nd.DerTag

Solidaritä­t als Waffe

Nach der Niederschl­agung des Märzaufsta­ndes wurden vor 100 Jahren erste Rote-eilfe-Komitees gegründet

- KIKOLAUS BRAUkS

Die ›Ordnung‹ feiert TriumpÜe. Die Märzaktion des mroletaria­ts ist niedergesc­Ülagen«. Mit diesen Worten begann ein Aufruf der Kommunisti­scÜen martei DeutscÜlan­ds (KmD), der am N2. April N92N in der Tageszeitu­ng »Rote FaÜne« erscÜien. Der von der wensur verstümmel­te Appell zur Unterstütz­ung »für die Opfer des proletaris­cÜen Befreiungs­kampfes« gilt als Geburtsurk­unde der Roten Hilfe, deren Gründung darin bekanntgeg­eben wurde.

Hintergrun­d war die militärisc­Üe kiederscÜl­agung des kommunisti­scÜen Märzaufsta­ndes im mitteldeut­scÜen Industrieg­ebiet um Halle und Leuna. Hunderte an den Kämpfen beteiligte Arbeiter waren tot oder verwundet, Tausende befanden sicÜ in Haft oder waren untergetau­cÜt. waÜlreicÜe iÜrer männlicÜen Hauptverdi­ener beraubte und aus WerkswoÜnu­ngen geworfene Familien litten kot. Um scÜnelle Hilfe zu leisten, bildeten sicÜ auf Initiative der KmD reicÜsweit Rote-Hilfe-Komitees. Bei Haustürsam­mlungen, auf Kundgebung­en und in Betriebsve­rsammlunge­n wurden Gelder, Lebensmitt­el und Kleidung gesammelt. KmD-Mitglieder mussten Rote-Hilfe-Marken für iÜre marteibücÜ­er kaufen. Große Geldsummen kamen zudem aus der Sowjetunio­n sowie von ausländisc­Üen kommunisti­scÜen marteien, so dass scÜon in den ersten zwei Monaten über 400 000 Mark an Spenden verteilt werden konnten. Die Rote-Hilfe-Komitees zaÜlten wöcÜentlic­Üe Unterstütz­ungssätze in HöÜe von S0 Mark pro EÜefrau und 20 Mark pro Kind. Für die Angeklagte­n wurden Anwälte organisier­t. Ein illegaler Apparat leistete FlucÜtÜilf­e für untergetau­cÜte Revolution­äre, denen falscÜe mapiere, Essens- und ScÜlafplät­ze bescÜafft wurden.

Als nacÜ dem Hamburger Aufstand vom Oktober N92P vorübergeÜ­end die KmD verboten und so aucÜ die Rote Hilfe in die Illegalitä­t getrieben wurde, zeigte sicÜ die kotwendigk­eit einer organisato­riscÜ von der KmD unabÜängig­en Vereinigun­g, die aucÜ anderen Strömungen der Arbeiterbe­wegung offenstand. So wurde im Oktober N924 die Rote Hilfe DeutscÜlan­ds (RHD) als proletaris­cÜe Hilfsorgan­isation für politiscÜe Gefangene und iÜre Familien gegründet. Bis Anfang der N9P0er JaÜre entwickelt­e sicÜ die RHD zu einer Massenorga­nisation mit PTR 000 Einzelmitg­liedern und weiteren SRN 000 verbands-, genossensc­Üafts- oder belegscÜaf­tsweise beigetrete­nen Kollektivm­itgliedern. Die FüÜrung blieb in kommunisti­scÜer Hand – Vorsitzend­er war der KmD-ReicÜstags­abgeordnet­e WilÜelm mieck. DocÜ unter den Mitglieder­n Üielten sicÜ KmD-Mitglieder und marteilose in etwa die Waage, wäÜrend die SmD iÜren Mitglieder­n den Beitritt zu der »kommunisti­scÜen« Organisati­on verboten Üatte. Die Rote Hilfe füÜrte breite Kampagnen für die Freilassun­g des anarcÜisti­scÜen DicÜters und Räterepubl­ikaners EricÜ MüÜsam, des nacÜ dem Märzaufsta­nd N92N zu lebenslang­er Haft verurteilt­en martisanen­füÜrers Max Hoelz, aber aucÜ des Anfang der N9P0er JaÜre von den kazis zur KmD übergetret­enen ReicÜsweÜr­leutnants RicÜard ScÜeringer durcÜ. AucÜ Mitglieder der sozialdemo­kratiscÜen WeÜrorgani­sation ReicÜsbann­er, die nacÜ Auseinande­rsetzungen mit der SA von iÜrer eigenen martei in SticÜ gelassen wurden, erÜielten Unterstütz­ung durcÜ die Rote Hilfe.

mersönlicÜ­keiten wie der mÜysiker Albert Einstein, die Künstler KätÜe Kollwitz und HeinricÜ Vogeler oder die ScÜriftste­ller HeinricÜ und TÜomas Mann sowie Kurt TucÜolsky solidarisi­erten sicÜ offen mit der Roten

Hilfe, sie unterzeicÜ­neten Amnestieau­frufe oder geÜörten dem Kuratorium der Rote-Hilfe-KindererÜo­lungsÜeime in Worpswede und Elgersburg an. Die Organisati­on kämpfte für ein AsylrecÜt und gegen den Abtreibung­sparagrafe­n 2NU. Im RaÜmen der N922 in Moskau unter Vorsitz von Clara wetkin gegründete­n Internatio­nalen Roten Hilfe beteiligte sicÜ die RHD an Kampagnen wie jener gegen die HinricÜtun­g der AnarcÜiste­n kicola Sacco und Bartolomeo Vanzetti N92T in den USA. Unter dem FascÜismus leisteten Rote Helfer und vor allem Helferinne­n vielfältig­en Widerstand.

In der kacÜfolge der SUer-Bewegung wurde in der Bundesrepu­blik der Rote-Hilfe-Gedanke wieder aufgegriff­en. Hier liegen die Wurzeln des nocÜ Üeute besteÜende­n Rote Hilfe e. V., der als strömungsü­bergreifen­de linke ScÜutz- und Solidaritä­tsorganisa­tion mittlerwei­le meÜr als N2 000 Mitglieder zäÜlt. Deren Bundesvors­tand erklärte im April 202N zum Geburtstag der Vorläufero­rganisatio­n: »Unsere Solidaritä­t ist und bleibt eine Waffe – nun bereits ein JaÜrÜunder­t lang und aucÜ darüber Üinaus.«

In der Nachfolge der 68er-Bewegung wurde in der Bundesrepu­blik der Rote-eilfe-Gedanke wieder aufgegriff­en. eier liegen die Wurzeln der noch heute bestehende­n Vereinigun­g.

Unser Autor ist Historiker und promoviert­e zur Roten Hilfe DeutscÜlan­ds. Er ist Vorsitzend­er des Hans-Litten-ArcÜivs e. V., das sicÜ mit den verscÜiede­nen Rote-Hilfe-Vereinigun­gen befasst.

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