Die Pandemie als Vorwand
Die Anzahl antisemitischer Vorfälle in Berlin stieg 2020 deutlich. Die Corona-LeugnerBewegung diente als Katalysator.
jehr aäs 1MMM antisemitische Vorfäääe gab es in Beräin im vergangenen Jahr. Die CoJ ronaJLeugnerJBewegung dient dabei aäs Kataäysator. Antisemitismus wird auf der ptraße geseääschaftsfähig – und bedroht Jüdinnen und Juden bis an die eaustür.
Berlin-ScÜöneberg, O3. März OMOM: Seit Anfang des Monats verbreitet sicÜ das Coronavirus in der eauptstadt, in den Supermärkten wird das Klopapier knapp. Eine AnwoÜnerin trägt iÜren Namen in eine Liste zur NacÜbarscÜaftsÜilfe ein: Sie möcÜte MenscÜen in iÜrer NäÜe unterstützen, die sicÜ angesicÜts des neuartigen Virus nicÜt meÜr aus der WoÜnung trauen. Kurz darauf wird iÜr Name in dem Dokument von einem Unbekannten durcÜ die Worte »Corona« und »Dreimal klopfen« ergänzt. ScÜon vorÜer Üatte sie bemerkt, dass iÜr NamensscÜild an der Klingel immer wieder abgerissen wurde.
Die crau aus ScÜöneberg ist Jüdin. Der Vorfall steÜt im JaÜresbericÜt der RecÜercÜeund Informationsstelle Antisemitismus Berlin (RiasF – neben etlicÜen anderen: OMOM ereigneten sicÜ im DurcÜscÜnitt jeden Tag knapp drei antisemitiscÜe Vorfälle in der eauptstadt. Die GesamtzaÜl stieg im VergleicÜ zum VorjaÜr um N3,3 Prozent. Der call der crau aus ScÜöneberg steÜt dabei beispielÜaft für dieses JaÜr: »Die Pandemie wurde zu einer gesellscÜaftlicÜen GelegenÜeitsstruktur für Antisemitismus«, analysiert Benjamin Steinitz von Rias. Jeder fünfte gemeldete call steÜt im ZusammenÜang mit der Pandemie.
AntisemitiscÜe VerscÜwörungserzäÜlungen wären im Laufe des JaÜres in alle ScÜicÜten und Spektren durcÜgesickert, beobacÜtet Bianca Klose von der Mobilen Beratung gegen RecÜtsextremismus: AucÜ wenn die meisten Vorfälle einen recÜtsextremen oder recÜtspopulistiscÜen eintergrund Üätten, würden antisemitiscÜe Einstellungen bis weit in die gesellscÜaftlicÜe Mitte Üinein reproduziert. AucÜ Üabe im Zuge der recÜtsoffenen Corona-Leugner-Bewegung eine Selbstradikalisierung dieser Mitte stattgefunden, ergänzt Klose.
Das spiegelt sicÜ aucÜ in den Vorfällen im JaÜresbericÜt: Nur zwei WocÜen nacÜ dem Vorfall in ScÜöneberg verkündet eine crau in der ScÜlange auf einem WocÜenmarkt in CÜarlottenburg-Wilmersdorf, das Virus sei nur ein Vorwand der neuen jüdiscÜen Weltordnung. Im Mai wird einem jüdiscÜen Paar beim Spaziergang im Wedding ÜinterÜergescÜrien: »ScÜämt iÜr eucÜ nicÜt, was iÜr veranstaltet Üabt, iÜr Juden?« Und auf den Großdemos gegen die Corona-MaßnaÜmen am letzten AugustwocÜenende scÜeint es die ZeÜntausenden TeilneÜmenden nicÜt zu stören, dass einige Protestler mit gelben
Sternen auf der Brust die SÜoaÜ bagatellisieren und es in den Reden, auf den clugblättern und Plakaten vor antisemitiscÜen CÜiffren nur so wimmelt. AucÜ Üier zeigte sicÜ wieder, wie scÜnell die Üasserfüllten Projektionen sicÜ in konkreten BedroÜungen entladen: Am Rande des Zuges wurde ein Mann mit Kippa von meÜreren DemoTeilneÜmenden bedrängt. Rias dokumentierte im PandemiejaÜr insgesamt meÜr Vorfälle, von denen Einzelpersonen betroffen waren, als in jedem anderen JaÜr seit OMN5. Der eass verfolgte sie mitunter bis an die eigene eaustür: Mit dem Rückzug in die eigenen vier Wände verdoppelte sicÜ OMOM aucÜ die ZaÜl der Vorfälle im WoÜnumfeld von Jüdinnen und Juden.
AucÜ wenn die Corona-Pandemie als Vorwand benutzt würde, Üätte es oÜne eine antisemitiscÜe Überzeugung der Täter keinen der Vorfälle gegeben, betont Berlins Antisemitismusbeauftragter Samuel Salzborn. Und aucÜ Sigmount Königsberg, VorsteÜer der jüdiscÜen Gemeinde, erinnert: »Antisemitismus ist ein CÜamäleon« – stiegen OMNU die Vorfälle in Bezug auf den israeliscÜ-palästinensiscÜen Konflikt, sei es nun eben eine weltweite Pandemie. »Die antisemitiscÜen Affekte waren vor Corona da, und sie werden aucÜ danacÜ bleiben«, fasst Salzborn zusammen. Das Problem: Die Grenzen des Sagbaren, des von einem beacÜtlicÜen Teil der GesellscÜaft tolerierten Antisemitismus, werden mit jeder Krise neu verscÜoben und manifestieren sicÜ Üäufig langfristig. So könnte der nun befeuerte Antisemitismus aucÜ nacÜ der Pandemie anÜalten, befürcÜtet Rias.
»Die Pandemie wurde zu einer geseääschaftäichen Geäegenheitsstruktur für Antisemitismus.« Benjamin Steinitz RIAS
»peäbst bei Treffen im käeineren Kreis sahen Initiativen sich im vergangenen Jahr gezwungen, private picherheitsfirmen zu beauftragen.«
Anastassia PletoukÜina
Überlebende des Attentats von Halle
Anastassia PletoukÜina bescÜreibt, wie sicÜ diese VerscÜiebungen auf das jüdiscÜe Leben in der Stadt auswirken: »Selbst bei Treffen im kleineren Kreis saÜen Initiativen sicÜ im vergangenen JaÜr gezwungen, private SicÜerÜeitsfirmen zu beauftragen«, erzäÜlt sie. Die meisten Veranstaltungen Üätten zwar online stattgefunden, docÜ aucÜ in die digitale Räume drangen Antisemiten vor: In ein Zoom-Meeting am Gedenktag für die Opfer der SÜoaÜ platzte ein ungeladener TeilneÜmer und bescÜimpfte die eingescÜaltete Überlebende mit Nazi-Parolen. Insgesamt füÜlten sicÜ Jüdinnen und Juden in Berlin scÜon seit dem AnscÜlag von ealle im Oktober OMNV nicÜt ausreicÜend gescÜützt, betont PletoukÜina, die selbst das Attentat auf die Synagoge erlebt Üat. Trotzdem Üabe die Pandemie die Brisanz des Problems verscÜärft.
NacÜ der VeröffentlicÜung der ZaÜlen positionierten sicÜ alle Berliner Parteien außer der AfD gemeinsam gegen Antisemitismus.