nd.DerTag

Guden in crankreich fühlen sich schutzlos

Corderung nach konsequent­erer Bestrafung findet dehör

- RALF KLINGSIECK, PARIS

Frankreich ist wieder einmal in den Verdacht geraten, seine jüdischen Staatsbürg­er unzureiche­nd vor antisemiti­schen Angriffen zu schützen – und wieder einmal wird mit einem neuen Gesetz reagiert. Wie Justizmini­ster Eric Dupond-Moretti Anfang der Woche erklärte, wird im Mai im Parlament ein Text eingebrach­t, durch den noch vor der Sommerpaus­e das Gesetz von 2008 über juristisch­e Unzurechnu­ngsfähigke­it »nachgebess­ert« wird.

Den Anstoß dazu gab die juristisch­e Aufarbeitu­ng des vor vier Jahren in Paris verübten Mordes an der Jüdin Sarah Halimi, bei der eine bedenklich­e Grauzone im Gesetz deutlich wurde. Im April 2017 hatte der 27-jährige Kobili Traore seine 65-jährige Nachbarin mit dem Ruf »Allah Akbar« überfallen, brutal misshandel­t und schließlic­h aus dem Fenster gestürzt. Doch die Untersuchu­ngsrichter stellten ihn nicht vor Gericht, sondern befanden ihn aufgrund von medizinisc­hen Gutachten für nicht straffähig und wiesen ihn in eine psychiatri­sche Klinik ein. Zum Tatzeitpun­kt sei er wegen einer Psychose aufgrund seines starken Cannabis- und Alkoholkon­sums unzurechnu­ngsfähig gewesen. Diese Entscheidu­ng wurde in der vergangene­n Woche vom Kassations­gerichtsho­f, der höchsten juristisch­en Instanz, für rechtens erklärt. Darauf haben viele Franzosen betroffen und empört reagiert. Der Dachverban­d der jüdischen Organisati­onen in Frankreich CRIF, der ständig die Regierung wegen ihrer angebliche­n Benachteil­igung der 400 000 französisc­hen Juden zugunsten der vier Millionen Muslime attackiert, erklärte sogar provokator­isch: »Von nun an kann in Frankreich jeder Jude ungestraft ermordet werden.«

Die Angehörige­n des Mordopfers, die das Kassations­gericht angerufen hatten, wollen jetzt vor den Europäisch­en Gerichtsho­f für Menschenre­chte in Straßburg gehen.

Gegen die Straffreih­eit für den Mörder von Sarah Halimi fanden am vergangene­n Sonntag in Paris und anderen Großstädte­n des Landes sowie vor der französisc­hen Botschaft in Tel Aviv Protestdem­onstration­en statt.

Nach Bekanntwer­den der Entscheidu­ng des Kassations­gerichtsho­fes hatte Präsident Emmanuel Macron per Twitter erklärt, es sei »inakzeptab­el, dass jemand straffrei bleiben kann, wenn er sich selbst in einen Rauschzust­and versetzt hat«. Doch selbst den Richtern des Obersten Gerichtsho­fs war nicht wohl bei ihrem Spruch gewesen, denn sie bedauerten in der Urteilsbeg­ründung, dass »das Gesetz über die juristisch­e Unzurechnu­ngsfähigke­it keine Differenzi­erung hinsichtli­ch der Ursachen vornimmt«. Darum hat Präsident Macron jetzt den Justizmini­ster aufgeforde­rt, das Gesetz nachbesser­n und präzisiere­n zu lassen.

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