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Wirtschaft sucht cachkräfte

Coronakris­e verschärft ohnehin bestehende­n Qualifizie­rten-ManÖel dramatisch

- CLAUDIA KRIEG

Die Lücke wächst weiter: Bis zu 377 000 fehlende cachkräfte proÖnostiz­iert die Industrie- und eandelskam­mer für das gahr 203R in der eauptstadt­K Um dem entÖeÖenzu­steuern, fordert die Wirtschaft mehr politische AnstrenÖun­ÖenK

Dieter Mießen sagt nur wenige Sätze, aber die bleiben hängen: »Wenn jemand seine Hausaufgab­en auf dem Smartphone der Mutter machen muss, dann fällt die Berufsorie­ntierung weg«, erklärt der Kaufmännis­che Leiter bei der Frisch & Faust Tiefbau GmbH am Mittwochmo­rgen. Mießen versucht, den Teilnehmer*innen der OnlinePräs­entation des diesjährig­en Fachkräfte­monitors begreiflic­h zu machen, wie schwer es ist, Jugendlich­e aus sozial benachteil­igten Familien zu erreichen, wenn es um eine mögliche Berufsausb­ildung geht. Dieser Umstand verschärft­e sich mit Beginn der Pandemie umso mehr, weil mögliche Beratungst­ermine »nicht 1:1 in ein Onlineange­bot übertragen wurden«, kritisiert der Kaufmann. Man habe die Mitarbeite­r*innen aus den Jugendberu­fsberatung­en abgezogen, um die Lücken im Leistungsb­ezug wegen coronabedi­ngter Kurzarbeit und Jobverlust zu schließen – zu Recht, erläutert Mießen. »Aber man kann nicht das eine tun und das andere lassen.«

cast 380 000 cachkräfte fehlen

Die Jugendlich­en, von denen Dieter Mießen spricht, könnten zu den künftig fehlenden Fachkräfte­n in der Hauptstadt zählen. Die Prognose des sich verschärfe­nden Mangels von beruflich Qualifizie­rten fällt seitens der Industrie- und Handelskam­mer (IHK) Berlin dramatisch aus. »Wir gehen davon aus, dass dieser im Jahr 2035 siebenmal höher liegt als in diesem Jahr«, so Jörg Nolte von der IHK. In 13 Jahren bliebe demnach jede vierte Stelle, für die eine berufliche Qualifikat­ion notwendig ist, unbesetzt. Noch deutlicher gestaltet es sich bei den Akademiker*innen. Hier bliebe sogar jede dritte Stelle unbesetzt.

Besonders drastisch zeige sich der Mangel in technische­n Berufen, etwa in der Industrie

oder der Fertigungs­technik, heißt es. Hier könnte das Angebot an Fachkräfte­n im Jahr 2035 lediglich knapp 40 Prozent der Nachfrage decken, erwartet die IHK. »Beruflich Qualifizie­rte mit technische­r Ausrichtun­g spielen eine zentrale Rolle, wenn es darum geht, akute Herausford­erungen wie den Strukturwa­ndel, Digitalisi­erung oder Maßnahmen für mehr Nachhaltig­keit und Klimaschut­z anzugehen«, so die Einschätzu­ng der IHK. Aber auch in Erziehungs­und Pflegeberu­fen fehlten viele Fachkräfte. 45 Prozent der Stellen blieben in dieser Branche demnach bis 2035 unbesetzt.

Problem soll politisch Öelöst werden

Um dem Problem zu begegnen, bräuchte es in Berlin unter anderem bezahlbare­n Wohnraum sowie ein ausreichen­des Angebot an Betreuungs­plätzen, sagte Nolte. »Uns ist es wichtig, die Rahmenbedi­ngungen zur Schaffung neuer Jobs anzukurbel­n.« Der IHK-Vertreter sieht die Landesregi­erung aber auch beim Abbau von Bürokratie und anderen Hinderniss­en in der Pflicht, die einer gezielten Erwerbsmig­ration entgegenst­ehen.

Wenn Jörg Nolte von einer »Stärkung der Willkommen­skultur« spricht, geht es ihm jedoch vor allem um die Hochqualif­izierten, denen man für ihre Kinder ein »optimales Bildungsan­gebot« machen müsse – noch spielten die Berliner Schulen nicht »in der internatio­nalen Top-Liga«.

Generell müssten in den Schulen wiederum mehr und bessere berufsorie­ntierende Angebote für die Schüler*innen gemacht werden. »Vielen Jugendlich­en ist gar nicht bewusst, welche Talente sie eigentlich haben. Viele entscheide­n sich dann für einfachere Wege als etwa eine Ausbildung«, so Nolte.

Klar ist, die Coronakris­e verringert den Fachkräfte-Engpass nur vorübergeh­end. Ohne die Pandemie und ihre Auswirkung­en würde die prognostiz­ierte »Lücke« zwischen Fachkräfte­angebot und -nachfrage bei 138 000 liegen; durch die Krise liegt sie aktuell hingegen »nur« bei 55 000, so die IHK. Gemeint sind hier die von den Eindämmung­smaßnahmen besonders betroffene­n Branchen Gastgewerb­e, Handel, Industrie sowie die personenbe­zogenen Dienstleis­tungen.

Die Lücke klafft aber schon in diesem Jahr wieder weiter auf. Im Gesundheit­swesen zeigt der Vergleich mit der Vor-CoronaProg­nose, dass 2021 sogar zusätzlich 2000 Fachkräfte fehlen werden. Spätestens mit dem Renteneint­ritt der sogenannte­n Babyboomer-Jahrgänge ab Mitte der 2020er Jahre wird sich die Lage in allen Branchen allerdings dramatisch verschärfe­n.

»Corona-Effekt« wirkt bereits

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