G7 suchen nach einer China-Strategie
Außenministertreffen in London erwägt Erweiterung
Die Außenminister der USA und Großbritanniens, Antony Blinken und Dominic Raab, haben eine wiederbelebte und erweiterte Allianz der G7-Staaten gefordert, die entschlossen ist, offene Gesellschaften und die regelbasierte Ordnung vor Bedrohungen durch China und Russland zu verteidigen. Zu Beginn des Gipfels der G7-Außenminister in London am Montagabend sagte Raab, er sehe »eine wachsende Nachfrage und Notwendigkeit für eine agile Gruppe von Ländern, die die gleichen Werte teilen und das multilaterale System schützen wollen«. Blinken sagte beim ersten persönlichen Gipfel von G7-Ministern seit zwei Jahren, es gehe nicht darum, China in Schach oder klein zu halten. »Wir versuchen, die internationale regelbasierte Ordnung aufrechtzuerhalten, in die unsere Länder in so vielen Jahrzehnten so viel investiert haben, was nicht nur unseren eigenen Bürgern, sondern den Menschen auf der ganzen Welt zugute kam – und übrigens auch China.«
Die G7-Außenminister waren am Montag zu dreitägigen Beratungen in London zusammengekommen. Zu den Gesprächen in London sind auch Südkorea, Australien, Indien und Südafrika eingeladen. Die britische Präsidentschaft will die G7 noch mehr zu einem zentralen »Forum der großen Demokratien« machen. Bundesaußenminister Heiko Maas begrüßte die Initiative. »Immer mehr versuchen autoritäre Staaten oder autoritäre Staatenlenker, ihr Modell gegen das der liberalen Demokratien zu stellen«, sagte er. Deshalb sei es gut, innerhalb der G7 gemeinsame Werte zu definieren und gemeinsame Strategien zu entwickeln. Maas sagte auch, dass er sich mit seinem US-Amtskollegen Blinken am Rande des Gipfels über die Gaspipeline Nord Stream 2 ausgetauscht habe, dabei sei es zu keiner Annäherung der Positionen gekommen. Die USA fordern den sofortigen Baustopp an der Pipeline, die russisches Erdgas nach Deutschland liefern soll.
Das Außenministertreffen in London soll den G7-Gipfel der Staats- und Regierungschefs in Cornwall vom 11. bis 13. Juni vorbereiten. Es wird das erste große Gipfeltreffen mit dem neuen US-Präsidenten Joe Biden sein. Während der Amtszeit seines Vorgängers Donald Trump hatten die G7 massiv an Bedeutung verloren.
In London stehen auch Gespräche über die Konflikte in Myanmar, Syrien und Libyen, den Umgang mit Russland sowie die Bekämpfung der Corona-Pandemie auf der Agenda. Zahlreiche Organisationen, die gemeinsam das Bündnis »People’s Vaccine Alliance« bilden, fordern die G7 dazu auf, die Pharmaindustrie zum Teilen ihres Wissens über Corona-Impfstoffe zu verpflichten. Indien und Südafrika haben einen Vorstoß zur vorübergehenden Aufhebung des Patentschutzes auf Vakzine, Medizin, Diagnostika und Technologien gegen Covid-19 in der Welthandelsorganisation (WTO) initiiert, der sich über 100 weitere Staaten angeschlossen haben. Doch die Industrieländer wie die USA und die EU, wo sich die fraglichen Pharmafirmen befinden, lehnen das Vorhaben bislang ab. Am Mittwoch sollte auch der Rat der WTO zum Thema beraten.