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Kündigung vom Olympiastü­tzpunkt

Der OSP Sachsen trennt sich nach schweren Vorwürfen von seiner Turntraine­rin Gabriele Frehse

- NIKOLAJ STOBBE, CHEMNITZ SID/nd

Psychische Gewalt, überharte Trainingsm­ethoden und Schmerzmit­telmissbra­uch: Während einige Turnerinne­n Gabriele Frehse unterstütz­en, hat der Arbeitgebe­r der Trainerin das Vertrauen entzogen.

Im Turnskanda­l um die Chemnitzer Trainerin Gabriele Frehse stehen die Zeichen weiter auf Konfrontat­ion. Der Olympiastü­tzpunkt (OSP) Sachsen hat seiner langjährig­en Mitarbeite­rin nun gekündigt, nachdem einige Athletinne­n um die frühere Weltmeiste­rin am Balken, Pauline Schäfer, schwere Vorwürfe gegen die 60-Jährige wegen psychische­r Gewalt und überharter Trainingsm­ethoden erhoben hatten. »Das Arbeitsver­hältnis zwischen dem OSP Sachsen und der Trainerin Gabriele Frehse wurde beendet«, teilte der Olympiastü­tzpunkt auf Anfrage der »Sächsische­n Zeitung« mit. Eine genaue Begründung der Kündigung wurde zunächst nicht bekannt.

Generalver­dacht belastet alle Trainer

Eine vom Deutschen Turner-Bund (DTB) in Auftrag gegebene Untersuchu­ng war zu dem Ergebnis gekommen, dass es in mehreren

Fällen hinreichen­de tatsächlic­he Anhaltspun­kte für die Anwendung psychische­r Gewalt durch die Trainerin gegeben habe. Auch soll Frehse Schützling­en ohne Absprache mit Ärzten Schmerzmit­tel verabreich­t haben. Die Staatsanwa­ltschaft nahm wegen des Verdachts der Körperverl­etzung Ermittlung­en auf. Der DTB hatte die Entlassung gefordert und wollte seine Athletinne­n nicht mehr von der Trainerin betreuen lassen. Frehse war nach Bekanntwer­den der Vorwürfe Anfang Dezember als Cheftraine­rin allerdings zunächst nur suspendier­t worden. Nun sprach der OSP doch die Kündigung aus. Ulla Koch, Teamchefin der deutschen Turnerinne­n, hatte sich im April kritisch zur Affäre geäußert. »Diese Vorfälle belasten die anderen Trainer. Der Generalver­dacht ist schlimm, die Verallgeme­inerung trifft uns hart«, sagte Koch.

Noch unklar ist, ob sich Frehse arbeitsrec­htlich gegen die Kündigung wehrt. Die erfahrene Trainerin, die die schweren Vorwürfe stets zurückgewi­esen hat, verwies laut »Süddeutsch­er Zeitung« auf das schwebende Verfahren und wollte sich nicht äußern. Unterstütz­ung erhält Frehse von ihrem Verein TuS Chemnitz-Altendorf. Dessen Präsident Frank

Munzer will, dass die Trainern weiter ehrenamtli­ch im Klub tätig ist. »Ich stehe dazu, weil mir einfach die Mädels wichtig sind. Es geht darum, für sie schnellstm­öglich eine Lösung zu finden«, sagte Munzer und ergänzte: »Wir versuchen, gemeinsam mit Frau Frehse gegen die Kündigung vorzugehen, die in unseren Augen durch nichts zu rechtferti­gen ist.«

Viele Unterstütz­er halten zu Frehse

Rückendeck­ung hatte Frehse auch von der Olympiadri­tten Sophie Scheder und anderen Turnerinne­n erhalten, die für ihren Verbleib kämpften. Die Gruppe um Scheder, die bei den Sommerspie­len 2016 in Rio Bronze am Stufenbarr­en gewann, unterschri­eb einen offenen Brief an den Olympiastü­tzpunkt, um gegen die Freistellu­ng von Frehse als Trainerin vorzugehen. Im Sportaussc­huss des Deutschen Bundestage­s war der seit Monaten anhaltende Turnskanda­l ebenfalls bereits Thema. Auch an diesem Mittwoch könnte der Fall Frehse wieder zur Sprache kommen. Dann nämlich beschäftig­t sich der Sportaussc­huss am Nachmittag in einer öffentlich­en Anhörung mit physischer, psychische­r und sexualisie­rter Gewalt im Sport.

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