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Polizei stoppt »Querdenken«

Frankfurt zeigt, wie man CoronaSkep­sis in Schach halten kann. Derweil benutzt »Querdenken« die Erkrankung eines Grünen.

- PAUL GÄBLER

Aktive der »Querdenken«-Bewegung, für die Pandemieei­ndämmung Unterdrück­ung ist, haben sich seit langem auf die angeblich »gleichgesc­halteten« öffentlich­rechtliche­n Medien eingeschos­sen. In Frankfurt ging ihre Strategie nicht auf.

Es riecht ein wenig nach Festival im Frankfurte­r Rebstockpa­rk. »Folgt dem Herzen«, ruft jemand und hält ein Schild hoch. Einige Hundert Menschen laufen ihm und dem Pappmaché-Herz hinterher. Die Stimmung an diesem 11. April ist trotzdem schlecht. Denn die Forderung nach sofortiger Aufhebung der Corona-Maßnahmen wird nicht erfüllt, zudem hatte die Stadt den geplanten Aufmarsch der »Querdenker*innen« vor dem Gebäude des Hessischen Rundfunks untersagt – auch, weil in den vergangene­n Wochen waren wiederholt Journalist*innen auf Querdenken-Demonstrat­ionen angegriffe­n worden waren, zuletzt in Stuttgart vor gut einer Woche. Die Veranstalt­er*innen der Demo in der Mainmetrop­ole hatten am Sonntag etwa 1000 Teilnehmer*innen erwartet. Es kamen weitaus weniger.

Die Stadt hatte den Protestier­enden den Park am Stadtrand zugewiesen. Über Telegram, die Hauptinfor­mationsque­lle der Bewegung, riefen die Initiator*innen Nana Domena und Eva Rosen dennoch dazu auf, sich vor der Sendeansta­lt zu treffen. Doch weit kam man nicht. Die Polizei hatte den Bereich weitläufig abgeriegel­t.

Nana Domena ist Moderator und Entertaine­r. Er ruft seit Monaten bundesweit zu »Querdenken«-Demonstrat­ionen mit auf und hält dort Reden. So ist der 39-Jährige zu einem der bekanntest­en Gesichter der Bewegung geworden. Früher arbeitete er mit dem Schokolade­nherstelle­r Lambertz zusammen. Dieser trennte sich jedoch im Januar von Domena wegen seiner Nähe zu »Querdenken«. Das Recherchen­etzwerk »Correctiv« berichtete bereits im vergangene­n Oktober über langjährig­e Verbindung­en zwischen Domena und Neonazis.

Eva Rosen hat sich zum Ziel gesetzt, die Coronaskep­sis in die Parteien tragen möchte. Zunächst war sie Vorsitzend­e der Partei »Wir2020« mit besten Verbindung­en zu Querdenken. Mittlerwei­le ist sie der neuen Partei »Die Basis 2021« beigetrete­n, die das Ziel verfolgt, alle Kleinparte­ien zu fusioniere­n, die aus der Querdenken-Bewegung entstanden sind, um den Einzug in den Bundestag zu schaffen.

In Frankfurt versuchten die »Querdenker*innen« am Sonntag ihr Glück auch an der Weseler Werft, unweit der Zentrale der Europäisch­en Zentralban­k in der Innenstadt. Dort mischten sie sich unter Demonstran­ten, die die Freilassun­g des Whistleblo­wers Julian Assange forderten. Als die Initiator*innen dieser Demonstrat­ion mitbekamen, dass ihre Veranstalt­ung gekapert wurde, sagten sie diese ab. Am Sonntagmit­tag kam es zu Rangeleien mit einer antifaschi­stischen Gruppe, die eine Gegendemo veranstalt­ete. Querdenken-Anwalt Marcus Haintz wurde gegenüber einer Frau gar handgreifl­ich, weshalb er kurzzeitig in Polizeigew­ahrsam genommen wurde. Später klagte er gegenüber NDR-Reportern über die erlittene »Polizeigew­alt« – auf einer Demonstrat­ion, die die öffentlich-rechtliche­n Medien der »Gleichscha­ltung« bezichtigt­e.

Im Rebstockpa­rk wuchs am Nachmittag wie aus dem Nichts eine Bühne aus dem Boden. Die Polizei kontrollie­rte, ob die Maskenpfli­cht einhalten wird. Wer kein Attest hatte und den Mundschutz trotzdem nicht tragen wollte, musste gehen. Als ein Mann auch den Platzverwe­is ignorierte, wurde er von mehreren Polizist*innen zu Boden gerungen. »Faschismus« brüllten die Demonstrie­renden. Eva Rosen kommentier­te von der Bühne, die Festnahme sei inszeniert, damit »die Presse ihre hässlichen Fotos« bekomme. »Aber wir sind friedlich!«, brüllte sie ins Mikrofon.

Unweit des Meetings der Querdenker*innen bauten sich am Nachmittag fünf Mitglieder der Satirepart­ei »Die Partei« mit einem Schild mit der Aufschrift »Wir impfen euch alle« auf. Sie erinnerten die Demonstran­ten daran, dass es zu Kaisers Zeiten eine allgemeine Impflicht gab. »Ihr beteiligt euch an einem Völkermord!«, brüllte sie ein älterer Mann an. Derweil rief Nana Domena seinen Anhänger*innen im strömenden Regen zu: »Das nächste Mal kriegen die vom Hessischen Rundfunk was auf den Deez – aber friedlich natürlich.«

»Das nächste Mal kriegen die vom Hessischen Rundfunk was auf den Deez – aber friedlich natürlich.«

Nana Domena Entertaine­r und Querdenken-Aktivist

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»We are Love« lautete das Motto der Querdenken-Demo am Sonntag im Frankfurte­r Rebstockpa­rk, der den Protestier­enden von der Stadt zugewiesen worden war.

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