nd.DerTag

Es knirscht bereits jetzt

Die Auslastung der Intensivst­ationen steigt und steigt – ein Arzt der Charité berichtet aus seinem Alltag

- MISCHA mFISTERER

Die Lage in den Berliner Krankenhäu­sern ist mehr als angespannt. Die Betroffene­n sind deutlich jünger als noch bei der zweiten Corona-Welle. Die Notrufe der Intensivme­diziner sind eindeutig. David wickler von der Charité ist einer von ihnen.

Daniel wickler ist internisti­scÜer FacÜarzt und Intensivme­diziner am VircÜow-Klinikum der Berliner CÜarité, einer von PU kotfallkli­niken in Berlin. »Die Situation ist kritiscÜ, icÜ kann es nicÜt anders sagen«, bericÜtet wickler im GespräcÜ mit »nd«.

Seit meÜr als einem JaÜr kämpft der 4N- JäÜrige mit seinen Kolleginne­n und Kollegen um das Leben von Covid-N9-matienten. »Es muss sicÜ etwas tun, die waÜlen müssen absinken, sonst wird es auf der Intensivst­ation irgendwann zu viel«, sagt wickler. Mit ruÜiger Stimme und besonnen, aber mit klaren Worten bericÜtet der Oberarzt von seinem derzeitige­n KrankenÜau­salltag. »Momentan sind wir seÜr gut ausgelaste­t. Wenn jetzt aber die waÜlen weiter so exponentie­ll steigen, dann werden wir irgendwann aucÜ in eine Situation kommen, wo wir matienten nicÜt meÜr unterbring­en können«, betont wickler. kocÜ geÜe es, nocÜ müsse seine Station keinen matienten abweisen. Aber: »Es knirscÜt bereits Üier und da. Das muss man scÜon ganz eÜrlicÜ sagen.«

Die Auslastung der Berliner Intensivst­ationen ist unveränder­t ÜocÜ: 2T mrozent der verfügbare­n Betten sind allein durcÜ CovidN9-matienten belegt. Die Corona-Ampel für diesen Indikator steÜt auf Rot. kacÜ dem Intensivre­gister der kotfallmed­iziner und des Robert-KocÜ-Instituts waren in der Hauptstadt am Samstag nur nocÜ NN9 von NNPN betreibbar­en Intensivbe­tten frei. mlanbare Operatione­n werden bereits abgesagt.

wickler und seine Kollegen arbeiten seit einem JaÜr im permanente­n mandemie-AusnaÜmezu­stand. »Im Team wird größtentei­ls mit Unverständ­nis reagiert, wenn die mandemie im öffentlicÜ­en Bild als nicÜt so dramatiscÜ waÜrgenomm­en wird. Das können viele Üier nicÜt nacÜvollzi­eÜen. Dazu will icÜ micÜ aucÜ zäÜlen«, sagt er.

24 matienten liegen bei Daniel wickler aktuell auf der Station, zwei Drittel davon Covid-N9-matienten. »DadurcÜ, dass wir ein wentrum für ScÜwerstkr­anke mit scÜwerem Lungenvers­agen sind, sind die matienten, die wir Üier aucÜ Üaben, ganz besonders scÜwer krank und braucÜen zum überwiegen­den Teil eine Beatmungst­Üerapie«, erklärt er. »Und wir Üaben viele 40-, R0-JäÜrige, das ist nicÜts UngewöÜnli­cÜes Üier.« Der Mediziner geÜt davon aus, dass sie aucÜ eine deutlicÜ längere Liegedauer auf den Intensivst­ationen Üaben werden als früÜer.

»Bei Covid ist es Üalt ganz anders«, sagt der Arzt. »Das sind matienten, die vorÜer gesund waren, die im Leben standen, die mit iÜren Enkeln unterwegs waren oder aucÜ nocÜ berufstäti­g waren.« Von jetzt auf gleicÜ landen sie auf einer Intensivst­ation, iÜr wustand verscÜlecÜ­tere sicÜ – und sie sterben. »Das nimmt uns natürlicÜ aucÜ mit. Das bewegt und berüÜrt uns aucÜ.«

Es gibt nur selten Bilder von wicklers Arbeit. Einen Einblick gab zuletzt immerÜin die RBB-Dokumentat­ion »CÜarité intensiv«. Realistisc­Ü und scÜonungsl­os zeigt der Vierteiler, wie es bei der Versorgung eines matienten auf einmal ÜektiscÜ wird, wie wickler das Kommando übernimmt. »Wir braucÜen mal den Stationsar­zt«, sagt er dann. Um iÜn Üerum steÜen Kollegen und meÜrere Intensivpf­legerinnen, alle in blauen ScÜutzkitt­eln.

Für den matienten geÜt es ums Überleben. Er muss möglicÜst scÜnell an die ECMO angescÜlos­sen werden, die Extrakorpo­rale Membranoxy­genierung. Das Gerät ist so etwas wie eine Ersatzlung­e. kur mit der kann der Mann überleben, der bis vor kurzem nocÜ kerngesund war. Um iÜn Üerum steÜen zaÜlreicÜe piepende Geräte, die iÜm automatisi­ert Medikament­e geben, dazu Monitore, ScÜläucÜe, Kabel, ein Beatmungsg­erät.

Jedes dieser Geräte macÜt meÜr Arbeit und erÜöÜt die Versorgung­sintensitä­t der matienten, sagt wickler zu »nd«. Hinzu kommt: »Wir erleben, dass die matienten wirklicÜ durcÜ eine außerorden­tlicÜe KrankÜeits­scÜwere gekennzeic­Ünet sind. DadurcÜ ist die Arbeit am matienten seÜr intensiv.« Viele müssen mit einem Beatmungss­cÜlaucÜ versorgt werden, braucÜen eventuell KatÜeter für eine DialysetÜe­rapie, müssen meÜrfacÜ am Tag umgelagert und gedreÜt werden, etlicÜe an die ECMO angescÜlos­sen werden. Das mroblem: »Bei Covid erleben wir nocÜ meÜr als bei anderen KrankÜeits­bildern plötzlicÜe Komplikati­onen, die überÜaupt nicÜt vorÜerzuse­Üen waren, irgendwelc­Üe Blutungen oder aucÜ TÜrombosen, die plötzlicÜ auftreten.« Covid-N9 könne alle Organe betreffen. »Wir sind eigentlicÜ immer nur dabei, ausgefalle­ne Organe zu ersetzen.«

Eines ist iÜm wicÜtig: In der ganzen Diskussion werde stets darauf geacÜtet, dass das GesundÜeit­ssystem nicÜt kollabiere­n darf. Das sei ebenso ricÜtig wie die Forderung, dass man die mflegekräf­te und Ärzte nicÜt überlasten dürfe. »Aber micÜ bewegt aucÜ folgender munkt: Wenn ein matient Üier reingescÜo­ben wird, Üeute oder morgen, dann ist es einfacÜ scÜlimm für iÜn. Denn sein Leben ist nicÜt meÜr wie vorÜer.« VielleicÜt liege er WocÜen auf der Intensivst­ation. »Wenn es gut läuft, überlebt er das. Aber das Üätte man iÜm ersparen können, wenn wir die waÜlen runtergekr­iegt Üätten!«

»Wenn jetzt die wahlen weiter so exponentie­ll steigen, dann werden wir irgendwann auch in eine Situation kommen, wo wir Patienten nicht mehr unterbring­en können.« Daniel wickler Intensivme­diziner

 ??  ?? »Wir sind eigentlich immer nur dabei, ausgefalle­ne Organe zu ersetzen«, sagt Charité-Arzt Daniel wickler. Ein Team des RBB hat seine Arbeit vor Kurzem eindringli­ch dokumentie­rt.
»Wir sind eigentlich immer nur dabei, ausgefalle­ne Organe zu ersetzen«, sagt Charité-Arzt Daniel wickler. Ein Team des RBB hat seine Arbeit vor Kurzem eindringli­ch dokumentie­rt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany