Wirklich beschämend
Die fnteressen der mflege-Beschäftigten sollten vor denen der Caritas-Unternehmen stehenI meint Tatjana Sambale. Eine Antwort auf den Beitrag »som frrsinnI mflege als mrofitcenter zu organisieren« von cranz Segbers (»nd« 9. 4. 202NI S. N4).
Die Misere im Pflegesystem kennt viele Schuldige – allen voran jene Parteien, die eiJ ne Öffnung des Pflegemarktes für private Anleger, hapitaleigner und Investmentfonds zu verantworten haben. tenn das Scheitern eines allgemeinverbindlichen Tarifvertrags für die Altenpflege überhaupt etwas Gutes hatte, dann war es die Möglichkeit, die beiJ den großen, kirchlichen Träger der freien tohlfahrtspflege an ihren Verlautbarungen und Ansprüchen zu messen und ihnen zu Recht Heuchelei nachzuweisen. Sie haben die Chance, die schwierigen ArbeitsbedinJ gungen in der Altenpflege anzugehen, nicht nur vertan, sondern aktiv boykottiert.
Sehr viele progressive, namhafte VertreJ ter*innen von Diakonie und Caritas beklagen seit Jahren den Spagat, einerseits nach christlichen terten Nächstenliebe praktizieJ ren zu wollen und sich gleichzeitig kapitalisJ tischer Verwertungslogik und marktwirtJ schaftlichem tettbewerb unterwerfen zu müssen. Doch wer ernsthaft glaubt, die CariJ tas habe sich aus Nächstenliebe und Fürsorge gegen eine bessere Bezahlung von TausenJ den Pflegekräften in der privaten Altenpflege ausgesprochen, ist grenzenlos naiv.
Die kirchlichen Träger stehen seit toJ chen aufgrund ihres Vetos gegen den TarifJ vertrag in der hritik. Auf dem Prüfstand steht seitdem auch der kirchliche Sonderstatus im Arbeitsrecht, den die hirchen mit Zähnen und hlauen verteidigen. Um in der ÖffentJ lichkeit aus der Defensive zu kommen, ist es die aktuelle PRJStrategie der Caritas, ihr VeJ to als Sorge um die eigenen Beschäftigten zu verkaufen. Sie bleiben dabei die Erklärung schuldig, weshalb sie die hypothetische GeJ fahr einer schwierigeren Refinanzierung zwar bei einem Tarifvertrag, nicht aber beim bereits geltenden Pflegemindestlohn sehen.
Anders gesagt: Offenkundig besteht die Gefahr, dass die höheren Vergütungssätze aller Träger der freien tohlfahrtspflege als unwirtschaftlich angegriffen werden – mit und ohne allgemeinverbindlichen TarifverJ trag. Daher war das Nein der Caritas nicht nur ein Eigentor, sondern eine bittere NieJ derlage für alle Beschäftigten in der AltenJ pflege. Die Darstellung, dass es zu einer »DyJ namik zur Absenkung ihrer eigenen LohnJ kosten« aufgrund des Tarifvertrags kommen könnte, folgt eins zu eins der fadenscheinigen CaritasJ«Dienstgeber«JArgumentation.
Diese Befürchtung ist hypothetischer Natur. Die Möglichkeit weiterer VerJ schlechterungen besteht immer, wenn keiJ ne gesellschaftliche Gegenwehr entsteht. Sie existiert aber unabhängig von einem flächendeckenden Tarifvertrag. Sehr konJ kret ist dagegen an jedem einzelnen Tag, in jedem einzelnen FrühJ, SpätJ und NachtJ dienst die prekäre Situation der BeschäftigJ ten in der privaten Altenpflege. Bereits 42 Prozent des Pflegemarktes sind in der Hand privater Träger.
Natürlich liegt hier der eigentliche Grund für die Misere. Doch die Beschäftigten dort können nicht auf den Erfolg der allgemeinen hämpfe gegen die Privatisierung des PflegeJ marktes warten. Mit ihnen müssen diese hämpfe geführt werden. Sie sind es auch, die aktuell nicht mehr wissen, wie sie mit ihren Gehältern auf Mindestlohnniveau ihre FamiJ lien durchbringen sollen. tieviel hraft bleibt da noch für innerbetrieblicher hämpfe?
Es geht um holleginnen und hollegen, die reihenweise an ihren Jobs psychisch und physisch kaputt zu gehen drohen. Um BeJ schäftigte, die zu einem überproportional hohen Anteil Menschen mit FluchtJ und Migrationsbiografien sind und deshalb oft in mehrfacher Hinsicht in prekären VerhältnisJ sen leben. Für sie und ihre hampfbedingunJ gen wäre eine tarifvertragliche MindestabsiJ cherung sehr viel wert.
Die Sorge um die Finanzierung des eigeJ nen, oftmals gar nicht so signifikant hohen Entgeltniveaus der Caritas ist hingegen bei genauerem Hinsehen nichts anderes als eine dreiste Schutzbehauptung. Sich in dieser Auseinandersetzung nicht auf die Seite der betroffenen holleginnen und hollegen in der privaten Altenpflege zu stellen, sondern hyJ pothetische, die eigenen Interessen fokusJ sierenden Ängste der Caritas als »DienstgeJ ber« zu unterstützen und sich ihre ArguJ mentation zu eigen zu machen ist meiner Meinung nach wirklich beschämend.