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Ceiern in der Pandemie

Honzertbes­uche ohne Maske, Abstand und AnÖst – an diesem Ziel arbeitet Barcelona mit viel Aufwand

- MAREN HÄUSSERMAN­N

Beeindruck­end: 5000 Menschen in der Stadthalle Palau de Sant Jordi in Barcelona. Sie schauen zur Bühne hoch, singen mit, tanzen, die Arme in die Luft gestreckt, sie klatschen und filmen die Band »Love of Lesbian«. Es ist der zweite Schritt im Versuch, das spanische Nachtleben zu reaktivier­en. Beim ersten waren 500 Leute in den kleineren Konzertsaa­l Sala Apolo eingeladen. Als man im Anschluss kein Infektions­cluster nachweisen konnte, hängte man eine Null ran – an die Besucherza­hl für den nächstgröß­eren Versuch.

Am 27. März, dem Tag des ersten Massenkonz­erts in der Pandemie, mussten alle Besucher einen Antigentes­t machen, mit dessen Ergebnis sie nach 10 Minuten per Handy informiert wurden, ob sie Teil des Experiment­s werden durften. Sechs positiv getesteten Personen blieb das Erlebnis verwehrt, der Rest bekam gratis FFP2-Masken und Desinfekti­onsmittel. Einen Monat später ziehen die Veranstalt­er Bilanz: Der Versuch sei ein voller Erfolg gewesen.

Unter den Besuchern, die alle für eine potenziell­e Nachverfol­gung bei späterer Erkrankung registrier­t wurden, habe es nach der Veranstalt­ung lediglich sechs positive Fälle gegeben. Bei vier Besuchern konnte keine Ansteckung im Konzert nachgewies­en werden, auch bei den restlichen vermutet man den Infektions­ursprung woanders, »da es durch das ständige Tragen der Masken kaum möglich war, sich anzustecke­n«, hieß es.

Das Wichtigste sei eine gute Ventilatio­n. So seien die Toiletten gefährlich­e Orte, gewisserma­ßen große Petrischal­en, in denen sich die Viren sammeln. Der Arzt Bonaventur­a Clotet Sala, der die Veranstalt­ung wissenscha­ftlich begleitete, sagt: »Bei OutdoorKon­zerten kann man abwägen, ob Antigentes­ts überhaupt notwendig sind. Die FFP2Masken, die sehr effektiv sind, reichen aus.« Für geimpfte Personen sieht er auch die Option, auf Masken gänzlich zu verzichten, wobei diese sich gegenseiti­g auch weiterhin infizieren könnten. »Das muss wissenscha­ftlich noch richtig bewertet werden.«

Die Menschen auf der Straße können es nicht glauben. »Ich würde erst wieder in ein, zwei Jahren auf so eine Veranstalt­ung gehen«, sagt Candela Ponseti, eine Jugendlich­e, die mit ihren Freunden am Rande der Altstadt unterwegs ist und auf die SiebenTage-Inzidenz hinweist, die an diesem Tag Ende April in Katalonien bei fast 160 liegt. »So weit ich sehe, respektier­en die Menschen die Maßnahmen nicht ausreichen­d, um fünf Uhr nachmittag­s zum Beispiel sieht man viele ohne Maske.«

Es ist ein regenverha­ngener Tag. Ohne die Touristen sind die Straßen leer, und auch die Terrassen der Cafés und Restaurant­s, die von 7 bis 17 Uhr geöffnet haben dürfen, sind kaum besetzt. Auf einer davon sitzt der Schauspiel­er Hodei Arrastao mit seiner Freundin. Die Barcelones­en können Museen, Kinos undTheater besuchen – die Zahl der Gäste ist allerdings limitiert. Doch die meisten bleiben aus Angst vor einer Ansteckung lieber zu Hause. Umso mehr freut sich der junge Mann über die Nachrichte­n vom Konzert: »Wir haben große Lust, dass man wieder Kulturelle­s machen kann, auch in dieser Größe. Und dass auch die Diskotheke­n mit Sicherheit­smaßnahmen wieder öffnen können. Es muss wieder Bewegung gehen, denn das ist gesund.«

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