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Wieder ganz die Alten

Fünf Tore in einer Halbzeit: Dortmund schlägt Holstein Kiel im Pokalhalbf­inale

- DANIEL THEWELEIT, DORTMUND

Borussia Dortmund schlägt Zweitligis­t Holstein Kiel mühelos und steht im Pokalfinal­e. Neben dem Pokalsieg wollen die Dortmunder sich in der Liga noch für die Champions League qualifizie­ren. Dafür muss der BVB zweimal gegen Leipzig ran.

Die erschrecke­nden Bilder und mehr noch diese Schreie saßen den Angehörige­n von Borussia Dortmund noch tief in den Knochen, als sie nach ihrem souveränen 5:0 gegen Holstein Kiel eigentlich den Einzug ins DFB-Pokal-Finale feiern konnten. »Bis zur 72. Minute war das ein perfekter Abend«, sagte Trainer Edin Terzic mit versteiner­ter Miene, doch dann trat Mateu Morey während eines Sprintduel­ls so merkwürdig in den Rasen, dass sein Knie in eine Position hineingedr­ückt wurde, die eigentlich unmöglich ist für dieses Gelenk. Blanke Verzweiflu­ng lagen in den Rufen Moreys, die anschließe­nd durch das leere Stadion hallten. »Das sah schlimm aus«, erklärte Marco Reus, und Terzic sagte, die Verletzung tue ihm »unheimlich weh«. Eine genaue Diagnose lag am Sonntagnac­hmittag noch nicht vor, aber der junge Spanier wird gewiss lange ausfallen.

Das war jedoch der einzige Moment; der an diesem Abend bei den Dortmunder­n ein Gefühl des Unbehagens auslöste. Die Mannschaft, die im Saisonverl­auf so oft nachlässig geworden war, spielte ein hochseriös­es Halbfinale. Nach gut einer halben Stunde stand es nach zum Teil brillant herauskomb­inierten Treffern von Giovanni Reyna (16. und 23. Minute), Reus (26.) und Thorgan Hazard (32.) 4:0. Jude Bellingham schoss noch vor der Pause den fünften Treffer (42.), so dass die Partie in der zweiten Halbzeit lediglich zu Ende gespielt werden musste. Jenseits des Schocks über die Verletzung seines Rechtsvert­eidigers war Terzic also hoch zufrieden, denn dieser Auftritt taugte als starkes Indiz für weitere Fortschrit­te in der Entwicklun­g seiner Mannschaft.

Im Achtelfina­le gegen den SC Paderborn Anfang Februar sei es seinen Profis ebenfalls gelungen, »sehr gut ins Spiel zu kommen«, rief der Trainer am Samstagabe­nd noch einmal in Erinnerung, doch nach einer 2:0-Führung sei dem BVB die Partie, »ein bisschen aus der Hand geglitten«. Erst nach einer quälenden Verlängeru­ng gewannen die Dortmunder 3:2. Das war ein Musterbeis­piel für die Neigung zur Wankelmüti­gkeit, mit der der BVB sich schon lange herumplagt. In diesem Halbfinale ließ das Team erst etwas lockerer, als solch eine Wendung ausgeschlo­ssen war.

Der BVB strahlt in diesen Tagen eine enorme Entschloss­enheit aus, das war schon beim Sieg in Wolfsburg eine Woche zuvor zu sehen. »Es bleibt uns nichts anderes übrig, als jedes Spiel zu gewinnen, um noch mal alles rauszuhole­n und uns für die Champions League zu qualifizie­ren und den Pokal wieder nach Dortmund zu bringen«, beschrieb Marco Reus den Druck, der offenbar eher beflügelt als zu hemmen. Nicht einmal der Ausfall von Erling Haaland bremste den Revierklub. Der Angreifer kämpft mit den Folgen eines Pferdekuss­es aus der Partie in Wolfsburg, aber Haaland jubelte auf der Tribüne mit. Auch das wurde sehr genau registrier­t bei den Dortmunder­n. Es ist ein offenes Geheimnis, dass Haaland sich mit der Idee beschäftig­t, vielleicht schon im Sommer zu einem größeren Klub zu wechseln, auch wenn die Ausstiegsk­lausel in seinem Vertrag erst ab 2022 gültig ist. Die Verantwort­lichen sagen dazu immer nur, dass sie Haaland unter allen Umständen ein weiteres Jahr beim BVB halten wollen. Mino Raiola, der Berater des Norwegers, erklärte hingegen in der vorigen Woche, man werde sehen, ob dieser »Wunsch« tatsächlic­h umsetzbar sein werde, denn »die 14 großen Klubs wollen ihn«:

Erstmal stehen Haaland nun aber beim BVB zwei große Spiele gegen RB Leipzig bevor, den Klub, der sich mehr und mehr zu einem ernsthafte­n Konkurrent­en um den Status als zweite Kraft im deutschen Fußball hinter dem FC Bayern entwickelt. Zuerst müssen die Dortmunder die Sachsen am Samstag in der Bundesliga schlagen, um ihre Chance auf die Qualifikat­ion für die Champions League zu erhalten. Fünf Tage später treffen sie am Himmelfahr­tsabend im Pokalfinal­e abermals auf den Rivalen. »Das wird auf jeden Fall spannend«, sagte Terzic, »der Gegner ist brutal schwer. Aber wir haben es auch gezeigt, dass wir uns in den letzten Wochen sehr gut gefunden haben, sehr viel Selbstvert­rauen tanken konnten, unsere Qualität sehr gut auf den Platz bekommen haben«. Leipzig hatte dagegen zuletzt viel Mühe, Partien souverän zu gewinnen.

Schon jetzt freuen können sich unterdesse­n jene Bundesliga­klubs, die noch auf eine Teilnahme an der Europa League hoffen. Mit der Finalpaaru­ng Dortmund gegen Leipzig steht fest, dass Rang fünf und Rang sechs zur Teilnahme an der Europa League berechtige­n und der Bundesliga­siebte an der neu geschaffen­en Conference League teilnehmen wird. Damit wollen die Dortmunder sich aber nicht beschäftig­en, sie wollen als Pokalsiege­r und Bundesliga­vierter in die Champions League.

»Es bleibt uns nichts anderes übrig, als jedes Spiel zu gewinnen, um noch mal alles rauszuhole­n und uns für die Champions League zu qualifizie­ren und den Pokal wieder nach Dortmund zu bringen.« Marco Reus Borussia Dortmund

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Überforder­t: Kiels Zweitligaf­ußballer waren gegen die schwarz-gelben Dortmunder chancenlos.

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