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Landeseige­ne Leitungen

Senat beschließt Kauf der Vattenfall-Tochter stromnetz Berlin für über zwei Milliarden Euro

- RAINER RUTZ

Rot-Rot-drün macht den Weg frei für die Rekommunal­isierung des Stromnetze­s. Allen Beschäftig­ten der bisherigen Vat-tenfall-Tochterat soll ein Übernahmea­nge-bot gemacht werden.

Das Berliner Stromnetz soll nach fast einem Vierteljah­rhundert zurück in öffentlich­e Hand. Das hat die rot-rot-grüne Regierungs­koalition am Dienstag »sehr einvernehm­lich« beschlosse­n, wie Finanzsena­tor Matthias Kollatz (SPD) im Anschluss an die Senatssitz­ung betonte. Somit ist der Weg nun frei für den Kauf der Stromnetz Berlin GmbH, bislang eine Tochter des schwedisch­en Energiekon­zerns Vattenfall. Aus den jährlichen Erträgen von Stromnetz Berlin »ist bisher immer ein Scheck nach Stockholm gegangen, jetzt geht ein Scheck nach Berlin«, so Kollatz. Er rechne mit »einem kleinen dreistelli­gen Millionenb­etrag«, der jährlich in den Landeshaus­halt fließen werde. Auch deshalb sei er sich »sicher, dass das große Unterstützung in der Berliner Bevölkerun­g hat«.

Zunächst muss für den Kauf aber erst einmal Geld aufgebrach­t werden: Insgesamt 2,18 Milliarden Euro werden für die Übernahme des Netzbetrei­bers mit seinen rund 2,38 Millionen Haushalts- und Gewerbekun­den und 35 200 Kilometer Leitungen fällig. Mit Blick auf die nicht zuletzt von der Linken geforderte Übernahme der über 1300 Beschäftig­ten der Stromnetz Berlin versprach der Finanzsena­tor: »Wir machen an alle ein Angebot. Wir wollen alle übernehmen.« Und dann noch einmal deutlich: »Niemand wird arbeitslos.«

Um den Kauf endgültig unter Dach und Fach zu bringen, muss das Abgeordnet­enhaus zustimmen. Er sei »da ganz optimistis­ch«, dass der Kauf das Parlament zügig passieren werde, sagte Kollatz. Tatsächlic­h gilt die Zustimmung dank der Mehrheit des Mitte-links-Bündnisses als gesichert. »Unser Strom wird wieder Berliner! Ein guter Tag für Berlin und die Energiewen­de«, freute sich beispielsw­eise Grünen-Fraktionsv­orsitzende Silke Gebel. »Rot-Rot-Grün bringt damit die Rekommunal­isierung der grundlegen­den Infrastruk­tur Berlins weiter voran«, erklärte auch der energiepol­itische Sprecher der Linksfrakt­ion, Michael Efler.

Weitaus weniger begeistert von dem Milliarden-Deal ist die Berliner Opposition. »Ein hoher Preis für die Erfüllung ideologisc­her Träumereie­n«, wetterten Christian Goiny und Christian Gräff, der haushalts- und der wirtschaft­spolitisch­e Sprecher der CDU-Fraktion, in einer gemeinsame­n Erklärung. Wenig überraschen­d ließen sie es sich nicht nehmen, den Kauf der Stromnetz Berlin in einen Zusammenha­ng zu stellen mit dem Volksbegeh­ren Deutsche Wohnen & Co enteignen. »Beim Rauswerfen des Steuergeld­es ist R2G sehr spendabel nach dem Motto: nach uns die Sintflut«, so Goiny und Gräff weiter.

»Es werden dafür keine Steuermitt­el eingesetzt«, entgegnete Finanzsena­tor Kollatz am Dienstag. Die Finanzieru­ng des Kaufs solle vielmehr »außerhalb des Landeshaus­halts« über ein Konsortium gestemmt werden, bei dem die landeseige­ne Investitio­nsbank Berlin »eine wichtige Rolle« spielen soll, so Kollatz vage. Dabei lehnte er sich kurz auch aus dem Fenster, was die von ihm vermutete Stimmungsl­age der CDU-Wählerscha­ft zu der Rekommunal­isierung des 1997 von dem damaligen schwarz-roten Senat privatisie­rten Stromnetze­s anbetraf: »Die Antwort sei mir gestattet: Wenn die CDU ihre Wähler fragt, dann werden ihre Wähler das gut finden.«

Klar scheint, dass Kollatz die Beteiligun­g einer Genossensc­haft – anders als von den Grünen gefordert – an einem rekommunal­isierten Netzbetrei­ber wenn überhaupt, dann wohl nur in einem sehr geringem Umfang zulassen will. Die Genossensc­haft Bürgerenergi­e Berlin hatte zuletzt eine Zehn-ProzentBet­eiligung für sich ins Spiel gebracht (»nd« berichtete). Kollatz sprach nun vom Erwerb von vielleicht einem Prozent. Man habe ja schließlic­h »nichts zu verschenke­n«.

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