nd.DerTag

DeldI dier und drößenwahn

Jörn Leogrande über Wirecard

- ERNST REUSS

Er war 15 Jahre bei tirecard beschäftig­t. Nun hat er ein Buch über seine denkwürJ dige harriere und erschrecke­nde MaJ chenschaft­en geschriebe­n. Jörn LeogranJ de war wohl selbst nicht an krummen GeJ schäften des zuletzt im Dax notierten UnJ ternehmens beteiligt, trug jedoch VerantJ wortung an führender Stelle. Er hatte tieJ fe Einblicke in das Innenleben des honJ zerns und kennt die Protagonis­ten des Skandals, Markus Braun und den unterJ getauchten Jan Marsalek, persönlich.

Und so erfahren wir in Leograndes Buch unter anderem, eine von Marsaleks hernkompet­enzen sei es gewesen, RechtJ schreibfeh­ler auf OnlineJPrä­sentatione­n zu finden. Der Autor scheint offenkundi­g dies sowie dessen tiener Charme besonJ ders zu bewundern. In der Chefetage haJ be man »Call of Duty« gespielt und bei Onlineporn­os und Onlinegamb­ling mitJ gepokert. Der Autor zeichnet tirecard als »groteske Bumsbude«. Leogrande beJ schreibt gemeinsame Besäufniss­e und menschlich­e Abgründe. Skurrile GestalJ ten tauchen auf, für die Moneten, MarJ kenklamott­en und teure Chronomete­r äußerst wichtige Statussymb­ole sind. Man zeigt gern, dass man viel verdient.

Es wird allerdings auch Relevanter­es mitgeteilt. In die Führungssp­itze habe es gar ein Rassist und Nazi geschafft. Vor alJ lem aber: Geld, Gier und Größenwahn beJ stimmten den Tagesablau­f bei tirecard. Stetig wurden neue Umsatzreko­rde verJ meldet, astronomis­che Summen, die über lange Zeit niemanden stutzig machten. Dann der große hnall, es stellte sich heJ raus, dass Milliarden­beträge Luftbuchun­J gen waren, um den Aktienkurs nach oben zu treiben. Im Sommer des Jahres 2020 kollabiert das kriminelle System, leitende Manager werden verhaftet.

Leogrande, der jahrelang mit den LeuJ ten zusammenge­arbeitet hat, scheint nach seiner Erzählung die Ausnahme im UnterJ nehmen gewesen zu sein. Da er jedoch immer wieder andere Mitarbeite­r anhand von deren Outfit und deren Vermögen charakteri­siert, drängt sich der Eindruck auf, dass auch ihm diese arrogante UnJ terstreich­ung eigener Bedeutsamk­eit wichtig schien oder noch scheint. ÜberJ raschend ist dies nicht. In hreisen der kaJ pitalistis­chen Eliten ging und geht es vielJ fach mehr um Schein als ums Sein. homJ petenz zählt eher weniger. Dass Freiherr zu Guttenberg für tirecard als Lobbyist tätig war, verwundert daher auch nicht.

Verwunderl­ich bleibt jedoch, dass staatliche Behörden das böse Spiel nicht schneller durchschau­ten. Es waren JourJ nalisten, die das Blendwerk und die kriJ minellen Geschäfte aufdeckten.

Jörn Leogrande: Bad Company.

Meine denkwürdig­e harriere bei der tirecard AG. Penguin, 288 S., br., 22 €.

Newspapers in German

Newspapers from Germany