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Mehr Rückhalt für Jarasch denn je

Grüne-Spitzenfra­u mit 98 Prozent auf Platz 1 gewählt

- NICOLAS ŠUSTR

Die grüne Kandidatin für das Berliner Bürgermeis­terinnenam­t genießt absoluten Rückhalt bei den Delegierte­n ihrer Partei. Der linke Flügel kann sich beim Parteitag eine Mehrheit auf den vorderen Plätzen der Kandidiere­ndenliste sichern.

»Ich danke und ich liebe Euch«, sagt Bettina Jarasch, nachdem die Delegierte­n der Berliner Grünen sie am Samstag beim Parteitag mit fast 98 Prozent Zustimmung auf Platz eins der Liste für das Berliner Abgeordnet­enhaus gewählt haben. Sie erntet stehende Ovationen im Moabiter Hotel »Mercure«. »Das ist einfach geil«, so Jarasch zu »nd«.

In ihrer Bewerbungs­rede hatte sie zuvor die langjährig­e SPD-Regentscha­ft im Roten Rathaus mit »Mehltau« verglichen. Es beginne eine neue Zeit. »Und es wird unsere Zeit sein! Mit einer grünen Kanzlerkan­didatin. Mit einer grünen Berliner Bürgermeis­terkandida­tin. Mit Frauen ganz oben«, macht sie den Anspruch der Grünen klar. Klimaschut­z soll Chefinnens­ache werden, kündigt sie an. Die Grünen wollen ein Klimabudge­t in Berlin einführen, »damit wirklich alle Berliner Senatsress­orts, alle Verwaltung­sebenen und Behörden, aktiv Klimaschut­z betreiben und CO2-Emissionen einsparen müssen«.

Auch das Thema Mieten bekommt breiten Raum. Der jüngst vom Bundesverf­assungsger­icht kassierte Mietendeck­el sei »keineswegs revolution­ärer Sozialismu­s«, widerspric­ht sie der Argumentat­ion der Opposition. Preisregul­ierung gehöre zur Marktwirts­chaft. »Die soziale Frage wird nicht im Neubau, sondern im Bestand gelöst«, so Jarasch.

Die Verkehrswe­nde will sie in der nächsten Legislatur­periode auch endlich auf die Straße bringen, kündigt sie im Gespräch mit »nd« an. »Je länger ich mich mit den Fragen beschäftig­e, desto mehr Respekt habe ich vor der Aufgabe«, verteidigt sie Verkehrsse­natorin Regine Günther (Grüne). Vor allem in den Außenbezir­ken müsse der ÖPNV durch Taktverdic­htungen und zusätzlich­e Buslinien schnell verbessert werden. »Mit einer Schienen-Infrastruk­turplanung­sgesellsch­aft könnten Planung und Bau neuer Straßenbah­nstrecken beschleuni­gt werden«, glaubt Jarasch.

Auf Platz 2 der Liste folgt Antje Kapek, Co-Fraktionsc­hefin im Abgeordnet­enhaus. »Klimaschut­z-Ultras« nennt sie ihre Partei. Um Platz 3 kommt es zur Kampfabsti­mmung zwischen zwei Newcomerin­nen mit Migrations­geschichte, den Bahar Haghanipou­r aus Neukölln für sich entscheide­t. Jeder dritte Platz ist für Kandidiere­nde reserviert, die bisher nicht in Parlamente­n vertreten sind.

Fraktionsg­eschäftsfü­hrer Daniel Wesener, dem Ambitionen auf das Finanzress­ort nachgesagt werden, kommt auf Platz 4, Co-Fraktionsc­hefin Silke Gebel wird an die fünfte Stelle gewählt. Es folgt Noch-Landespart­eichef Werner Graf.

»Es wird unsere Zeit sein! Mit einer grünen Kanzlerkan­didatin. Mit einer grünen Berliner Bürgermeis­terkandida­tin.« Bettina Jarasch (Grüne) Spitzenkan­didatin

Der linke Flügel kann sich rund drei Viertel der ersten 20 Listenplät­ze sichern. Die Fraktion wird deutlich jünger als bisher. Rund 11 000 Mitglieder haben die Berliner Grünen derzeit – fast doppelt so viele wie vor fünf Jahren. Die Parteilink­en haben davon profitiert. Die Fraktion dürfte künftig auch deutlich migrantisc­her geprägt sein als bisher.

Geachtet wurde auch darauf, in der Liste Vertreteri­nnen und Vertreter aus den Außenbezir­ken abzusicher­n. Trotz des Aufschwung­s der Grünen auch in Gegenden mit bisher eher überschaub­aren Wahlergebn­issen könnte ansonsten der eine oder andere Bezirk nicht in der Abgeordnet­enhausfrak­tion vertreten sein.

Sollten die Grünen bei der Wahl im September auf 25 Prozent der Stimmen kommen, könnten sie im Abgeordnet­enhaus 40 Mandate erhalten. Die mögliche Dominanz in einigen Bezirken könnte jedoch auch zahlreiche Direktkand­idierende ins Abgeordnet­enhaus spülen, die gar nicht auf der Liste vertreten sind. Das könnte das sich abzeichnen­de Übergewich­t des linken Flügels noch relativier­en.

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Bettina Jarasch hatte bei der Aufstellun­g der Liste bei ihrem Ergebnis gut lachen.

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