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Zurück in die Zukunft

Gegen den Abstieg: Trainer Markus Weinzierl ist wieder beim FC Augsburg

- MAIK ROSNER, AUGSBURG

Heiko Herrlich wurde der Klassenerh­alt in der Bundesliga nicht mehr zugetraut. Diesen Auftrag soll in Augsburg ein alter Bekannter erfüllen: Trainer Markus Weinzierl soll die Fußballer des FCA in drei Spielen vor dem Abstieg retten.

Als der abstiegsge­fährdete FC Augsburg am Montag die erwartete Trennung von Trainer Heiko Herrlich und die Verpflicht­ung von Markus Weinzierl als Nachfolger verkündete, ging es nicht nur um die Zukunft, sondern auch um die Vergangenh­eit. Zwischen 2012 und 2016 hatte Weinzierl den FCA schon einmal gecoacht – und mit ihm eine Erfolgsges­chichte geschriebe­n, die den kleinen Klub aus Bayern über die Bundesliga­plätze 15 (2013), acht (2014) und fünf (2015) bis in die Zwischenru­nde der Europa League zu Jürgen Klopps FC Liverpool an die AnfieldRoa­d führte. Dort schieden die Augsburger im Februar 2016 nach einer 0:1-Niederlage und einem torlosen Remis im Hinspiel knapp aus, begleitet vom selbstiron­ischen Slogan »In Europa kennt uns keine Sau«.

Markus Weinzierl erhielt einen Vertrag, dessen überschaub­are Dauer bis zum 30. Juni 2022 von einer gewissen Vorsicht kündet.

Diese Erinnerung­en an den größten Vereinserf­olg schwingen nun ebenso mit wie jene an den oft attraktive­n und geradlinig­en Überfallfu­ßball, mit dem Weinzierl damals auch seine eigene Karriere befördert hatte. Einen solchen Stil hatten sie unter Herrlich sehr vermisst, zumal dieser eine spielerisc­he Entwicklun­g bei seiner Vorstellun­g am 10. März 2020 angekündig­t hatte. Doch dieses Ziel wurde nicht erreicht. Zuletzt holte der FCA gegen die Abstiegska­ndidaten Schalke (0:1), Bielefeld (0:0) und Köln (2:3) nur einen Punkt. Der Vorsprung auf Relegation­splatz 16 beträgt vor den verbleiben­den drei Spielen in Stuttgart, gegen Bremen und beim FC Bayern nur noch vier Zähler. Der Vereinsfüh­rung habe »der Glaube gefehlt, die restlichen Spiele in der bisherigen Konstellat­ion erfolgreic­h zu gestalten«, begründete Manager Stefan Reuter die Trennung von Herrlich.

Nun verbindet den seit zwei Jahren arbeitslos­en Trainer und den FCA die Sehnsucht nach den alten Erfolgen. Dass sich Weinzierl 2016 aus Augsburg nach einem Clinch mit Reuter gen Schalke verabschie­det hatte, daran wollen sie nicht mehr zurückdenk­en. Und Weinzierl wohl auch nicht an seine ebenfalls unglücklic­he Zeit beim VfB Stuttgart, die nach einer 0:6-Niederlage beim FC Augsburg vor zwei Jahren und einer Woche zu Ende gegangen war. Konfrontie­rt wird der 46-Jährige damit aber in zehn Tagen: Am Freitag in einer Woche sind die Augsburger erneut mit den Stuttgarte­rn verabredet, diesmal im Stadion des VfB. Weinzierl wird dann wieder als Gästetrain­er dabei sein.

»Ich freue mich riesig, wieder mit Stefan Reuter und der Mannschaft zusammenzu­arbeiten und an die erfolgreic­hen gemeinsame­n Jahre anknüpfen zu können«, wurde Weinzierl in der Vereinsmit­teilung zitiert. Er erhielt einen Vertrag, dessen überschaub­are Dauer bis zum 30. Juni 2022 von einer gewissen Vorsicht kündet. Assistiere­n wird Weinzierl der erfahrene Reiner Maurer. Der 61-Jährige war zuletzt Trainer bei Türkgücü

München sowie einst zweimal beim TSV 1860 München. An diesem Dienstag wird Weinzierl sein erstes Training leiten und sich zusammen mit Manager Reuter auf einer Videokonfe­renz äußern.

Es ist ein Trainerwec­hsel, über den schon länger geraunt wurde. Bereits im Februar hieß es, im Verein werde über Weinzierls Rückkehr nachgedach­t. Reuter stellte sich damals noch schützend vor Herrlich. Doch die Hoffnung erfüllte sich nicht, dass sein ehemaliger Mitspieler aus Dortmunder Zeiten das spielerisc­he Vermögen der Mannschaft verbessern würde. Es ist insgesamt eine unglücklic­he Beziehung gewesen, die der frühere Stürmer und der FCA miteinande­r erlebten. Ein Beispiel dafür war seine Schwärmere­i bei seiner Vorstellun­g über die Stimmung in der Augsburger Arena. »Man spricht ja hier auch von Klein-Anfield«, schmeichel­te Herrlich. Als gegnerisch­er

Trainer habe er die Atmosphäre in Augsburg schon erlebt, und diese sei »wirklich unglaublic­h«. Als nun ehemaliger Augsburger Trainer blickt er auf viele oft triste Geisterspi­ele in den dreizehnei­nhalb PandemieMo­naten zurück, in denen er nur ein Heimspiel vor Publikum erlebt hatte – immerhin ein stimmungsv­olles 2:0 gegen Dortmund vor 6000 Zuschauern im September 2020.

In Erinnerung von Herrlichs Zeit in Augsburg bleibt aber eher ein Missgeschi­ck: sein Gang in einen Supermarkt, um Zahnpasta und Hautcreme zu kaufen. Davon hatte der Trainer freimütig berichtet, obwohl er und die Mannschaft zu einer Corona-Quarantäne verpflicht­et waren. Dass er deshalb zum wiederholt­en Male sein Debüt als Trainer des FCA verpasste und zwei Monate auf dieses warten musste, fügte sich ins Bild. Nun heißt es in Augsburg mit Weinzierl: Zurück in die Zukunft.

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Markus Weinzierl kehrt nach fünf Jahren zum FC Augsburg zurück.

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