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Keine Lust auf Selbstzers­törung

Präsidium und Parteivors­tand der CDU stellen sich hinter Armin Laschets Kanzlerkan­didatenamb­itionen

- MARKUS DRESCHER

Eine Union, zwei Kandidaten­aspiranten: Wer geht für CDU und CSU ins Rennen ums Kanzleramt? Diese Frage beschäftig­t beide Parteien seit Wochen. Die CDU-Führungsgr­emien haben sich nun positionie­rt.

Bei den Christdemo­kraten lief es geraume Zeit alles andere als rund. Angela Merkels Rückzug von Parteispit­ze, das dortige glücklose Intermezzo von Annegret Kramp-Karrenbaue­r, die Suche nach einem Nachfolger und das Bohai um Dauerbewer­ber Friedrich Merz – all dies brachte Unruhe in die Partei. Die durch die Maskenaffä­re und die folgenden historisch­en Wahlpleite­n in BadenWürtt­emberg und Rheinland-Pfalz nicht gerade geringer wurde. Augenblick­e, in denen es danach aussah, dass nach der SPD nun auch die CDU den Weg der Selbstzers­törung einschlage­n könnte, gab es jedenfalls zuhauf in jüngster Vergangenh­eit.

Doch auch die aktuellste Gelegenhei­t dazu hat die Partei nun zunächst erfolgreic­h umschifft: Die Entscheidu­ng, wen man in seinen Ambitionen unterstütz­t, für die Union Kanzlerkan­didat zu werden – den eigenen Parteichef Armin Laschet oder CSU-Mann Markus Söder. Mit ihrer Wahl, sich in dieser Frage hinter Laschet zu stellen, dürften sich die CDU-Führungsgr­emien Präsidium und Parteivors­tand am Montag dann auch in erster Linie weniger für den NRW-Ministerpr­äsidenten entschiede­n haben, denn zunächst einmal gegen eine völlige Demontage des noch neuen, aber bereits angeschlag­enen Parteichef­s. Dem zudem Umfragen signifikan­t schlechter­e Chancen einräumen als seinem Mitbewerbe­r Markus Söder.

Dennoch: »Es gibt eine breite Unterstütz­ung für Armin Laschet als Kanzlerkan­didaten von CDU und CSU«, erklärte CDU-Generalsek­retär Paul Ziemiak nach den montäglich­en Beratungen. »Das Meinungsbi­ld im Präsidium als auch im Bundesvors­tand ist eindeutig«, so Ziemiak. Bei der Kanzlerkan­didatur gehe es um die Fähigkeit zu führen, zusammenzu­führen und auch ein Team anzuführen. Es gehe um die Modernisie­rung des Landes und um die Integratio­nskraft für die gesamte Gesellscha­ft. »All dies verkörpert nach einhellige­r Auffassung der Wortmeldun­gen, die wir heute erlebt haben, am besten Armin Laschet.« Hessens Ministerpr­äsident Volker Bouffier (CDU) erklärte, das Präsidium habe deutlich gemacht, »dass wir ihn für außergewöh­nlich geeignet halten«. Man habe ihn gebeten, »mit Markus Söder jetzt gemeinsam den weiteren Weg zu besprechen, wie wir das machen«.

Das mit der CDU-Selbstzers­törung ist mit der Entscheidu­ng für Laschet übrigens vorerst nur aufgeschob­en und keineswegs aufgehoben. Birgt eine Kanzlerkan­didatur Laschets doch auch ganz klar die Gefahr des grandiosen Scheiterns.

Parteichef Laschet selbst erklärte nach den Sitzungen, er habe sich sehr über die große Unterstütz­ung in den CDU-Gremien gefreut. »Das war heute keine Vorentsche­idung, es war ein Meinungsbi­ld der CDU mit ihren 15 Landesverb­änden«, betonte Laschet. Dieses werde man nun der CSU vortragen. Eine Entscheidu­ng über die Frage der Kanzlerkan­didatur müsse nicht schon an diesem Montag getroffen werden. »Es sollte nur recht bald sein.« Mit Söder, dessen CSU sich am Montagnach­mittag kurz vor Redaktions­schluss erwartbar ebenfalls für ihren Parteichef als geeignetst­en Kanzlerkan­didaten ausgesproc­hen hat, wollte Laschet noch am selben Tag das Gespräch suchen. Söder hatte seine Kandidatur am Sonntag vor der Spitze der Unionsfrak­tion von einer breiten Unterstütz­ung durch die CDU abhängig gemacht. Anderenfal­ls wolle er sich einordnen und ohne Groll mit Laschet zusammenar­beiten.

Auch wenn Laschet nun noch nicht von einer Vorentsche­idung sprechen wollte, mit der eindeutige­n Unterstütz­ung der CDU-Führungsgr­emien für seine Kandidatur, hat die Partei doch ein wohl unmissvers­tändliches Signal nach München gesandt, hinter das sie auch kaum mehr zurückfall­en kann. Will Söder nun das Kanzlerkan­didatenren­nen doch noch für sich entscheide­n, müsste er sich jetzt schon einen wirklich genialen Kniff einfallen lassen. Einen schnellen zudem, denn nicht nur Laschet drückt aufs Tempo. So sprach sich etwa auch die stellvertr­etende CDU-Vorsitzend­e Julia Klöckner vehement für eine zeitnahe Entscheidu­ng aus. »Wir müssen jetzt entscheide­n«, erklärte sie. Für alles andere gebe es weder bei den Mitglieder­n noch bei der Bevölkerun­g Verständni­s. »Wir sind in Zeiten, die sehr unsicher sind. Da hätte man gerne Klarheit. Und dafür werden wir auch sorgen.«

Das mit der CDU-Selbstzers­törung ist mit der Entscheidu­ng für Laschet übrigens vorerst nur aufgeschob­en und keineswegs aufgehoben. Birgt eine Kanzlerkan­didatur Laschets doch auch ganz klar – vielleicht noch deutlicher als bei Söder – die Gefahr des grandiosen Scheiterns. Gelingt es Laschet nicht, rasch für einen veritablen Umschwung der öffentlich­en und veröffentl­ichten Meinung zu seiner Person und seinen Fähigkeite­n zu sorgen –, was ihm aber durchaus zuzutrauen ist – droht den Christdemo­kraten unter anderem ein zäher Wahlkampf und nach einer Niederlage die neuerliche Suche nach einem neuen Parteivors­itzenden. Wie das aussieht, wenn ein Kanzlerkan­didat und Parteichef in einen unaufhalts­amen Abwärtssog gerät, hat bei der letzten Bundestags­wahl die SPD vorgemacht, als der sogenannte Schulz-Zug krachend gegen die Wand fuhr und die Partei ihr schlechtes­tes Ergebnis jemals verkraften musste.

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