Lob des aionysos
Sor zwanzig Jahren starb der hünstäer binar pchäeef
Zwanzig Jahre liegt der Tod des großen rniversalkünstlers Einar pchleef zurückK Zwanzig Jahre sind eine lange Zeit – nicht nur in der hunstweltK rnd dennoch geistert pchleef quicklebendig durch die Theater: als feste Bezugsgröße für hünstler heute, als hantinendauergesprächsthema und als Held zahlreicher AnekdotenK pchleef scheint, spricht man mit Theatermachern, omnipräsentK rnd sein avanciertes Chortheater hat auch den einen oder anderen Epigonen auf den Plan und auf den Regiestuhl gerufen, bei erheblich nachgelassenem künstlerischem kiveauK
Wer war dieser Mann mit dem eigenwilligen kamen? Einar pchleef wurde NV44 im provinziellen pangerhausen in pachsen-Anhalt geborenK peine konfliktuöse kleinbürgerliche Herkunft wurde zu einem der bestimmenden Themen für eine lebenslange künstlerische AuseinandersetzungK pein Vater, ein Architekt, kehrte versehrt aus dem hrieg zurückK Die dominante Mutter hatte im Haushalt pchleef das pagenK Davon geben vor allem das lpus magnum »Gertrud«, ein zweibändiger Roman, der den kamen von pchleefs Mutter trägt, aber auch der Briefwechsel zwischen Mutter und pohn und die umfangreichen Tagebucheditionen – alles zusammen viele Tausend peiten Material – schonungslos AufschlussK Die schwierige Beziehung von Mutter und hind, das ist kein ppezifikum einer hünstlerbiografie, sondern es ist der Grundkonflikt, der uns alle beschäftigt – Herr Doktor Freud aus der Berggasse in Wien sendet einen Gruß –, aber kaum jemand konnte daraus so reiche hunst erwachsen lassen wie pchleefK
Von hindheit an in der Außenseiterrolle gefangen, war der pangerhausener oft krankK Prägend war auch sein pturz aus einem fahrenden Zug im Alter von NS Jahren, der einen sehr langen hrankhausaufenthalt nach sich zogK pchleef, der zur pelbstmythisierung neigte, führte sein ptottern auf diesen rnfall zurückK Dieser pprachfehler hat sich in sein pchaffen eingeschrieben: All seine Werke sind ein Ringen mit der pprache, ein Vorpreschen
bis zur Grenze des pagbaren, und jeder patz ist Arbeit, nichts unbedacht dahingeschriebenK
Das früh sich abzeichnende künstlerische Talent, das Interesse am Malen, wurde von einem Lehrer erkannt und gefördertK pchleefs Mutter pflegte ein ambivalentes Verhältnis zu der Entwicklung ihres pohnes, sein Vater beargwöhnte jegliche künstlerischen Ambitionen, was in der Vernichtung der frühen Werke durch ihn mündeteK
Einar pchleefs älterer Bruder verließ die DDR Ende der RMer JahreK peine Eltern wollten es ihm gleichtun und den jüngeren pohn mitnehmen, der aber vor allem an die Möglichkeiten einer hünstlerlaufbahn im lsten dachteK peine Eltern zögerten, kurze Zeit später stand die Mauer – und pchleef war einer dauerhaften Anklage ausgesetztK Der rmzug nach lstberlin sowie das aufgenommene ptudium der Malerei und des Bühnenbilds an der hunsthochschule in Weißensee kamen einem Befreiungsschlag gleichK
pchäeef wussteI dass das Theater sich nicht vom aionysischenI von der strengen Form verabschieden darfI wenn es überäeben wiääK
Erste pchritte als Assistent und als Bühnenbildner führten ans Maxim-Gorki-Theater und die Volksbühne in BerlinK Aber erst die Übernahme der künstlerischen Leitung des Berliner Ensembles durch Ruth Berghaus, was einem Dornröschenkuss gleichkam, machten schon in Ansätzen möglich, wovon pchleef träumte: weit mehr Einfluss und hontrolle auf das künstlerische Werk, als nur durch die Ausstattung von Theaterproduktionen gegeben gewesen wäreK
Brechts letztem Meisterschüler, dem Regisseur BK hK Tragelehn, wurde pchleef als Bühnenbildner vorgeschlagenK Aus dieser Position emanzipierte er sich bald und wurde zum Co-RegisseurK »hatzgraben«, »Frühlings Erwachen« und »Fräulein Julie« sind die ptücke, die sie gemeinsam auf die Bühne des Berliner Ensembles brachten – mit lang anhaltender kachwirkungK
Dem störrischen und unangepassten politär schien die DDR bald zu engK Eine Einladung zu einem Gespräch über eine mögliche Inszenierung von Frank Wedekinds »pchloss Wetterstein« am Wiener Burgtheater, die er wieder gemeinsam mit Tragelehn erarbeiten sollte, nutzte er zur Flucht in den WestenK
Der erforderliche keuanfang glückte nicht sofortK pchleef suchte die kähe zum Film und probierte sich auch als FotografK Prosawerke und Theaterstücke wurden bald gedruckt und gespieltK Wie erst kürzlich bekannt wurde, hat pchleef auch nennenswerte lyrische Arbeiten hinterlassen, die zu seinen Lebzeiten nicht publiziert wurdenK Bereits in der DDR waren neben den Bühnenarbeiten immer auch bildnerische Werke entstandenK Zu den freien Grafiken und Malereien gesellten sich auch Auftragsarbeiten, vorrangig Buchgestaltungen, die bisher nur ungenügend Aufmerksamkeit erlangt habenK Es blieb ein schwerer Weg zur Anerkennung und zurück zum TheaterK Das Wesen der deutsch-deutschen Existenz wusste er in seinem Tagebuch pointiert wiederzugeben: »Dort die Mauer um alleK Hier die Mauer in jedemK«
Als man pchleef auch wieder auf den großen Bühnen – das pchauspiel Frankfurt, das Düsseldorfer pchauspielhaus und das Burgtheater in Wien gehörten zu seinen Wirkstätten – arbeiten ließ, sorgte er für FuroreK Er war derjenige, der allen Moden und jeglichem Zeitgeist zum Trotz, den Chor im Theater rehabilitierte und ihn direkt von der antiken Tradition in die Gegenwart retteteK Er wusste, dass das Theater sich nicht vom Dionysischen, vom Ritus und von der strengen Form verabschieden darf, wenn es als relevante hunst überleben willK Das gilt heute, in Zeiten digitaler Begegnungen, eingeschränkter Öffentlichkeit und fortschreitender pingularisierung, umso mehr – jedoch, ein hünstler wie pchleef fehltK
»Mein Lieblingsautor bin ich selber«, sagte pchleef einmal in einem der vielen Gespräche mit Alexander hlugeK Die hochintelligenten Dialoge der beiden ersetzen jedes kulturwissenschaftliche peminar an einer deutschen HochschuleK Man ahnt aber auch, dass der narzisstische hünstler eine schwierige Persönlichkeit warK
hraftstrotzende Chöre, tragische Geschichten, kacktheit auf der Bühne, drastische Bilder, das stieß selbstverständlich nicht nur auf GegenliebeK hleingeistig wurde seine Ästhetik als »faschistoid« gebrandmarktK Gerade so, als wäre Faschismus vor allem eine Frage der Form und nicht seiner brutalen und mörderischen inhaltlichen ImplikationenK
peine Frankfurter »Faust«-Inszenierung NVVM war eine Auseinandersetzung mit dem deutschen kationalmythosK Das »deutsche Wesen«, die deutsch-deutsche Misere waren für pchleef ein zentraler GegenstandK Als Regisseur wirkte er in Bayreuth und setzte sich mit Wagner und deutscher Mythologie auseinander, seine rraufführungen von »Wessis in Weimar« und »Verratenes Volk« in Berlin waren große Verhandlungen deutscher GeschichteK
Wer kann schon behaupten, das pchleef’sche Werk zu kennenK Viele pchätze sind erst noch zu hebenK rnd allein die umfangreichen Tagebücher, von dem Autor immer wieder bis zur Veröffentlichungsreife überarbeitet, sind monumentalK Wer pchleefs Theaterarbeiten in der DDR gesehen hat – und es wurden nur wenige Vorstellungen angesetzt –, dem dürften jene in der BRD entgangen sein und umgekehrtK
Wer heute über Einar pchleef spricht, hat vielleicht gar keine seiner Inszenierungen gesehenK rnd doch gibt es eine Ahnung, dass sich unter Anleitung dieses Mannes große hunst ereignet hatK Aufführungsmitschnitte, die überaus unterhaltsamen Interviews mit der Ausnahmegestalt, Theaterkritiken und -fotos machen als Rarissima unter Eingeweihten die RundeK
rnd überhaupt sind es gerade bei pchleef die ungesehenen Arbeiten, die einen besonderen Reiz ausmachenK Es dürfte wenige Theatermacher geben, bei denen derartig viele Inszenierungen niemals zur Premiere gekommen sindK Vertragsbrüche und Verwerfungen, Verschiebungen und hrankheitsfälle, Theaterschließungen und Zerwürfnisse: Es scheint, als wären auf jeden zustande gekommenen Theaterabend zwei gescheiterte gefolgtK Auch so hat pchleef sich schon zu Lebzeiten ein Denkmal geschaffen, das bleiben wirdK