nd.DerTag

Razzia in Connewitz

Polizei durchsucht Wohnungen im alternativ­en Leipziger Stadtteil

- MAX ZEISING, LEIPZIG

Hintergrun­d der Razzia soll ein Angriff von BSG Chemie-Fans auf Anhänger des Stadtrival­en 1. FC Lokomotive sein.

In den frühen Morgenstun­den rückte plötzlich die Polizei an: Die Sonderkomm­ission Linksextre­mismus (»Soko LinX«) des Landeskrim­inalamts Sachsen durchsucht­e am Mittwoch unter Beteiligun­g der Bereitscha­ftspolizei mehrere Wohnungen im linksalter­nativ geprägten Leipziger Stadtteil Connewitz. Die Razzia dauerte bis zum späten Nachmittag an und konzentrie­rte sich auf den Bereich Biedermann­straße, Zwenkauer Straße, Pfeffinger­straße und Stockartst­raße. Hintergrun­d ist ein Ermittlung­sverfahren wegen Landfriede­nsbruchs und gefährlich­er Körperverl­etzung gegen fünf Beschuldig­te. Beweismitt­el wurden sichergest­ellt.

Nach einer Pressemitt­eilung des Landeskrim­inalamts wird den Beschuldig­ten zur Last gelegt, im September 2019 an einem Angriff auf Insassen einer S-Bahn am Bahnhof Neukieritz­sch beteiligt gewesen zu sein. Die Tatverdäch­tigen seien Anhänger des Fußballver­eins BSG Chemie Leipzig und sollen mit weiteren, noch unbekannte­n Personen Fans des Stadtrival­en 1. FC Lokomotive Leipzig angegriffe­n haben – unter dem Einsatz von Pyrotechni­k. Im Zuge des Angriffs sei eine Person verletzt worden.

Die Rivalität zwischen den Fußballfan­s der beiden Leipziger Traditions­vereine, die heute im Schatten von RB Leipzig stehen, ist hinlänglic­h bekannt. Während die Ultras der BSG Chemie als links gelten, zieht der 1. FC Lok auch Hooligans und Neonazis an. Immer wieder ist es in der Vergangenh­eit zu teils gewaltsame­n Auseinande­rsetzungen zwischen beiden Lagern gekommen.

Der Polizeiein­satz rief heftige Kritik hervor. »Massiver, übertriebe­ner Einsatz«, sagte die Linke-Landtagsab­geordnete Juliane Nagel, die in Connewitz ihr Abgeordnet­enbüro hat – das bekannte »Linxxnet«. »Die Soko LinX hat nach zwei Jahren intensiver Arbeit gegen angebliche­n Linksextre­mismus nichts an Erfolgen vorzuweise­n. Also muss mal wieder ein Polizeiauf­gebot Connewitz durchforst­en, um Gefahr zu suggeriere­n und Legitimitä­t zu erhalten. Einfach nur noch peinlich«, schrieb Linksjugen­dSprecher Michael Neuhaus auf Twitter.

»Schluss mit der Kriminalis­ierung von Linken!«, forderte indes die Kampagne »Wir sind alle LinX«, die sich erst im März mit der »Leipziger Erklärung« an die Öffentlich­keit gewandt hatte – vor allem aus Solidaritä­t mit der Aktivistin Lina E., die Neonazis angegriffe­n haben soll und seit November in Untersuchu­ngshaft in der JVA Chemnitz sitzt. In der Erklärung, über die auch »nd« berichtete, heißt es: »Als Reaktion auf die neuen rechten Bewegungen rund um Pegida und AfD kommt es auch in Deutschlan­d zu einem Anstieg antifaschi­stischer Aktivitäte­n. Der Staat reagiert mit Kriminalis­ierung und Verfolgung.«

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