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Wissler will nach Berlin

Linke-Chefin gibt offiziell bekannt, für Bundestag zu kandidiere­n

- JANA FRIELINGHA­US

Nach Amtskolleg­in Hennig-Wellsow erklärte am Mittwoch auch die Linke-KoVorsitze­nde Janine Wissler, sie bewerbe sich um ein Bundestags­mandat.

Es kam nicht ganz unerwartet, nun ist es offiziell: Knapp zwei Monate nach ihrer Wahl zur Linke-Ko-Vorsitzend­en hat Janine Wissler am Mittwoch mitgeteilt, sie werde sich zur Wahl am 26. September um ein Bundestags­mandat bewerben. Ko-Chefin Susanne Hennig-Wellsow hatte diesen Schritt zuvor getan.

Wissler, die seit 2009 die Linksfrakt­ion im hessischen Landtag führt, sagte auf einer Pressekonf­erenz in Wiesbaden, es falle ihr nicht leicht, sich von der Landespoli­tik zu verabschie­den. Nach ihrer Wahl zur Bundesvors­itzenden wolle sie aber mit ihrer Kandidatur für das Berliner Parlament ihre Arbeit »stärker auf die Bundeseben­e verlegen«. Zugleich versichert­e sie: »Bis zum Oktober werde ich meine Arbeit im Landtag noch mit voller Kraft weiterführ­en.« Wissler will sich sowohl auf der hessischen Landeslist­e als auch in ihrem Wahlkreis in Frankfurt am Main bewerben. Die hessische Linke will ihre Landeslist­e zur Bundestags­wahl am 30. Mai aufstellen.

Wer die Linke als Spitzenkan­didatin oder Spitzenkan­didat in den Bundestags­wahlkampf führt oder ob es erneut ein ganzes Team geben wird, ist noch offen. Wissler kündigte für die erste Maiwoche einen gemeinsame­n Vorschlag von Bundesvors­tand und Bundestags­fraktion an, »hinter dem sich die gesamte Partei versammeln kann«. Es werde aber »nicht so spektakulä­r wie bei der Union, das kann ich verspreche­n«, sagte die Politikeri­n. CDU und CSU hätten bei der Kür ihres Kanzlerkan­didaten ein »unwürdiges Schauspiel« aufgeführt und die »Selbstzers­törung der Union« betrieben.

Tatsächlic­h sackten CDU und CSU diese Woche in der Wählerguns­t auf einen historisch­en Tiefstwert von 21 Prozent ab, die Grünen legten hingegen nach der Nominierun­g ihrer Spitzenkan­didatin Annalena Baerbock auf 28 Prozent zu und waren erstmals stärkste Kraft in einer Umfrage. Zur Entscheidu­ng bei den Grünen sagte Wissler, diese habe die Wahrschein­lichkeit für ein Bündnis aus Grünen, SPD und Linksparte­i »nicht wahrschein­licher oder unwahrsche­inlicher gemacht«. Sollte es nach der Bundestags­wahl eine rechnerisc­he Mehrheit dafür geben, müssten die drei Parteien miteinande­r sprechen.

Wissler sagte, die hessische Linke habe gezeigt, dass man auch aus der Opposition politisch »einiges bewegen« könne. So seien mit ihren Stimmen in dem Bundesland die Studiengeb­ühren abgeschaff­t worden. »Das war der Auslöser, der die Studiengeb­ühren in vielen Bundesländ­ern zu Fall gebracht hat«, erklärte die 39-Jährige. Ihre Fraktion habe zudem immer eng an der Seite der Gewerkscha­ften gestanden, habe »die Beschäftig­ten von Amazon, der Post, am Flughafen, in der Industrie, in der Pflege, im Einzelhand­el, in den Kitas und bei den Busunterne­hmen unterstütz­t im Kampf um ihre Arbeitsplä­tze, für mehr Gehalt und bessere Arbeitsbed­ingungen«. Sie habe an der Seite der Gegner des Flughafena­usbaus in Frankfurt am Main, der Klimaaktiv­isten im Dannenröde­r Forst und derer gestanden, die für die Stilllegun­g des Atommeiler­s Biblis demonstrie­rten.

Weiter habe die Linke versucht, die Verquickun­g von rechtsterr­oristische­m NSU und Sicherheit­sbehörden parlamenta­risch aufzuarbei­ten. In etlichen Fällen habe sie Menschen vor Abschiebun­g bewahren und Bleiberech­tsregelung­en erreichen können. Im Bundestag wolle sie sich für ein gut ausgestatt­etes Gesundheit­ssystem, einen Mietendeck­el auf Bundeseben­e, einen sozial-ökologisch­en Umbau der Gesellscha­ft, »für ein gerechtes Steuersyst­em und eine friedliche Außenpolit­ik« einsetzen, kündigte Wissler an.

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