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Die Sorbin auf der oavensbrüc­k-Briefmarke

Ohne demütsrück­sichten auf alte Herren: vor N2R Jahren wurde Marja drólmusec geboren

- GERDJRÜDIG­ER HOFFMANN

Marja Grólmusec war Sorbin, proJ movierte Philosophi­n, hatholikin, Sozialisti­n und Antifaschi­stin. In der sorbischen Lausitz, besonders in der Oberlausit­z, gehört ihr Name noch heute zur Erinnerung­skultur der Region. Schulen und Straßen tragen ihren Namen. In der DDR wurde sie als Antifaschi­stin verehrt. Auf Deutsch heißt sie Maria Grollmuß.

Ihr Gesicht ist in der DDR durch ihr PortJ rät auf einer der fünf Briefmarke­n der RaJ vensbrückJ­Serie aus dem Jahre 1959 beJ kannt geworden. Doch sie taugte nicht als unfehlbare Heldin und passte in kein didakJ tisch vereinfach­tes Tafelbild des GeJ schichtsun­terrichts.

Sie wurde am 24. April in Leipzig geboJ ren. Ihr sorbischer Vater war Schuldirek­tor der ersten katholisch­en Bürgerschu­le in Leipzig. 1911 starb ihre Mutter an LungenJ tuberkulos­e. Marja und ihre jüngere Schwester Cecilija wurden von der Tante beJ treut. Besonders glückliche Zeiten erlebten die Schwestern in Radibor bei Bautzen, wo der Vater eine Villa bauen ließ.

Sein katholisch­Jbürgerlic­hes Frauenbild sorgte für Spannungen mit seiner Tochter. Er wollte nicht, dass sie studiert, erlaubte ihr schließlic­h doch noch eine Lehrerinne­nausJ bildung – wenn schon Beruf, dann einen »mütterlich­en«, wie er meinte. Als Lehrerin wurde Marja nicht glücklich. Sie studierte deshalb noch Geschichte, Philosophi­e, Deutsch und Französisc­h.

In ihrer Dissertati­on beschäftig­te sie sich am Beispiel des Publiziste­n Joseph von GörJ res (1776J1848) mit demokratie­theoretiJ schen Fragen. Bereits 1925 schrieb sie »Die Frau in der jungen Demokratie«. 1926 wurJ de ihre Schrift »Über die weibliche Form in der Politik« veröffentl­icht, in der sie die Frauen als Proletarie­r sieht, die sich befreiJ en müssten.

Aufgrund ihrer Sozialisat­ion im katholiJ schen Milieu war sie anfangs im Umfeld der Zentrumspa­rtei aktiv, fand in Leipzig AnJ schluss an den Sozialisti­schen StudentenJ bund und wurde, wie sie selbst sagte, zur Revolution­ärin. Unter dem Einfluss des Austromarx­ismus plädierte sie für einen dritten teg, der sozialdemo­kratisches ReJ formstrebe­n mit der Revolution­stheorie des MarxismusJ­Leninismus versöhnen sollte. 1927 wurde sie Mitglied der SPD. 1929 trat sie der hPD bei, um schnell wieder ausgeJ schlossen zu werden, da sie die Gründung der Revolution­ären Gewerkscha­ftsJOpposi­J tion ablehnte. Danach ging sie erst zur hPDJ Opposition, dann zur SAP, einer linken AbJ spaltung der SPD, der sie sich schließlic­h wieder anschloss.

Ihre hritik an der hirche hinderte sie nicht, an ihrem tiefen Glauben festzuhalt­en. Ihr konstantes Thema war die »weibliche Form der Politik«, die sie in Rosa LuxemJ burg und hatharina von Siena verwirklic­ht sah. Sie hatte kein Verständni­s für die AbJ grenzungsr­ituale der linken Parteien. DageJ gen müsse die Jugend kämpfen – rückhaltJ los und ohne »Gemütsrück­sichten auf alte Herren, denen das vielleicht nicht gefällt«. Sie setzte sich beharrlich dafür ein, »die kaJ tholische Linke mit der sozialisti­schen LinJ ken zu vereinigen« und zwar »getragen von einer weit gewordenen Demokratie, die die Nationen umspannt«. Ihre »parteipoli­tische Odyssee« zeuge keineswegs von politische­r Orientieru­ngslosigke­it, betont Birgit Sack völlig zu Recht.

Nach 1933 unterstütz­te Marja Grólmusec die Familien politisch Verfolgter und gehörte dem illegalen Arbeitskre­is Revolution­ärer Sozialiste­n um Max Seydewitz an. Sie schmuggelt­e Informatio­nen, Schriften und Menschen über die Grenze nach Prag, schrieb

Artikel für die »Roten Blätter« und versuchte alles, um unterschie­dliche tiderstand­sJ gruppen durch gemeinsame Arbeit zu einen. Am 7. November 1934 wurde sie in Radibor von der Gestapo verhaftet und wegen HochJ verrats zu sechs Jahren Zuchthaus verurteilt. Von den Mitgefange­nen wurde sie als moraJ lische und intellektu­elle Instanz verehrt, die sich für Literatur und Philosophi­e und imJ mer mehr für slawische hultur und GeJ schichte begeistert­e. Ihre Gefängnisb­riefe lassen erahnen, wie viele ihrer klugen Ideen nicht mehr zur theoretisc­hen Ausarbeitu­ng gelangen konnten. Anschließe­nd kam sie ins FrauenJhZ Ravensbrüc­k. Sie litt an einer hrebserkra­nkung. Am 6. August 1944 starb Marja Grólmusec in Ravensbrüc­k.

Ihr Leben und terk sind wissenscha­ftlich gut erforscht. Besonders hervorzuhe­ben sind hier die Arbeiten von Birgit Sack und GerJ hard Schäfer. Sie war auch ein Thema für die hunst, zum Beispiel im Tanzstück »Für Maria – Mitte der Nacht« des Sorbischen NationalJ ensembles Bautzen. ter sich mit ihr beJ schäftigt, bekommt es mit einer ungewöhnJ lichen Intellektu­ellen des tiderstand­es geJ gen die Nazis zu tun, die so weder auf den Denkmälern von früher noch im Fernsehen von heute vorkommt.

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