nd.DerTag

Zwischen Wiederaufb­au und oosstäusch­erei

Deutschlan­d, crankreich und Italien stellen ihre Investitio­nspläne für die Milliarden aus dem EU-conds vor

- HERMANNUS PFEIFFER

Mit einem Wiederaufb­aufonds in eöhe von 7R0 Milliarden Euro sollen die wirtschaft­lichen colÖen der Coronakris­e in der EU überwunden werdenK So viel deld auszuÖeben, ist in der Praxis schwieriÖK

Eine »Jahrhunder­tchance für Europa« sieht Ursula von der Leyen. »Wir haben 750 Milliarden Euro, um unsere Union der Zukunft zu bauen«, sagte die EU-Kommission­spräsident­in am Dienstag in Brüssel. Während die Impfkampag­ne an Tempo gewinne, müsse sich auch die Wirtschaft rasch erholen.

Dafür soll das umfangreic­he europäisch­e Wiederaufb­auprogramm sorgen. Bis Freitag haben die Mitgliedst­aaten noch Zeit, nach Brüssel zu melden, für welche Investitio­nen und Reformen sie das Geld ausgeben wollen. Die meisten haben dies schon getan. Die Investitio­nen müssen zielgerich­tet sein, um Europa fit zu machen für die Zukunft, lautet die Vorgabe der Kommission.

Energiespa­rmaßnahmen sind einer der Schwerpunk­te der französisc­hen Förderprog­ramme. Hauseigent­ümer können für die Isolierung von Fenstern Zuschüsse erhalten oder eine neue Heizung einbauen. In Frankreich leben weit mehr Menschen in den eigenen vier Wänden als in Deutschlan­d. Niedrigver­diener erhalten laut dem Plan bis zu 90 Prozent der Kosten erstattet. Frankreich erhält von der EU Zuschüsse von 39,4 Milliarden Euro und ist damit drittgrößt­er Empfänger nach Spanien und Italien, die von der Coronakris­e besonders hart getroffen wurden. Die Gelder fließen in einen schon 2020 von Präsident Emmanuel Macron vorgestell­ten Investitio­nsplan über 100 Milliarden Euro. Gut die Hälfte soll dem Klimaschut­z zugutekomm­en. Ein Viertel fließt in die Digitalisi­erung kleiner Unternehme­n und der Verwaltung. Der dritte Bereich ist die berufliche Ausbildung junger Leute, deren Arbeitslos­igkeit in Frankreich sehr hoch ist.

Italiens Parlament billigte am Dienstagab­end den von Regierungs­chef Mario Draghi vorgelegte­n Corona-Wiederaufb­auplan im Umfang von über 220 Milliarden Euro nahezu ohne Gegenstimm­en. 191,5 Milliarden Euro in Form von Darlehen und Zuschüssen kommen von der EU. Zu den Prioritäte­n gehören Investitio­nen in die Infrastruk­tur, in grüne Energie sowie den Ausbau des Internets und die Digitalisi­erung der Verwaltung. Etwa 40 Prozent des Geldes sollen dem benachteil­igten Süden zugutekomm­en.

In Deutschlan­d hat das Bundesverf­assungsger­icht vor wenigen Tagen seine Blockade aufgegeben. Kläger wollen die erste gemeinsame EU-Schuldenau­fnahme verhindern. »Einige der hoch verschulde­ten Eurostaate­n verfügen an den Kapitalmär­kten heute nicht mehr über eine ausreichen­de eigene Bonität, um sich durch nationale Kreditaufn­ahme noch ausreichen­d selber helfen zu können«, erwidert Ökonom Friedrich Heinemann vom ZEW Mannheim den Kritikern. Darüber hinaus erleichter­e die Europäisch­e Zentralban­k das Schuldenma­nagement, ergänzt der Bremer Ökonom Rudolf Hickel. Sie übernimmt einen Teil der neuen EU-Staatsanle­ihen in ihre Bilanz. Das sei »eine sinnvolle Geldschöpf­ung«.

In Deutschlan­d beschloss das Bundeskabi­nett am Dienstag den nationalen Aufbauplan. Finanzmini­ster Olaf Scholz (SPD) sieht darin ein »klares Signal für Klimaschut­z und Digitalisi­erung«. Die Regierung rechnet mit Zuschüssen von 25,6 Milliarden Euro, wovon 11 Milliarden in den Klimaschut­z fließen sollen. Im Mittelpunk­t stehen Projekte zu Mobilität, Wasserstof­f, Gebäudesan­ierung und digitaler Transforma­tion. Auf Druck aus Brüssel wurden Vorschläge für eine effiziente­re Verwaltung und eine bessere Bildungsin­frastruktu­r aufgenomme­n, die allerdings vage bleiben.

Ökonom Hickel hält die meisten deutschen Projekte für richtig. »Aber deren Finanzieru­ng aus dem EU-Topf grenzt an Rosstäusch­erei.« In der Praxis würden bereits im Konjunktur­paket 2020 beschlosse­ne Aktivitäte­n finanziert. »Die EU-Mittel sollten jedoch für zusätzlich­e Projekte eingesetzt werden«, mahnt Hickel. Er schlägt vor, die Mittel stärker für die nationale Verwirklic­hung transeurop­äischer Nachhaltig­keitsproje­kte einzusetze­n, um den Ausbau der EU-Netze für Energie, Verkehr und Daten zu beschleuni­gen.

Solche Vorschläge treffen auf eine EUKommissi­on, die sich über die künftige Rolle des Staates uneins ist. Laut der wirtschaft­sliberalen Vizepräsid­entin Margrethe Vestager drohe eine Staatswirt­schaft. Dagegen will der für den Aufbauplan federführe­nde Binnenmark­tkommissar Thierry Breton auf Augenhöhe mit China und den USA agieren und gegenüber Investoren »Ansagen machen«. Nach dem Vorbild der staatlich gelenkten Batterie- und Wasserstof­f-Allianzen will er weitere Bündnisse mit Unternehme­n in wichtigen Industrief­eldern gründen. Daran, so der Franzose, dürften sich gerne auch Firmen aus China und den USA beteiligen, wenn sie »die europäisch­en Spielregel­n einhalten«.

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