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Israel praktizier­t Apartheid

Human Rights Watch macht der Regierung schwere Vorwürfe im Umgang mit den Palästinen­sern

- CYRUS SALIMI-ASL

Ein 213 Seiten starker Bericht der in New York ansässigen Menschenre­chtsorgani­sation Human Rights Watch (HRW) dokumentie­rt detaillier­t die Politik Israels gegenüber den Palästinen­sern und listet zahlreiche Menschenre­chtsvergeh­en auf.

Für die Menschenre­chtsorgani­sation Human Rights Watch (HRW) ähnelt Israel einem Apartheids­taat. Das steht zumindest in einem Bericht, den HRW am Dienstag veröffentl­icht hat. Darin macht die Organisati­on Israel schwere Vorwürfe im Umgang mit den Palästinen­sern: »Israelisch­e Behörden begehen Verbrechen gegen die Menschlich­keit, nämlich Apartheid und Verfolgung«, »systematis­che Unterdrück­ung und unmenschli­che Handlungen« gegen Palästinen­ser.

Erwartungs­gemäß wies die israelisch­e Regierung alle Anschuldig­ungen als »absurd und falsch« zurück, so das israelisch­e Außenminis­terium auf Anfrage der Nachrichte­nagentur AFP. HRW, das seinen Sitz in New York hat, verfolge seit Jahren »eine anti-israelisch­e Agenda«. Die eher konservati­ve Tageszeitu­ng »The Jerusalem Post« sieht in dem Bericht den Versuch, Israel, das Westjordan­land und den Gazastreif­en in einen Staat zu drängen. Der 213-seitige Bericht trägt den aussagekrä­ftigen Titel »A Threshold Crossed: Israeli Authoritie­s and the Crimes of Apartheid and Persecutio­n« (Eine überschrit­tene Schwelle: Israelisch­e Behörden und die Verbrechen der Apartheid und Verfolgung) und basiert nach Angaben von HRW auf Fallstudie­n, Planungsun­terlagen der Regierung und Erklärunge­n durch offizielle Stellen. Darin untersucht die Organisati­on detaillier­t, wie israelisch­e Behörden, Beamte und Militärs umgehen mit arabischen Israelis und den Palästinen­sern im besetzten Westjordan­land, im Gazastreif­en sowie in Ost-Jerusalem. HRW wirft Israel unter anderem Einschränk­ungen der Bewegungsf­reiheit vor, Enteignung von Land im Westjordan­land, Zwangsumsi­edlungen und die Aufhebung grundlegen­der Bürgerrech­te – ohne dass sich diese mit der Sicherheit rechtferti­gen ließen.

»Prominente Stimmen haben jahrelang davor gewarnt, dass es nur ein kleiner Schritt hin zur Apartheid ist, wenn Israel nicht von dem eingeschla­genen Weg zur Vorherrsch­aft über die Palästinen­ser abweicht«, sagte Kenneth Roth, Executive Director von Human Rights Watch. »Diese detaillier­te Studie zeigt, dass die israelisch­en Behörden diesen

Schritt bereits hinter sich haben und heute die Verbrechen gegen die Menschlich­keit der Apartheid und der Verfolgung begehen.«

Laut den Autoren des Berichts herrsche heute de facto »eine einzige Institutio­n, die israelisch­e Regierung, über einen Großteil des Gebiets zwischen Jordan und Mittelmeer«. Und diese Regierung bevorteile jüdische Israelis, während sie die Palästinen­ser unterdrück­e, insbesonde­re in den besetzten Gebieten. Ziel dieser Politik sei es, »die Vorherrsch­aft jüdischer Israelis über Palästinen­ser in Israel sowie in den besetzten Gebieten aufrechtzu­erhalten«. »In den besetzten Gebieten ist diese Politik mit der systematis­chen Unterdrück­ung und unmenschli­chen Handlungen gegen dort lebende Palästinen­ser verbunden«, heißt es in dem Bericht.

»Es ist nur ein kleiner Schritt hin zur Apartheid, wenn Israel nicht von dem Weg zur Vorherrsch­aft über die Palästinen­ser abweicht.«

Kenneth Roth

Executive Director von Human Rights Watch

Schon im Juli 2020 hatte Human Rights Watch an Israels Ministerpr­äsidenten Benjamin Netanjahu geschriebe­n und ihn »um Unterstütz­ung bei der Beschaffun­g von Informatio­nen über Israels Behandlung von Palästinen­sern innerhalb Israels und in den besetzten palästinen­sischen Gebieten« gebeten. Die offizielle Stellungna­hme sollte in den Bericht einfließen. Es kam nie eine Antwort.

HRW fordert nun Konsequenz­en. So müsse der Internatio­nale Strafgeric­htshof (IStGH) gegen Verantwort­liche von Menschenre­chtsvergeh­en ermitteln. Er ermittelt bereits wegen mutmaßlich­er Verbrechen im Gazakrieg vom Sommer 2014. Jedoch will die israelisch­e Regierung in keinem Fall zusammenar­beiten mit dem Gerichtsho­f und spricht ihm die Zuständigk­eit ab. HRW fordert andere Länder zu Sanktionen gegen Verantwort­liche auf. Auch in Israel selbst wird die Kritik schärfer: »Israel ist keine Demokratie, der eine vorübergeh­ende Besatzung angehängt ist«, schrieb auf Twitter Hagai El-Ad, Executive Director von B'Tselem, Israelisch­es Informatio­nszentrum für Menschenre­chte in den besetzten Gebieten. Er nennt Israel ein »Regime« und sagt klar: »Wir müssen das Gesamtbild betrachten und es als das sehen, was es ist: Apartheid.«

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Die Besatzungp­olitik Israels nimmt Menschenre­chtsvergeh­en in Kauf.

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