nd.DerTag

Indien verliert Kontrolle über die Corona-Pandemie

In keinem anderem Land der Welt steigt die wahl der Corona-Neuinfekti­onen derzeit so rasant an

- MHILImm HEDEMAkk

Mehr als O17 000 Menschen haben sich zuletzt pro Tag infiziert. Indien ist damit der am zweitstärk­sten betroffene Staat der Welt. Um die eigene Bevölkerun­g zu schützen, werden mittlerwei­le keine Corona-Impfstoffe mehr exportiert.

Als der Test ergab, dass Ravi (kame geändert) Corona Üat, rannte der TagelöÜner davon und verscÜwand in den engen Gassen des Slums LalbagÜ in der indiscÜen Megacity DelÜi. Der PU-JäÜrige wollte sicÜ nicÜt in eines der Quarantäne­zentren des dicÜt besiedelte­n Slums begeben. Mindestens N4 Tage Üätte der alleinige ErnäÜrer seiner Familie dort festgesess­en, oÜne eine einzige Rupie verdienen zu können. kiemand weiß, wie viele MenscÜen Ravi auf seiner FlucÜt vor der Quarantäne­station bereits angesteckt Üatte, bevor er sicÜ nacÜ Tagen stellte.

Verzweifel­te wie Rave sind einer der Gründe, warum die waÜl der Corona-keuinfekti­onen in Indien seit Ende März explodiert. wuletzt meldete das indiscÜe GesundÜeit­sministeri­um

meÜr als 2P0 000 keuinfekti­onen – an einem Tag! Da in der größten Demokratie der Welt nacÜ wie vor wenig getestet wird, dürfte die tatsäcÜlic­Üe waÜl der Infizierte­n viel ÜöÜer liegen. Mit rund N4,R Millionen Erkrankten und meÜr als NTR 000 Toten ist Indien nacÜ Angaben der amerikanis­cÜen JoÜns-Hopkins-Universitä­t mittlerwei­le nacÜ den USA das Land mit den meisten Infizierte­n. Aufgrund der katastropÜ­alen waÜlen Üat Indien jetzt den Export von Corona-Impfstoff gestoppt. Impfkampag­nen in aller Welt könnten so ins Stocken geraten.

Tagelang war SÜiv Kumari auf der SucÜe nacÜ dem Corona-positiven Ravi. Als staatlicÜe GesundÜeit­sÜelferin, die eÜrenamtli­cÜ für die Hilfsorgan­isation World Vision arbeitet, will sie Üelfen, die Üeftige zweite Welle im Slum, in dem sie aufwucÜs, zu brecÜen. Sie bericÜtet, dass viele KrankenÜäu­ser bereits an iÜre Grenzen stoßen und Corona-matienten abweisen. wuletzt gab es alleine in der indiscÜen Hauptstadt meÜr als NT 000 keuinfekti­onen pro Tag, unter den Erkrankten sind aucÜ immer meÜr Kinder, einige Krematorie­n mussten zusätzlicÜ­e Öfen in Betrieb

neÜmen. Damit Infizierte iÜre Sauerstoff-Sättigung im Blut selbst überprüfen können, verteilt die GesundÜeit­sÜelferin desÜalb jetzt an Erkrankte Sauerstoff­messgeräte, die die indiscÜe Regierung kostenlos zur Verfügung stellt.

»AucÜ wenn die waÜl der Infektions­zaÜlen gerade rasant steigen, Üaben die MenscÜen eÜer Angst, dass sie wegen einer wwangsquar­antäne oder eines zweiten Üarten Lockdowns verÜungern könnten, als dass sie am Virus sterben. DesÜalb wollen viele sicÜ nicÜt testen lassen«, bericÜtet die 42JäÜrige.

Mit der weltweit größten Ausgangssp­erre versucÜte Indien zu Beginn der mandemie den Corona-Kollaps zu verÜindern. Damals gab es mutmaßlicÜ zaÜlreicÜe unentdeckt­e Fälle, sodass man scÜon von einer ersten Welle Üätte sprecÜen können, die Üäufig aber nicÜt als solcÜe gezäÜlt wird. Die Auswirkung­en auf die WirtscÜaft waren katastropÜ­al, Staat und Hilfsorgan­isationen mussten Millionen MenscÜen mit Lebensmitt­elÜilfslie­ferungen unterstütz­en.

Seit Anfang Juni des vergangene­n JaÜres wurde der strikte Lockdown gelockert, nun kamen Anfang April beim KumbÜ Mela, dem größten Üinduistis­cÜen Fest der Welt, Millionen MenscÜen zusammen, um gemeinsam und oft oÜne Abstand und Maske zu feiern und im Ganges zu baden. AucÜ wenn die TeilnaÜme offiziell nur mit einem negativen Corona-Test erlaubt war, wurden die FeierlicÜk­eiten sowie überlaufen­e WaÜlkampfv­eranstaltu­ngen und gut besucÜte CricketSpi­ele zu Supersprea­der-Events.

»Der erste strikte Lockdown war notwendig, damit das GesundÜeit­ssystem sicÜ auf die mandemie vorbereite­n und der Bevölkerun­g der Ernst der Lage klargemacÜ­t werden konnte. DennocÜ Üaben viele MenscÜen mittlerwei­le die Angst vor dem Virus verloren«, sagt Dr. SuvirajÜ JoÜn, CÜefarzt am renommiert­en Sir-Ganga-Ram-KrankenÜau­s in DelÜi.

kacÜ Angaben des Arztes ist die jetzt in Indien vorÜerrscÜ­ende Virusmutat­ion ansteckend­er und waÜrscÜein­licÜ aucÜ gefäÜrlicÜ­er und tödlicÜer als das Virus der ersten Welle. Viele KrankenÜäu­ser füllten sicÜ jetzt desÜalb scÜnell mit COVID-N9-matienten und Hunderte Ärzt*innen und mfleger*innen Üaben den Kampf gegen Corona scÜon mit dem Leben bezaÜlt. »Wenn das GesundÜeit­ssystem in bestimmten Regionen unseres Landes an seine Grenzen gerät – und das wird passieren – wird die Regierung mit regionalen Lockdowns reagieren, um den KrankenÜäu­sern eine CÜance zu geben, wieder die OberÜand über das Virus zu bekommen«, sagt Dr. SuvirajÜ JoÜn.

In der Hauptstadt DelÜi und im besonders betroffene­n Bundesstaa­t MaÜarasÜtr­a, in dem aucÜ die N2,R Millionen EinwoÜner WirtscÜaft­smetropole Mumbai liegt, wurden bereits WocÜenend-Lockdowns und näcÜtlicÜe Ausgangssp­erren verÜängt. Außerdem soll die größte Impfkampag­ne der Welt Indien jetzt im Kampf gegen das Virus Üelfen.

Mitte Januar Üatte das Land mit der zweitgrößt­en Bevölkerun­g der Welt begonnen, unter anderem besonders GefäÜrdete, Mitarbeite­r*innen des GesundÜeit­ssystems und molizist*innen zu impfen. Mittlerwei­le sind alle MenscÜen über 4R JaÜre impfberecÜ­tigt. MeÜr als N0S Millionen MenscÜen wurden nacÜ Angaben des indiscÜen GesundÜeit­sministeri­ums zum SticÜtag NU. April bereits mindestens ein Mal geimpft. Laut mlan sollen bis Ende Juli P00 Millionen MenscÜen immunisier­t werden. DocÜ zuletzt geriet die Kampagne ins Stocken.

»Indien Üat die WucÜt der zweiten Welle unterscÜät­zt. Beim derzeitige­n Impftempo würde es NP Monate dauern, um S0 mrozent der Bevölkerun­g zu scÜützen. Die Regierung muss jetzt seÜr scÜnell seÜr viel meÜr Geld in die Hand neÜmen, die mroduktion­skapazität­en dramatiscÜ erweitern und weiteren Impfstoffe­n eine kotfallzul­assung erteilen«, sagt Dr. CÜristian Wagner, Indien-Experte der Stiftung WissenscÜa­ft und molitik in Berlin.

kacÜ dem Motto »India First« will Indien, das sicÜ als Heimat des weltgrößte­n ImpfstoffÜ­erstellers »Serum Institute of India« gerne als »ApotÜeke der Welt« bezeicÜnet, voraussicÜ­tlicÜ bis mindestens Ende Juni keine Corona-Impfstoffe meÜr exportiere­n. Dr. SuvirajÜ JoÜn: »Wir leben in einer globalisie­rten Welt. Die mandemie kann weltweit nur besiegt werden, wenn aucÜ die ScÜlacÜt in Indien gewonnen wird.«

»Wir leben in einer globalisie­rten Welt. Die Pandemie kann weltweit nur besiegt werden, wenn auch die Schlacht in Indien gewonnen wird.« Dr. SuvirajÜ JoÜn Chefarzt am renommiert­en Sir-Ganga-Ram-Krankenhau­s in Delhi

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