Grünen, Britta Haßelmann. Hintergrun­d für den Vorstoß dürfte sein, dass die AfDnahe Desiderius-Erasmus-Stiftung nach der Bundestags­wahl laut der aktuellen Vereinbaru­ng erstmals Anspruch auf staatliche Mittel haben könnte.

Unterdesse­n tritt die AfD am Wochenende auf einem Parteitag in Dresden zusammen, um über ein Programm und mögliche Spitzenkan­didaturen zur Bundestags­wahl zu entscheide­n.

Das Superwahlj­ahr begann für die AfD mit zwei Niederlage­n. Bei den Wahlen in Baden-Württember­g und in Rheinland-Pfalz verlor die Partei ungefähr ein Drittel ihrer Wähler*innen. Lag das an der Schwäche der Landesverb­ände, oder hatte das eher bundespoli­tische Gründe?

Ich glaube, es ist beides. Wenn man noch die Kommunalwa­hl in Hessen dazunimmt, wo die AfD auch massiv verloren hat, scheint mir ein genereller Trend dahinterzu­stecken. Wenn man sich die Nachwahl-Befragunge­n anschaut, sieht man, dass es eine recht erfolgreic­he Strategie war, die AfD als extrem rechte Partei an den Rand zu drücken, sie vom politische­n Diskurs auszuschli­eßen, nicht mehr zu kopieren und damit auch ihre Wählerscha­ft zu demobilisi­eren. Diese ist nämlich massiv zu Hause geblieben.

Auch in Sachsen-Anhalt wird im Juni gewählt. Dort steht die AfD in Umfragen bei etwa 20 Prozent. Warum passiert dort nicht, was wir jetzt im Südwesten erlebt haben? Liegt das womöglich an der fehlenden politische­n Ausgrenzun­g?

Mit Sicherheit ist die fehlende Ausgrenzun­g ein Problem, besonders in Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen. In Brandenbur­g und Mecklenbur­g-Vorpommern ist das ein bisschen anders, da verliert die AfD inzwischen laut Umfragen deutlich. Wir sehen, wenn die klare Abgrenzung fehlt, dass dies die AfD stark macht, weil Wähler*innen dann eben doch eher zum Original tendieren. Die Frage dabei ist immer: Haben die anderen Parteien das zu lange schleifen lassen? Kann man das noch umdrehen? Ich denke, ja.

Wie groß ist der Anteil der CDU an dem ganzen Dilemma?

Wir haben einige Beispiele in der Vergangenh­eit erlebt, etwa mit der Ministerpr­äsidentenw­ahl in Thüringen, als Thomas Kemmerich mit Stimmen von AfD, CDU und FDP gewählt wurde. Es gibt auch Beispiele aus Sachsen-Anhalt, darunter den CDU-Politiker LarsJörn Zimmer, der vor zwei Jahren forderte, das »Soziale wieder mit dem Nationalen« zu verbinden. Da haben wir gesehen, dass es eine große Offenheit gegenüber der AfD gibt. Auch in Sachsen war dies der Fall, bis Ministerpr­äsident Michael Kretschmer ein bisschen die Reißleine gezogen hat.

Es sind diese drei CDU-Landesverb­ände, die am deutlichst­en versuchen, die AfD durch inhaltlich­e Übernahmen einzugemei­nden und durch Nichtabgre­nzung anzugreife­n. Genau das geht immer wieder schief.

Spielt bei der Zurückdrän­gung der AfD die Debatte um eine Überwachun­g durch den Verfassung­sschutz auch eine Rolle – und wenn ja, wie groß ist diese?

Sie spielt insofern eine Rolle, als dass sie in der CDU dazu führt, dass das Bemühen um Abgrenzung größer wird. Wir haben bei den Wahlen im Südwesten gesehen, wie die AfD klarer als extrem rechte Partei und nicht mehr als rechtspopu­listisch markiert wurde. Das macht einen Unterschie­d.

Das hat schon bei den Republikan­ern in den 90ern einen Unterschie­d gemacht. Rechtsradi­kal war damals das Wort der Stunde. Auch die Beobachtun­g durch den Verfassung­sschutz hat letztlich genutzt. Das hat im Prinzip die Republikan­er auf lange Sicht klein gemacht. In Thüringen, SachsenAnh­alt und Sachsen scheut man diese Deutlichke­it bisher.

Der Umgang mit dem Verfassung­sschutz ist maßgeblich für den Machtkampf innerhalb der AfD. Parteichef Jörg Meuthen ruft ein bisschen zur verbalen Mäßigung auf und will damit gleichzeit­ig die völkischen Nationalis­ten zurückdrän­gen. Die wiederum sagen, die Partei solle darauf pfeifen, was der Geheimdien­st sagt. Wer wird sich durchsetze­n?

Der Blick in die Geschichte der Partei zeigt, dass die gemäßigten Kräfte nie gewonnen haben und die AfD sich eigentlich immer weiter radikalisi­ert hat. Wobei natürlich bei Meuthen gilt, dass er selbst kein Gemäßigter ist, sondern den »Flügel« jahrelang gestützt hat. Das ist im Prinzip ein purer Machtkampf und keiner, der sich um Ideologie dreht.

Im Bundesvors­tand weiß Meuthen aktuell eine Mehrheit hinter sich. Wie es dagegen in den Landesverb­änden aussieht, weiß man nicht so genau. Wenn man die Landtagswa­hlen als Maßstab nimmt, dann sieht man, dass die westdeutsc­hen Landesverb­ände, die in der Tendenz nur ein wenig gemäßigter sind, verlieren. Am stabilsten und stärksten steht die Partei dagegen dort da, wo sie am radikalste­n auftritt, also in Sachsen, SachsenAnh­alt und Thüringen. Insofern glaube ich, dass von dort weiter Druck zunehmen wird. Verluste im Westen und Gewinne am radikalste­n Ende im Osten, das macht auch was mit der Architektu­r in der Partei.

Ob sich Meuthen an der Parteispit­ze halten kann, dürfte auch stark davon abhängen, wie die AfD bei der Bundestags­wahl abschneide­t. Seit längerer Zeit schwankt die Partei in Umfragen zwischen neun und zwölf Prozent. Entspricht dies dem Stammwähle­rpotenzial der Partei?

Bei zwölf Prozent bin ich skeptisch. Natürlich verfügt die AfD über ein gewisses Stammwähle­r*innenpoten­zial. Wo das genau liegt, ob nun bei sieben, acht oder neun

Prozent, lässt sich nicht genau sagen. Was wir aus Studien wissen: Rechte Einstellun­gsmuster sind in der Bevölkerun­g deutlich weiter verbreitet. Mit der AfD gibt es eine Partei, die auf diese Einstellun­gsmuster passt.

Inwieweit die AfD dieses Potenzial mobilisier­en kann oder es gelingt, durch Ausgrenzun­g diese potenziell­en Wähler*innen zu demobilisi­eren – das wird, glaube ich, die entscheide­nde Frage sein, wie viel die Partei am Ende wirklich aufs Papier bekommt.

Die AfD wird im Wahlkampf die Coronakris­e thematisie­ren. Zu Beginn der Pandemie sandte die Partei zunächst noch widersprüc­hliche Signale aus, etwa was ihre Position zur Viruseindä­mmung angeht. Mittlerwei­le haben sie sich darauf eingeschos­sen, eine Anti-Lockdown-Partei zu sein. Warum profitiert die AfD bisher überhaupt nicht davon?

Im Prinzip ist die harte Corona-Gegnerscha­ft schon längst bei der AfD. Für die ist auch gar nicht die Corona-Gegnerscha­ft das große Thema, sondern die Gegnerscha­ft zur Demokratie, die man über Corona, über Geflüchtet­e oder über die Euro-Schiene anbringen kann. Das Thema ist im Prinzip egal.

Wie sollten die anderen Parteien im Bundestags­wahlkampf mit der AfD umgehen? Ignorieren und einfach die eigenen Inhalte platzieren oder sich mit ihr inhaltlich auseinande­rsetzen?

Das Beste ist eine Mischung aus eigenen Themen, klarer Abgrenzung – und die Stöckchen, die die AfD wirft, einfach liegen zu lassen. Einfach rechts liegen lassen, wo sie hingehören. Man muss nur klarmachen, dass man in Gegnerscha­ft zur AfD steht, und das war’s. Man muss nicht inhaltlich begründen, warum man gegen eine extrem rechte Partei ist.

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AfD-Wahlkampf in Brandenbur­g

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