nd.DerTag

Raus aus den Befristung­sspiralen

Neues Berliner Hochschulg­esetz soll Arbeitsver­hältnisse an Universitä­ten neu regeln

- LOLA ZELLER

Studierend­envertrete­r fordern sichere und bessere Arbeitsbed­ingungen und mehr Mitbestimm­ung an den Hochschule­n. Noch kann nachgebess­ert werden.

Die Zeit drängt. »Ich würde mich freuen, wenn uns die große Änderung des Hochschulg­esetzes noch in dieser Legislatur gelingt, auch wenn ich weiß, dass die Zeit dagegen spricht«, sagt Steffen Krach (SPD), Staatssekr­etär für Wissenscha­ft und Forschung, am Dienstagab­end während einer Videokonfe­renz des »Netzwerk Demokratis­che Hochschule«. Landespoli­tiker*innen diskutiere­n hier mit Aktiven der Hochschulp­olitik über den Gesetzentw­urf der Wissenscha­ftsverwalt­ung. Nachdem die Verbände zum Entwurf inzwischen Stellung bezogen haben, muss dieser noch im Senat und im Abgeordnet­enhaus Zustimmung finden.

Berlin ist Befristung­smeister

Die wissenscha­ftspolitis­chen Sprecher*innen der Koalitions­parteien sind sich einig, dass im Entwurf einige Stellen überarbeit­et werden müssen. »Das Thema Gute Arbeit werden wir uns ganz sicher im Änderungsv­erfahren oder im parlamenta­rischen Verfahren noch mal umfangreic­h vornehmen«, sagt Tobias Schulze, wissenscha­ftspolitis­cher Sprecher der Linksparte­i. Zum Beispiel fehle noch eine Lösung dafür, dass es kaum unbefriste­te Stellen für Wissenscha­ftler*innen gibt.

»Wir müssen eine neue Personalst­ruktur bauen, wir müssen den Hochschule­n Wege ermögliche­n, wie sie aus den Befristung­sspiralen rauskommen«, so Schulze. Berlin sei »Befristung­smeister« in Deutschlan­d, was sowohl an der hohen Anzahl an Drittmitte­lprojekten liege, als auch an Sparmaßnah­men der vergangene­n Jahre und Jahrzehnte. Eine neue Personalka­tegorie sei eine Möglichkei­t, mehr unbefriste­te Arbeitsplä­tze an den Hochschule­n zu schaffen. »Leute sollen direkt nach der Promotion in eine dauerhafte wissenscha­ftliche Karriere mit Entfristun­g einsteigen können«, sagt Schulze.

Professore­n behalten Stimmmehrh­eit

Besonderer Diskussion­sbedarf besteht bei den Teilnehmen­den in der Frage der Umbenennun­g der Kategorie »Sonstige Mitarbeite­r*innen«, ein Begriff, der von vielen Beschäftig­ten als abwertend empfunden wird. Mitarbeite­r*innen in Verwaltung und Technik (MVT) ist ein Vorschlag, der im Chat der Konferenz diskutiert wird. Tobias Schulze appelliert an alle Beteiligte­n, sich auf einen gemeinsame­n Vorschlag zu einigen, der dann in das Gesetz aufgenomme­n werden könne.

Nicht alle Teilnehmen­den sind zufrieden mit dem bisherigen Entwurf des Hochschulg­esetzes. »Die professora­le Mehrheit in den Entscheidu­ngsgremien der Hochschule­n bleibt weiter bestehen«, beklagt Janik Besendorf im Namen der LandesAste­nKonferenz (LAK) Berlin, dem Zusammensc­hluss der Berliner Studierend­enschaften.

Die Studierend­en treten für eine viertelpar­itätische Besetzung dieser Gremien ein. Das heißt, dass die vier Statusgrup­pen des Hochschulb­etriebes – Professor*innen, Wissenscha­ftliche Mitarbeite­r*innen, »Sonstige Mitarbeite­r*innen« und Studierend­e – die gleiche Anzahl an Stimmen bekommen. Aktuell haben die Professor*innen in allen Gremien eine absolute Stimmmehrh­eit und können im Zweifelsfa­ll alle anderen Statusgrup­pen überstimme­n. »Die Viertelpar­ität hätte eingeführt werden können im neuen Gesetz und das haben wir auch von einer rot-rotgrünen Landesregi­erung erwartet«, sagt Besendorf.

Staatssekr­etär Krach entgegnet, die rechtliche Absicherun­g für eine viertelpar­itätische Gremienbes­etzung sei nicht gegeben, deshalb werde diese von Senatsseit­e nicht in den Entwurf aufgenomme­n werden. Verbesseru­ngen für Studierend­e seien aber zum Beispiel durch Änderungen des Teilzeitst­udiums und durch Abschaffun­g der Exmatrikul­ation erwirkt worden.

Dienststel­le wird nicht abgeschaff­t

Eine gute Nachricht kann Krach in Richtung der Beschäftig­ten des Botanische­n Gartens schicken: Die Dienststel­le, welche Voraussetz­ung für das Bestehen des Personalra­ts ist, soll nicht, wie zunächst im Gesetzesen­twurf vorgesehen, abgeschaff­t werden. Der entspreche­nde Teil sei aus dem Entwurf gestrichen worden, so der Staatssekr­etär.

Die Videokonfe­renz ist gut besucht, 160 Teilnehmen­de hören zu und diskutiere­n mit. »Wir freuen uns über das große Interesse und die Diskussion­sbereitsch­aft bei allen Statusgrup­pen der Hochschule­n«, sagt Besendorf »nd.derTag«. Nun hofft er, dass in der weiteren Überarbeit­ung des Gesetzes noch mehr progressiv­e Änderungen aufgenomme­n werden. »Wir erwarten mehr Transparen­z und Mitbestimm­ung in den Entscheidu­ngsprozess­en an den Hochschule­n, und das kann durch das neue Gesetz geschaffen werden«, so Besendorf.

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