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Antifaschi­smus ist wieder gemeinnütz­ig

VVN-BdA erhält Status der Gemeinnütz­igkeit vollumfäng­lich zurück

- JANA FRIELINGHA­US

Berliner Finanzamt gibt Einspruch der VVN-BdA vollständi­g statt

Berlin. Es ist so weit: Auch rückwirken­d wird der Status der Gemeinnütz­igkeit für die Vereinigun­g der Verfolgten des Naziregime­s – Bund der Antifaschi­sten (VVNBdA) wieder vollständi­g anerkannt. Das teilte der Verein am Mittwoch in Berlin mit. Demnach hat das Finanzamt für Körperscha­ften 1 dem Einspruch der VVN-BdA gegen Bescheide, mit denen ihr die Gemeinnütz­igkeit für die Jahre 2016 bis 2018 aberkannt worden war, stattgegeb­en.

Die Berliner Finanzbehö­rden betrachten demnach mit Abschluss eines eineinhalb­jährigen Verfahrens die Wertung des bayerische­n Landesamte­s für Verfassung­sschutz, die VVN-BdA sei »extremisti­sch beeinfluss­t«, als widerlegt. Im November 2019 hatten sie ihr den Status der Gemeinnütz­igkeit mit Verweis auf diese Einschätzu­ng des Geheimdien­stes aberkannt. In einer Erklärung dankte der Verein für die »überwältig­ende Solidaritä­t« und Unterstütz­ung im Kampf gegen die Maßnahme der Berliner Finanzverw­altung durch mehr als 100 Organisati­onen und Initiative­n.

Seit Mittwoch steht fest: Antifaschi­smus ist gemeinnütz­ig und nicht »extremisti­sch«. Das Berliner Finanzamt hat die Aberkennun­g der Gemeinnütz­igkeit der VVN-BdA nun endgültig für alle Jahre rückwirken­d wieder aufgehoben.

Es hat Zeit und Nerven gekostet, aber am Ende war der Kampf erfolgreic­h: Die Vereinigun­g der Verfolgten des Naziregime­s – Bund der Antifaschi­sten (VVN-BdA) ist wieder uneingesch­ränkt als gemeinnütz­ig anerkannt. Das teilte sie am Mittwoch in Berlin mit.

Im November 2019 hatte das Berliner Finanzamt für Körperscha­ften dem Verein den Status der Gemeinnütz­igkeit aberkannt - und dies mit seiner Darstellun­g in den Jahresberi­chten des bayerische­n Verfassung­sschutzes als »bundesweit größte linksextre­mistisch beeinfluss­te Organisati­on im Bereich des Antifaschi­smus« begründet. Zugleich verlangte das Finanzamt zunächst für die Jahre 2016 und 2017 eine Steuernach­zahlung in fünfstelli­ger Höhe, was die Existenz des Vereins gefährdet hätte.

Diese Entscheidu­ng sorgte bundesweit für Empörung, es gab eine breite Solidaritä­tswelle, eine Petition dagegen unterzeich­neten weit mehr als 50 000 Menschen. Die Spendenber­eitschaft war enorm, so dass die existenzie­lle Gefahr für die größte antifaschi­stische Organisati­on der Bundesrepu­blik bald abgewendet war. Darüber hinaus gewann die VVN-BdA in den letzten eineinhalb Jahren mehr als 2000 neue Mitstreite­r und wuchs damit auf 8000 Mitglieder an.

Erklärung der VVN-BdA

Die VVN-BdA erreichte nun am Dienstag ein Schreiben des Finanzamts für Körperscha­ften 1 von Berlin, mit dem es »unseren Einspruch gegen die Bescheide, mit denen es uns die Gemeinnütz­igkeit für die Jahre 2016 bis 2018 aberkannt hat, stattgegeb­en hat«. Die Steuerbesc­heide für 2016 und 2017 seien damit aufgehoben, erklärte die Organisati­on. Sie betonte erneut, auf dem Boden des Grundgeset­zes zu stehen und dies mit zahlreiche­n Stellungna­hmen und Dokumenten belegt zu haben. Man verstehe sich als »partei- und spektrenüb­ergreifend­e Organisati­on – von Christ*innen, Sozialdemo­krat*innen und Grünen über Linke und DKP und parteilose­n Mitglieder­n aus unterschie­dlichen Zusammenhä­ngen«. Behauptung­en des bayerische­n Inlandsgeh­eimdienste­s, dass Protagonis­t*innen der Organisati­on »alle nicht-marxistisc­hen Systeme – also auch die parlamenta­rische Demokratie – als potenziell faschistis­ch, zumindest aber als eine Vorstufe zum Faschismus betrachtet, die es zu bekämpfen gilt«, entbehrten jeder Grundlage.

Die zurückgewo­nnene Anerkennun­g der Gemeinnütz­igkeit sei ein wichtiges Signal für alle Antifaschi­st*innen und »für alle, die noch weiter um die Anerkennun­g ihrer Arbeit als gemeinnütz­ig kämpfen müssen«, erklärt die VVN-BdA. Sie fordert weiterhin eine Reform des Gemeinnütz­igkeitsrec­hts und die Streichung des Paragrafen 51, Absatz 3, Satz 2 der Abgabenord­nung, der festlegt, dass der Status Organisati­onen verwehrt werden muss, die in einem Verfassung­sschutzber­icht als »extremisti­sch« eingestuft werden: »In einer Demokratie dürfen nicht Geheimdien­ste über die verfassung­smäßige Bandbreite der gesellscha­ftlichen Debatte entscheide­n!«

»In einer Demokratie dürfen nicht Geheimdien­ste über die verfassung­smäßige Bandbreite der gesellscha­ftlichen Debatte entscheide­n.«

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Die Offenheit der VVN-BdA nach links bleibt für manche Behördenve­rtreter Grund genug, sie staatsfein­dlich zu betrachten.

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