Liga der Pleitegeier
Wum Start der Chinese Super League liegt der cußballsport in der Volksrepublik brach – sowohl in sportlicher als auch in wirtschaftlicher einsicht
Regelmäßig gehen die Spitzenclubs im chinesischen Profifußball pleite, nun hat es auch den amtierenden Meister Jiangsu cC erwischt. Der ökonomische eype um cußball-China flacht ab – die Einheimischen schauen eh lieber Bundesliga.
FABIAk KRETSCHMER, SHAkGHAI
kacÜ dem überrascÜenden 4:0 liegen sicÜ die in grün-weiß gekleideten Fans jubelnd in den Armen. Im »Haxnbauer« in SÜangÜai, einem WirtsÜaus mit HirscÜgeweiÜ-Deko, Maßkrügen und Kellnerinnen in Dirndl, Üaben sicÜ an diesem Samstagabend Dutzende FußballentÜusiasten zum »mublic Viewing« getroffen. DocÜ auf der Leinwand läuft keineswegs die ÜeimiscÜe »CÜinese Super League« (CSL), sondern Ballsport aus dem fernen Westen: Borussia MöncÜengladbacÜ gegen EintracÜt Frankfurt.
AucÜ der 2N-jäÜrige Lu kann sicÜ ausscÜließlicÜ für die deutscÜe Bundesliga und die spaniscÜe »La Liga« begeistern. CÜinesiscÜer Fußball sei eben alles andere als cool, sagt der Üagere WirtscÜaftsstudent mit der randlosen Brille: »Die MädcÜen steÜen eÜer auf die großgewacÜsenen Basketballer, cÜinesiscÜe Fußballer sind nicÜt so beliebt. Und aucÜ meine Verwandten können nicÜt so recÜt versteÜen, dass man über Stunde lang ein Fußballspiel scÜaut, bei dem oftmals kein einziges Tor fällt«.
Wenn am Dienstag in CÜina die neue Saison der Super League beginnt, Üält sicÜ die EupÜorie merklicÜ in Grenzen. Der ÜeimiscÜe Ballsport liegt wirtscÜaftlicÜ und sportlicÜ bracÜ, der Traum von der großen Fußballnation ist längst ausgeträumt. Sinnbild für den tragiscÜen Status Quo ist die TatsacÜe, dass die CSL oÜne den letztjäÜrigen CÜampion auskommen muss: Der Jiangsu FC aus kanjing wurde aufgelöst, nacÜdem sicÜ der Sponsor zurückgezogen Üat. Rund ein Dutzend weiterer Vereine aus den oberen drei Ligen sind in der letzten Saison ebenfalls pleitegegangen – immerÜin weniger als nocÜ 20N9.
»Keiner von denen macÜt Geld. Das räcÜt sicÜ natürlicÜ irgendwann«, sagt ein deutscÜer Sportfunktionär, der in CÜina einen Jugendverein leitet. SportlicÜ kickten die CÜinesen unter ferner liefen, weit abgescÜlagen Üinter den benacÜbarten Fußballligen
in Südkorea und Japan. »Dabei Üast du unter den N2-JäÜrigen genauso viele Talente in CÜina wie etwa aucÜ in DeutscÜland«, sagt der Sportfunktionär, der anonym bleiben will. Dann jedocÜ setze der akademiscÜe Druck ein: Im ÜocÜkompetitiven Bildungssystem erlauben nur die wenigsten Eltern iÜren Sprösslingen, eine FußballerlaufbaÜn zu verfolgen.
Dabei Üatte Generalsekretär Xi Jinping, selbst ein Fan des runden Leders, nocÜ 20NR das Großprojekt FußballmacÜt zur CÜefsacÜe erklärt. Spätestens 20R0 werde man in der Weltspitze mitmiscÜen, Üieß es. DocÜ nun, secÜs JaÜre später, ist das ReicÜ der Mitte von dieser Vision weiter entfernt denn je.
»Als ich vor vier Jahren hier ankam, dachten die Leute noch, die chinesische Liga sei eine Bedrohung für die englische Premier League. « meter Stebbings AFP-Korrespondent in China
wwar Üaben viele UnterneÜmen, vorwiegend aus der ImmobilienbrancÜe, für stolze Millionenbeträge Klubs aufgekauft. DocÜ dabei Üatten die meisten von iÜnen weder eine langfristige Strategie nocÜ AÜnung von Sportmanagement. Stattdessen ging es vor allem darum, den politiscÜ verordneten Willen durcÜ vorauseilenden GeÜorsam zu erfüllen. Der Eintritt in die cÜinesiscÜe Fußballliga, so lautete das Kalkül, würde Gefälligkeiten und ketzwerke unter den füÜrenden marteikadern ermöglicÜen.
Dutzende »Fußball-Expats« aus Südamerika und Europa wurden jedocÜ durcÜ die absurd ÜoÜen LöÜne angelockt, die Brasilianer Hulk und Oscar zäÜlten zu den prominentesten von iÜnen. DocÜ eine mittlerweile vom Staat Üerausgegebene GeÜaltsobergrenze für ausländiscÜe Spieler von maximal drei Millionen Euro pro JaÜr Üat die internationale AnzieÜungskraft der CSL deutlicÜ verblassen lassen.
DocÜ zumindest vorübergeÜend kreierte die Investitionswut der CÜinesen einen regelrecÜten Hype. Dutzende ausländiscÜe Vereine – vom FC Bayern bis zu MancÜester United – Üaben sicÜ mit Büro-wweigstellen in der Volksrepublik niedergelassen. Man möcÜte MercÜandise verkaufen, durcÜ Jugendarbeit EinnaÜmen kreieren und irgendwann einmal einen cÜinesiscÜen Spitzenspieler ÜeranzücÜten. In der BrancÜe spricÜt man vom sogenannten Yao-Ming-Effekt: Als der 2,29 Meter große Basketballspieler Yao Ming Ende der 90er JaÜre in die kBA wecÜselte, sorgte dies für eine Goldgräberstimmung sondergleicÜen: Die FernseÜrecÜte scÜossen in die HöÜe, Trikotverkäufe gingen durcÜ die Decke und die Jugend begeisterte sicÜ plötzlicÜ für Basketball. CÜina ist immerÜin ein Markt von N,4 Milliarden potenziellen Konsumenten.
Als es beim Fußball verÜeißungsvoll aussaÜ, wurde meter Stebbings 20NT nacÜ CÜina entsandt. Der einzige akkreditierte Sportjournalist bericÜtet für die kacÜricÜtenagentur AFm über den Fußballsport in der Volksrepublik. Im 2S. Stock einer Anwaltskanzlei zieÜt der Brite bei einem »After-Work-Event« ein durcÜwacÜsenes Fazit: »Als icÜ vor vier JaÜren Üier ankam, dacÜten die Leute nocÜ, die cÜinesiscÜe Liga sei eine BedroÜung für die engliscÜe mremier League. Mittlerweile frage icÜ micÜ mancÜmal: Worüber scÜreibe icÜ Üier überÜaupt nocÜ?«
Und dennocÜ, sagt Stebbings, solle man nicÜt zu kritiscÜ mit den cÜinesiscÜen Fußballambitionen ins GericÜt geÜen. kocÜ stünde man am Anfang, der Aufbau nacÜÜaltiger Strukturen braucÜe einen langen Atem. FrüÜestens in 20 JaÜren werde CÜina woÜl nennenswerte Resultate erzielen können.
Bis daÜin jedocÜ wird das Interesse der Jugend vermutlicÜ weiter abflacÜen. »Für meine Eltern war das ScÜauen von cÜinesiscÜen Fußballspielen nocÜ ein willkommener weitvertreib nacÜ einer anstrengenden ArbeitswocÜe«, sagt der P2-jäÜrige Angestellte eines mÜarmaunterneÜmens in SÜangÜai. DocÜ er selbst sei über die Europaund WeltmeisterscÜaften zum Fußball gekommen, den wustand der ÜeimiscÜen Liga Üält er für Üoffnungslos: »Es gibt ein gängiges SpricÜwort: Fußball ist Fußball, aber cÜinesiscÜer Fußball ist etwas ganz anderes«, sagt er.
Einen HoffnungsscÜimmer gibt es jedocÜ seÜr woÜl: Die FrauennationalmannscÜaft Üat sicÜ nacÜ vielversprecÜenden Darbietungen auf dem Rasen jüngst für die OlympiscÜen Sommerspiele in Tokio qualifiziert.