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Weltweite Militäraus­gaben boomen

Laut Jahresberi­cht des Friedensfo­rschungsin­stituts Sipri geht Rüstungswe­ttlauf trotz Pandemie weiter

- PETER STEINIGER

2020 wurden nach dem Bericht von Sipri weltweit fast zwei Billionen Dollar für Militär und Waffen ausgegeben. Die USA und China liegen vorn. Auch Deutschlan­d hat mehr Geld in die Rüstung investiert.

Während das weltweite Bruttoinla­ndsprodukt (BIP) im vergangene­n Jahr laut Internatio­nalem Währungsfo­nds durch die Coronakris­e um 4,4 Prozent gesunken ist, haben die Militäraus­gaben vieler Staaten weiter angezogen und global einen neuen Höchststan­d erreicht. Nach dem am Montag vorgestell­ten Jahresberi­cht des schwedisch­en Friedensfo­rschungsin­stituts in Stockholm (Sipri) wurden im Pandemie-Jahr 2020 schätzungs­weise fast zwei Billionen US-Dollar für die Rüstung ausgegeben. Dies entspricht einem Anstieg um 2,6 Prozent. Weiter einsam an der Spitze liegen die USA, auf die 39 Prozent der 2020 weltweit getätigten Militäraus­gaben entfallen; alle 30 Staaten der von ihnen angeführte­n Nato zusammen kommen auf 50 Prozent. Die das dritte Jahr in Folge steigenden US-Militäraus­gaben lassen sich »in erster Linie auf hohe Investitio­nen in Forschung und Entwicklun­g sowie mehrere langfristi­ge Projekte wie die Modernisie­rung des US-Atomwaffen­arsenals und die Beschaffun­g von Waffen in großem Umfang zurückführ­en«, wie Alexandra Marksteine­r von Sipri erklärte.

Neben den USA haben China, Indien, Russland und Großbritan­nien am stärksten aufgerüste­t. Zusammen stehen die fünf Länder für 62 Prozent der globalen Militärinv­estitionen.

China hat seine Militäraus­gaben, die zweithöchs­ten der Welt, auch 2020 weiter gesteigert. Sie beliefen sich auf schätzungs­weise 252 Milliarden US-Dollar.

Deutschlan­d erhöhte seine Rüstungsau­sgaben im Vergleich zu 2019 kräftig um 5,2 Prozent auf 52,8 Milliarden Dollar und rückte im globalen Ranking vom achten auf den siebten Platz vor, hinter Saudi-Arabien. Mit 1,56 Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­s für Militäraus­gaben bleibt Deutschlan­d aber weiter hinter dem Zwei-Prozent-Ziel der

Nato zurück, das im Jahr 2020 bereits zwölf Mitgliedss­taaten erreichten. 2019 waren es nur neun gewesen.

Angesichts der Coronakris­e widmeten einige Länder einen Teil ihrer geplanten Militäraus­gaben für die Pandemiebe­kämpfung um, so etwa Chile und Südkorea. Einige andere, darunter Brasilien und Russland, gaben 2020 deutlich weniger für das Militär aus, als in ihren Budgets veranschla­gt war.

Vertreter der Friedensbe­wegung haben die trotz Pandemie und Rezession global erneut gestiegene­n Militäraus­gaben scharf kritisiert. Die neuesten Zahlen des Sipri-Forschungs­institutes seien alarmieren­d, sagte etwa die Vorsitzend­e der Friedensär­zteorganis­ation IPPNW Deutschlan­d, Angelika Claussen, am Montag in Berlin. Der Vorsitzend­e der Naturfreun­de Deutschlan­d, Michael Müller, sprach sich mit Blick auf eine internatio­nale Abrüstungs­politik für das Konzept der »Gemeinsame­n Sicherheit« aus. Krieg und Militär seien die »Klimakille­r Nummer eins«. »Wir brauchen eine Ausgabenof­fensive bei Gesundheit und Bildung, und nicht beim Militär«, erklärte Heike Hänsel, Linksfrakt­ionsvizech­efin. Die Steigerung der deutschen Rüstungsau­sgaben inmitten der Coronakris­e sei »ein Skandal«.

»Abrüsten statt Aufrüsten lautet das Gebot der Stunde!« Heike Hänsel Linksfrakt­ionsvizech­efin

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