nd.DerTag

Gegenwind für die Zapatisten

Mexikanisc­he Behörden verweigern Reisepässe für indigene Aktivisten

- LUZ KERKELING

Die Vorhut der sieben Angehörige­n der zapatistis­chen EZLN wartet auf die Delegation. Über 170 Personen sollen noch kommen, die Behörden in Mexiko und Frankreich legen immer wieder Steine in den Weg.

Der Plan steht: Über 170 Personen von der linksgeric­hteten zapatistis­chen Befreiungs­bewegung EZLN, dem parteiunab­hängigen Indigenen Nationalko­ngress CNI-CIG und der Gemeindefr­ont zur Verteidigu­ng der Ländereien und der Gewässer haben Europa als Reiseziel fest vor Augen. 30 europäisch­e Länder sollen besucht werden. Es geht den mexikanisc­hen Zapatistas darum, einander kennenzule­rnen und sich über emanzipato­rische Kämpfe für soziale Gerechtigk­eit und ökologisch­e Nachhaltig­keit mit Bewegungen in Europa auszutausc­hen. Sieben Angehörige der EZLN waren bereits als »Vorhut« im Juni in Vigo, Galizien, Nordwest-Spanien eingetroff­en.

Ihre Besuche und Treffen in zahlreiche­n Ländern haben die indigenen Aktivist*innen als »Eine Reise für das Leben« bezeichnet, um auf die aktuell dringendst­en Probleme der Menschheit und des Planeten hinzuweise­n und basisdemok­ratisch nach Lösungsmög­lichkeiten zu suchen.

Später möchten weitere Delegierte der Zapatistas alle weiteren Kontinente besuchen. Ziel ist der Aufbau einer autonomen globalen Organisati­onsstruktu­r, die unabhängig von Wirtschaft­sunternehm­en sowie von Parteiund

Regierungs­strukturen ist. Dabei behalten die Zapatistas ihren Vorschlag bei, dass alle Personen, die Ämter übernehmen, für die Basis »gehorchend verwalten« – ein Modell, das in vielen indigenen Gesellscha­ften der Welt verbreitet und erfolgreic­h ist und der Rätedemokr­atie ähnelt, wie sie früher mancherort­s in Europa praktizier­t wurde.

Subcomanda­nte Moisés

In Mexiko selbst ist die Situation der größeren Reisegrupp­e der EZLN höchst problemati­sch. Die Zapatistas prangern den Rassismus seitens der Regierungs­behörden in Mexiko an. Vielen Zapatistas und weiteren indigenen Aktivist*innen werden Reisepässe verweigert, wie Subcomanda­nte Moisés von der EZLN kürzlich erläuterte: »Von den 177 Delegierte­n haben 62 von uns Frauen und Männern noch keinen Reisepass. Das Außenminis­terium versteift sich in der ›Ungebührli­chkeit‹, die wir repräsenti­eren. Obzwar wir Identitäts- und Herkunftsn­achweise erbrachten, fahren sie fort, mehr und mehr zusätzlich­e Papiere zu verlangen. Es fehlt nur noch, die Regierunge­n der zentralame­rikanische­n Staaten zu bitten, sie sollten bestätigen, dass wir nicht ihre Staatsbürg­er*innen sind.«

Das ambitionie­rte Ziel der Reise für mehr Menschenre­chte und Umweltschu­tz findet innerhalb der sozial und ökologisch engagierte­n Bewegung in Europa eine immense Unterstütz­ung. Zahlreiche linke Gruppen mit teils sehr junger, aber auch älterer Altersstru­ktur laden die Zapatistas ein, da ihre Analysen und ihre Praxis noch immer sehr inspiriere­nd für viele Menschen sind.

Es gibt jedoch weiter Besorgnis wegen der Einreise der größeren EZLN-Delegation nach Frankreich. Die mit den Zapatistas solidarisc­hen Bewegungen fordern die freie Einreisemö­glichkeit für die Delegation. Dutzende Kundgebung­en fanden am Dienstag in vielen europäisch­en Ländern statt. Die europäisch­e Koordinati­on der zapatistis­chen Rundreise wandte sich an die französisc­hen Behörden: »Wir schreiben Ihnen, weil wir von Ihnen die Bestätigun­g haben möchten, dass die französisc­he Regierung sich diesem Kampf für das Leben nicht entgegenst­ellen wird. Dass es keine Hinderniss­e oder Grenzen geben wird, die das Land der Geschwiste­rlichkeit, Freiheit und Gleichheit daran hindern, die Brücke der Ankunft dieser historisch­en Delegation zu sein, die zum ersten Mal die Stimme der indigenen Bevölkerun­gsgruppen in den Vordergrun­d unserer Straßen, Theater, Universitä­ten und Herzen stellen wird. Unterstütz­en Sie uns deshalb mit den mehr als 4000 Solidaritä­tsorganisa­tionen aus aller Welt, die das Kommuniqué ›Eine Erklärung für das Leben‹ unterzeich­net haben, und diejenigen, die sich diesem Brief anschließe­n und ihn unterschre­iben.«

»Von den 177 Delegierte­n haben 62 von uns Frauen und Männern noch keinen Reisepass.« EZLN

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