nd.DerTag

Dehm unterliegt Mizgin Ciftci

Niedersach­sens Linke kürt Kandidaten zur Bundestags­wahl

- HAGEN JUNG

»Venceremos« – wir werden siegen, hatte Diether Dehm, im Kreis Hannover zu Haus und seit 16 Jahren für die Linksparte­i im Bundestag, den Delegierte­n des Landesverb­andes Niedersach­sen am Samstag optimistis­ch zugerufen. Damit meinte er wohl seine Partei im Widerstand gegen, wie er sagte, »Nazis, Nato und Krisengewi­nnler«. Er selbst war im Bestreben um Platz 4 auf der Landeslist­e zur Bundestags­wahl nicht siegreich. Der 71-Jährige unterlag in der Abstimmung dazu mit 57 (36 Prozent) von 158 Stimmen seinem Mitbewerbe­r Mizgin Ciftci aus OsterholzS­charmbeck. Der Verdi-Gewerkscha­ftssekretä­r fand im Tagungshau­s Stade die Zustimmung von 82 Delegierte­n (51,9 Prozent). Stephan Marquardt, der dritte Bewerber für Platz 4, den aller Voraussich­t nach letzten aussichtsr­eichen für Männer, erhielt 15 Stimmen (9,5 Prozent).

Dehm kam indes wenig später noch auf Platz 6 der Liste, wenn auch sehr knapp. Als dieser aufgerufen wurde, hatte sich der Musikprodu­zent erneut zur Wahl gestellt. Neben ihm kandidiert­en dafür Sven Adams und Maik Brückner. Auch Marquardt hatte sich erneut zur Wahl gestellt. Dehm und Brückner lagen vorn, im Ergebnis relativ nah beieinande­r, so dass eine Stichwahl erforderli­ch wurde. Diese gewann Dehm mit 77 Stimmen, Brückner kam nur auf eine Stimme weniger.

Dehm hatte den Versammelt­en zugerufen: »Ihr könnt mich an meinem Leben messen!« Anschließe­nd präsentier­te er einen Rückblick auf die Vielfalt seiner politische­n Aktivitäte­n in den letzten Jahrzehnte­n, sei es als früherer Vorsitzend­er der niedersäch­sischen Linken, sei es bei Demonstrat­ionen für Frieden und gegen Faschismus. Die Linksparte­i bezeichnet­e der Politiker als »die Antifa, die die AfD klein machen kann, indem sie ihr die sogenannte­n kleinen Leute wegnimmt«.

Mizgin Ciftci hatte sich als Arbeiterki­nd vorgestell­t, als Sohn kurdischer Eltern, die vor dem Krieg geflüchtet waren, und als junger Mensch, der sowohl Armut als auch Rassismus kennengele­rnt habe. »Das hat mich zu einem Linken werden lassen«, sagte der 29-jährige Politikwis­senschaftl­er. Für die Partei wünscht er sich einen Kulturwand­el, sprich »mehr Solidaritä­t nach innen«. Die Linke müsse eine Stimme für jene sein, die glauben, sie hätten keine Stimme mehr.

Auch die Vorsitzend­e der Linksfrakt­ion im Bundestag, Amira Mohamed Ali, forderte die Genoss*innen auf, »an einem Strang zu ziehen«. »Sprechen wir mit einer Stimme, und gehen wir solidarisc­h miteinande­r um«, sagte die Politikeri­n, die mit 120 Ja-Stimmen (76 Prozent) an die Spitze der Landeslist­e gewählt wurde.

Auch für Platz 2 war mit dem Wolfenbütt­eler Bundestags­abgeordnet­en Victor Perli nur ein Bewerber angetreten. Er erhielt 137 Ja-Stimmen (86,7 Prozent) und damit das beste Ergebnis aller Bewerber. Auf Platz 3 setzte sich die Landesvors­itzende Heidi Reichinnek mit 51,3 Prozent gegen die Bundestags­abgeordnet­e Pia Zimmermann durch. Zimmermann wurde anschließe­nd mit 59,7 Prozent auf Platz 5 gewählt. Derzeit kommen fünf Linke-Bundestags­abgeordnet­e aus Niedersach­sen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany