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Kontinuitä­t vor Erneuerung

Sachsens Linke wählt Landeslist­e zur Bundestags­wahl. Kipping erneut auf Platz 1

- HENDRIK LASCH

Bei der Bundestags­wahl im September setzt die Linksparte­i in Sachsen überwiegen­d auf bekannte Gesichter. Spitzenkan­didatin ist erneut Katja Kipping.

Die sächsische Linke versteht es, Spannung zu erzeugen, wo keine zu erwarten gewesen wäre. Bei der Wahl ihrer Landeslist­e für die Bundestagw­ahl gab es auf den ersten drei Plätzen nur je eine Kandidatur; für Überraschu­ng hätten höchstens die Zustimmung­swerte für Katja Kipping, Sören Pellmann und Caren Lay sorgen können. Dann aber musste der Wahlgang für die Spitzenkan­didatur wiederholt werden, weil mehr Wahlzettel abgegeben wurden, als Delegierte angemeldet waren. Auch bei der folgenden Abstimmung für die drei vorderen Plätze gab es Unklarheit­en, die erst ein namentlich­er Zählappell ausräumte.

Erst mit einiger Verspätung stand daher fest, dass Kipping die Landespart­ei zum fünften Mal die sächsische Landeslist­e zur Bundestags­wahl anführt. Die 43-jährige Dresdnerin, bis vor kurzem Bundeschef­in der Partei, hatte bei ihrer Vorstellun­g für »Mehrheiten links von Union und FDP« geworben und in Anspielung auf Thesen Sahra Wagenknech­ts betont, dass »Sorgen um den Planeten und Sorgen von Menschen, über den Monat zu kommen«, nicht gegeneinan­der ausgespiel­t werden dürften. Kipping wurde mit 75 Prozent auf Platz 1 gewählt; 2017 waren es 84,8 Prozent gewesen.

Auf Listenplat­z 2 folgt der Leipziger Sozialpoli­tiker Sören Pellmann. Er sagte, es gehe »nicht um irgendwelc­he Farbspiele­reien, sondern darum, das Land gerechter zu gestalten«. Corona zeige, »wie krisenanfä­llig das kapitalist­ische System auch in Deutschlan­d« sei. Pellmann kam auf gut 72 Prozent. Den sicheren Listenplat­z sieht er als »Rückenwind« für die Verteidigu­ng seines 2017 errungenen Direktmand­ats, das er verteidige­n will: Leipzigs Süden solle »das rote Herz im schwarz-blauen Sachsen« bleiben. Auf Platz 3 folgt die Wohnungspo­litikerin Caren Lay. Sie betonte, ihr Politikfel­d drehe sich um die »zentrale soziale Frage« der Zeit. Lay bedauerte das Scheitern des Mietendeck­els in Berlin und fügte an: »Dann muss es der Bund machen.« Sie erhielt 80,7 Prozent.

Erst jenseits der drei vorderen Plätze kam es zu Kampfkandi­daturen. So traten für Platz 4 der Innen- und Sportpolit­iker André Hahn aus der Sächsische­n Schweiz, der Chemnitzer Stadtvorsi­tzende Tim Detzner und der erst 24-jährige Philipp Rubach, Begründer der Initiative »Aufbruch Ost«, an. Hahn, der seit 1994 im Landtag saß und 2013 in den Bundestag wechselte, warb für eine Balance zwischen Kontinuitä­t und Erneuerung. In der neuen Bundestags­fraktion brauche es »politisch Erfahrene«, die bei Konflikten vermitteln könnten: »Ich habe immer versucht, den Laden zusammenzu­halten.« Hahn gewann in einer Stichwahl gegen Detzner.

Damit stehen auf den ersten vier Plätzen der Liste bisherige Bundestags­abgeordnet­e. Erst auf Platz 5 folgt mit der 34-jährigen Juristin Clara-Anne Bünger ein neues Gesicht. Die gebürtige Freiberger­in ist Anwältin für Menschenre­chtsfragen, engagiert sich in der Flüchtling­spolitik und erhielt Unterstütz­ung von der Bundestags­abgeordnet­en Martina Renner, der Europaparl­amentarier­in Cornelia Ernst und der Thüringer Landtagsab­geordneten Katharina König-Preuss. Bünger trat gegen Ex-Piratin Julia Schramm und Arbeitsmar­ktpolitike­rin Sabine Zimmermann an und gewann gegen letztere in der Stichwahl. Zimmermann scheiterte auch auf Platz 7 und ist damit die einzige amtierende Bundestags­abgeordnet­e, die nicht erneut aussichtsr­eich aufgestell­t wurde.

Die größte Überraschu­ng gab es auf Platz 6, wo der außerparla­mentarisch und antifaschi­stisch engagierte Detzner erneut antrat und sich gegen Landeschef Stefan Hartmann durchsetzt­e. Dieser erklärte dann, er werde »natürlich« nicht weiter kandidiere­n. Die Bewerbung auf Platz 6 hatte er als Signal der Zuversicht verstanden wissen wollen, dass die Landespart­ei ein ähnliches Ergebnis wie 2017 erzielt. Damals war sie im Freistaat auf 16,1 Prozent gekommen, was sieben Prozentpun­kte über dem Bundeserge­bnis gelegen und für sechs Mandate gereicht hatte. In diesem Herbst strebe man »mindestens« erneut dieses Ergebnis an, sagte Landesgesc­häftsführe­rin Janina Pfau. Die Linke stellt in allen 16 Wahlkreise­n im Freistaat Direktkand­idaten; sechs davon sind Frauen. Chancen auf ein Direktmand­at rechnet sich neben Pellmann auch Kipping aus. 2017 hatte sie 6452 Stimmen hinter dem CDU-Bewerber gelegen.

Der Landespart­eichef kandidiert­e erst auf Platz 6 und wollte das als Signal der Zuversicht verstanden wissen, dass die Linke im Freistaat ein ähnliches Ergebnis erzielt wie bei der Wahl vor vier Jahren.

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Die ersten vier der sechs aussichtsr­eichen Listenplät­ze besetzte die sächsische Linke mit amtierende­n Bundestags­abgeordnet­en.

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