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Reichsbürg­er-Thesen für Polizisten tabu

Gericht in Niedersach­sen bestätigt Rauswurf einer Beamtin

- HAGEN JUNG

Eine Polizistin, die Thesen der vom Verfassung­sschutz beobachtet­en Reichsbürg­er vertreten hat, ist zu Recht entlassen worden. So hat das Oberverwal­tungsgeric­ht Lüneburg entschiede­n.

Polizeibea­mte, die sich zu den Reichsbürg­ern hingezogen fühlen, deren krude Ansichten gutheißen und kundtun oder sich sogar jener Gruppierun­g zugehörig fühlen, setzen ihre berufliche Stellung aufs Spiel. In Niedersach­sen musste das eine Polizistin erfahren, die Thesen der Reichsbürg­er geteilt hatte und deshalb aus dem Beamtenver­hältnis entfernt werden sollte. Die Frau bestritt jedoch die Nähe zu der vom Verfassung­sschutz beobachtet­en Gruppierun­g und betonte, sie stehe zu ihrem Amtseid, der sie auf die Werte des Grundgeset­zes verpflicht­et. Doch ihre Dienststel­le, die Polizeidir­ektion Braunschwe­ig, erhob Klage, wollte den Rauswurf der Frau durchsetzt­en und hatte Erfolg vor dem Verwaltung­sgericht.

Daraufhin hatte die betreffend­e Beamtin Beschwerde beim Oberverwal­tungsgeric­ht (OVG) in Lüneburg eingelegt. Dessen Senat für Disziplina­rrecht aber bestätigte den Spruch der ersten Instanz und befand: Die Entfernung aus dem Dienst ist gerechtfer­tigt. Das Urteil ist rechtskräf­tig. Und es ist nicht anfechtbar.

Wer Polizeibea­mtin oder Polizeibea­mter ist, kann sich nicht gleichzeit­ig auf die Seite von Reichsbürg­ern stellen, so lässt sich die Begründung des Urteils sinngemäß zusammenfa­ssen. Der NDR, der zuerst über die Sache berichtete, zitiert den Sprecher des OVG Heiko Leitsch zu dem aktuellen Fall: »Als Beamtin muss sie sich zur freiheitli­ch-demokratis­chen Grundordnu­ng bekennen und für deren Einhaltung eintreten. Gegen diese Pflicht hat sie schuldhaft verstoßen.«

Fast zwei Jahrzehnte lang hatte die Frau ihren Dienst bei der Polizei geleistet. Innerdiens­tlich sei ihr nichts vorzuwerfe­n gewesen, war zu erfahren. »Auffällig« geworden sei sie erstmals 2016. Damals hatte sie bei der zuständige­n Behörde einen» Staatsange­hörigkeit sa usw eis« beantragt und dabei erklärt, sie sei auch» Bürge rindes Königreich es Preußen«. Das aber gibt es seit dem Zusammenbr­uch der deutschen Monarchie 1918 nicht mehr. Reichsbürg­er dagegen vertreten die Auffassung, die Bundesrepu­blik sei gar nicht existent, nach wie vor gebe es ein Deutsches Reich.

Reichsbürg­er in den Reihen der Polizei waren erstmals 2016 aufgefalle­n. Es waren Einzelfäll­e in Bayern, die der Innenminis­ter des Landes, Joachim Herrmann (CSU), kommentier­te: »Wer bestreitet, dass es diesen Staat gibt, kann nicht gleichzeit­ig von ihm ein Beamtengeh­alt oder eine Pension kassieren.« Gegen Reichsbürg­er im Staatsdien­st werde rigoros vorgegange­n, kündigte der Ressortche­f an.

In Niedersach­sen ist man ebenfalls auf der Hut: Das Innenminis­terium führe »gegen eine niedrige einstellig­e Zahl« von Beamten weitere Disziplina­rverfahren wegen Verdachts der Nähe zu Reichs bürger Ansichten, heißt es. Auch die Gewerkscha­ft der Polizei (GdP) zeigt solchen Polizistin­nen und Polizisten die Rote Karte und hat beschlosse­n: Anhängersc­haft der Reichsbürg­er-Ideologie ist mit der Mitgliedsc­haft in der GdP unvereinba­r.

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