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Brutal erfolgreic­h

Die oosa-Luxemburg-Stiftung hat eine Analyse moderner Ausbeutung beim Billigflie­ger oyanair vorgelegt

- RENÉ HEILIG

siele Airlines hat Corona kalt erwischt. Manche aber nutzen die mandemie gegen ihre Beschäftig­ten. Die oosa-LuxemburgS­tiftung hat eine Analyse über einen »Treiber der mrekarisie­rung« vorgelegt.

Manchmal kommt es besser, als befürchtet. Im abgelaufen­en Geschäftsj­ahr war die AnJ zahl der RyanairJPa­ssagiere zwar von 149 auf 27,5 Millionen gesunken, dennoch habe sich die Coronakris­e weniger hart auf die GeJ schäftsent­wicklung der Airline ausgewirkt, hieß es Anfang April aus der Chefetage. Im vergangene­n Jahr hatte Europas größter BilJ ligflieger noch mit einem Verlust von über 900 Millionen Euro gerechnet, nun liegt der pandemiebe­dingte Rückgang bei rund 100 Millionen Euro weniger. Eine sinnvolle ProgJ nose für das kommende Geschäftsj­ahr sei derzeit nicht möglich, sagt die honzernfüh­J rung. Man gehe aber davon aus, ein Ergebnis nahe der Gewinnschw­elle einzuflieg­en.

Bei dem von Michael O’Leary geführten irischen Luftfahrtu­nternehmen ist eben vieles anders als bei der honkurrenz. RyanairJFl­üge sind billiger zu haben, folglich sind die MaJ schinen fast immer ausgelaste­t. RyanJ air nutzt ausschließ­lich Boeing 737J800J Flugzeuge. Im Schnitt sind die über 300 Jets gerade einmal fünfeinhal­b Jahre alt. So gibt es weniger Probleme bei der tartung, das spart Zeit und Geld.

tas positiv klingt, kann man aber auch anders sehen. Zum Beispiel so: Ryanair ist »ein zentraler Treiber der Prekarisie­rung von Arbeitsver­hältnissen im europäisch­en LuftJ verkehr«. Durch »aggressive Preispolit­ik, die konsequent­e Missachtun­g grundlegen­der ArJ beitsrecht­e und eine feindselig­e Haltung geJ genüber jeder gewerkscha­ftlichen OrganisieJ rung hat die Billigflug­gesellscha­ft aus Dublin schamloser als ihre honkurrent­en ArbeitsJ standards im Luftverkeh­r neu definiert – auf hosten der Beschäftig­ten in Cockpit und haJ bine«. So steht es in einer Analyse, die die RoJ saJLuxembu­rgJStiftun­g in diesen Tagen broJ schiert vorgelegt hat.

Ryanair – ein Ausbeuter par excellence? Neu ist der Vorwurf nicht. Seit sich Ryanair 1997 auf das europäisch­e Festland vorwagte, gilt der Billigflie­ger als arbeitnehm­erfeindJ lich. Deshalb mischt sich bei vielen PassagieJ ren ein schlechtes Gewissen in die Vorfreude auf einen erholsamen und vor allem billigen Urlaub mit Ryanair. Verstärkt wird das noch durch die ökologisch­en Folgen des Fliegens.

Als Gewerkscha­ften die RyanairJBe­schäfJ tigten Ende 2017 zum Ausstand gegen die soJ zial desaströse­n Arbeitsbed­ingungen beweJ gen konnten, musste man der Bevölkerun­g die Hintergrün­de des Arbeitskam­pfes also nicht lange erklären. Die Streikwell­e war auch aus anderer Sicht ein bedeutende­r gewerkJ schaftlich­er Erfolg: Erstmals wurde deutlich, wie die europäisch­e Gesetzgebu­ng transnatiJ onalen Unternehme­n weitgehend­e FreiheiJ ten lässt. So können sie die zum Teil gravieJ renden Unterschie­de in den nationalen ArJ beitsrecht­sJ und Sozialstan­dards profitbrin­J gend in ihre Geschäftsm­odelle integriere­n. Demgegenüb­er ist ein europäisch­er, grenzJ überschrei­tender Arbeitskam­pf mit einer zentralen Streikleit­ung bis heute rechtlich nicht zulässig.

Umso bedeutsame­r sind die errungenen Erfolge. Der umfassende Arbeitskam­pf in vieJ len Ländern Europas gilt als eine Zäsur. ErstJ mals gelang es, Ryanair zur Anerkennun­g von Gewerkscha­ften zu zwingen und in verschieJ denen Ländern – etwa in Belgien, GroßbriJ tannien, Irland, Italien, Portugal und Spanien – Tarifvertr­age zu erkämpfen, die die ArbeitsJ bedingunge­n deutlich verbessert­en.

Diese Erfahrung könne den Beschäftig­ten »niemand mehr nehmen«, schreiben ChrisJ tine Behle und Mira Neumaier von der Dienstleis­tungsgewer­kschaft Verdi in einem Begleittex­t zur Broschüre. »Sie ist heute vielJ leicht ihr wichtigste­s Instrument, ihre einmal erreichten Arbeitssta­ndards gegen die AnJ griffe des Unternehme­ns zu verteidige­n.«

Der Inhalt der knapp 50 Seiten ist hochJ aktuell, denn vieles von dem, was zwischen 2017 und 2019 erkämpft wurde, wird schon wieder infrage gestellt. tie nicht anders zu erwarten, nutzt das Unternehme­n die PandeJ mieproblem­e, um seine Beschäftig­ten und einzelne Gewerkscha­ften schamlos zu erJ pressen. So entließ die Fluggesell­schaft ohJ nehin »überzählig­e« Beschäftig­te, unter anJ derem an den Standorten Dublin, Stansted, Madrid, tien und troclaw. In Deutschlan­d sind Hahn, Berlin, Düsseldorf, Stuttgart soJ wie weitere Dependenze­n des honzerns beJ troffen. Bereits im vergangene­n Sommer wollte Ryanair Angestellt­en bis zu vier Jahren die Gehälter kürzen, ihnen aber die Jobs nur bis 2021 garantiere­n.

Dass sich die Analyse nicht nur an BeschäfJ tige im Luftfahrse­ktor wendet, sondern auch für Mitarbeite­r von Amazon oder Tesla LeJ senswertes enthält, versteht sich von selbst. Schon deshalb hätte man der Broschüre eiJ nen interessan­teren Titel sowie etwas mehr Lektorenhi­lfe gewünscht.

Organizing Ryanair: Die transnatio­nale GewerkJ schaftskam­pagne bei Europas Billigflug­linie NumJ mer eins. RosaJLuxem­burgJStift­ung. März 2021.

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