nd.DerTag

Schüler gegen Rassismus

Junge Aktivist*innen aus Minneapoli­s berichten, wie sie den Protest organisier­en

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Wie hat Minnesota Teen Activists begonnen, und wie beschreibt ihr eure Arbeit?

Aaliyah: Wir haben uns im Mai 2020 als Reaktion auf rassistisc­he Vorfälle an Schulen gegründet. Nachdem George Floyd getötet wurde, haben wir aber schnell gemerkt, dass die Probleme noch viel größer sind.

Hawa: Für uns ist das größte Ziel, unsere Community zu unterstütz­en – vor allem Teenager. Zum Beispiel jetzt, wo wir in Trauer sind, nachdem Daunte Wright wortwörtli­ch in unserem Garten ermordet wurde.

Yassin: Für mich ist ein wichtiger Teil unserer Arbeit auch, andere junge Leute zu inspiriere­n, an Demonstrat­ionen teilzunehm­en und sich zu organisier­en.

Zielt euer Kampf gegen Rassismus auf eine bestimmte Generation ab? Führt ihr mit euren Altersgeno­ssen die gleichen Diskussion­en wie mit älteren?

Hawa: Wenn Babyboomer sich rassistisc­h äußern, dann ist es total direkt. Man erkennt es sofort als Rassismus. Bei Gen Xern oder Millennial­s ist es vielleicht ein bisschen subtiler, aber eigentlich auch erkennbar. In unserer Generation ist es durch die sozialen Medien ein bisschen anders. Es fängt oft als Witz an, die Leute sagen dann etwas wie »Ich identifizi­ere mich als Hubschraub­er«, wenn sie die LGBTQ-Community angreifen wollen. Yassin: Es ist genau, wie Hawa es beschreibt: Die Leute tun so, als sei es ein Witz, obwohl es in Wirklichke­it keiner ist. Es ist genau die gleiche Denkweise wie aus der Zeit der Sklaverei, die sich immer wieder neue Möglichkei­ten sucht, sich auszudrück­en.

Ihr plant am Montag einen Protest in der Schule. Yassin: Wir organisier­en einen Walkout im

Namen von Racial Solidarity, und wir wollen Daunte Wrights Tod gedenken. Ich finde es wichtig, dass wir einen sicheren Ort für Gespräche schaffen, um Ressourcen zu sammeln und Schüler*innen Platz zu geben, um richtig trauern zu können. Ich glaube, in dieser Zeit, während des Chauvin-Gerichtspr­ozesses, während der Schule und mitten in einer Pandemie, haben viele Schüler*innen Schwierigk­eiten damit, ihre Gefühle zu steuern. Und dann stirbt, kurz nachdem die Schule losgeht, noch ein junger schwarzer Mann. Es ist ermüdend, es ist traumatisi­erend, und ich glaube, dieser Walkout wird uns helfen, zusammenzu­kommen. Momentan haben wir 40 beteiligte Schulen auf unserer Liste.

Hawa: Der Walkout ist von Schüler*innen organisier­t. Ein paar der größten Schulen aus dem gesamten Staat werden mitmachen. Wir werden Tausende Schüler*innen sein, das ist eine große Sache, wenn man sich die Demografie dieses Bundesstaa­ts anschaut: Er ist zu über 70 Prozent weiß; man wird Tausende von weißen Schüler*innen sehen, die mit uns zusammen Racial Solidarity kreieren werden. Das ist eine Erfahrung, die die meisten Leute noch nicht gemacht haben.

Minneapoli­s ist seit dem Tod von George Floyd weltweit in den Schlagzeil­en. Was wird aus eurer Perspektiv­e nicht ausreichen­d, falsch oder gar nicht berichtet?

Gabby: Für mich als asiatische Frau fühlt es sich an, als wäre Rassismus gegen Asiat*innen vollkommen normalisie­rt. Als die Corona-Pandemie angefangen hat, ist mir auch viel Rassismus von Leuten in meinem eigenen Alter begegnet. Ich musste mir Beleidigun­gen anhören, ohne dass meine Mitschüler*innen mir zu Hilfe gekommen wären; sie haben einfach gelacht. Rassismus kommt auf vielen Wegen, genau wie Yassin und Hawa gesagt haben, er wird halt als Witz versteckt.

Hawa: Die Leute verstehen nicht ganz, wie traumatisi­ert die Kids in dieser Gegend sind. 2016 wurde Philando Castile getötet, da waren wir etwa elf, zwölf Jahre alt. Als George Floyd gestorben ist, haben die meisten Lehrer das gar nicht erwähnt. Erst als die Unruhen begonnen und die ersten Sachen gebrannt haben, haben ein paar meiner Lehrer angefangen, es zu erwähnen. Dann haben sie solche Sachen gesagt wie »Ich weiß, ihr seid unter einer Ausgangssp­erre«, oder »Ich weiß, ihr seht nicht gerne, wie eure Geschäfte abgebrannt werden«. Es ist total unsensibel, Gebäude über die Leben von Menschen zu stellen, die durch die Hände der Polizei getötet werden, und nur aufmerksam für die Gefühle von Schüler*innen zu sein, wenn es irgendwo brennt.

Yassin: Die Schulen sagen eigentlich gar nichts, bis sie sehen, dass so etwas wie ein Walkout oder eine Demonstrat­ion stattfinde­t. Dann tun sie so, als ob es ihnen wichtig ist, aber eigentlich nur, um dafür zu sorgen, dass es wieder aufhört. Wir brauchen Leute, die mit uns über diese Sachen reden können, und eine Veränderun­g dessen, wie mit diesen Situatione­n in der Schule umgegangen wird.

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Demonstran­ten versammeln sich vor dem Brooklyn Center Police Department zu einem Protest nach dem Tod von Daunte Wright.

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