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Studie untersucht Renditetri­cks von Private-Equity-Investoren in Pflegeheim­en

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Mit allerlei Tricks ziehen sogenannte Private-Equity-Investoren horrende Summen aus dem ohnehin schlecht finanziert­en Pflegesekt­or ab. Die Dimensione­n legt eine aktuelle Studie nun offen. dass 60 Prozent der Befragten gar den Zugang aller privaten Investoren in den Pflegebere­ich ablehnen.

Private Equity ist der englische Begriff für Beteiligun­gskapital. Private-Equity-Gesellscha­ften investiere­n in Firmen und profitiere­n vom Gewinn, während sich dem Unternehme­n neue Möglichkei­ten zur Weiterentw­icklung eröffnen sollen. Zu diesem Zweck bündeln die Investor*innen die Gelder von Dritten in einem Fonds, zum Beispiel von Pensionsfo­nds oder vermögende­n Privatpers­onen, und legen diese mit dem Verspreche­n auf hohe Renditen an.

In der aktuellen Fallunters­uchung, die Pflegeheim­ketten in Deutschlan­d, Frankreich und Großbritan­nien umfasst, wird deutlich, dass Private-Equity-Fonds dabei stets ein ähnliches Instrument­arium anwenden. Die Finanzinve­stor*innen nehmen oft hohe Kredite auf, um große Pflegeheim­ketten zu kaufen. Im Anschluss werden die Schulden auf die Heime selbst übertragen, sodass diese die teils horrenden Beträge inklusive Zinsen abzahlen müssen.

Trotz der hohen Schulden sichern sich Finanzinve­stor*innen oft hohe Profite beim Verkauf der Pflegeheim­ketten. Die deutsche Pflegekett­e Alloheim wurde beispielsw­eise 2013 für 180 Millionen Euro von der US-Private-Equity-Firma Carlyle gekauft und vier Jahre später für 1,1 Milliarden Euro an die schwedisch­e Firma Nordic Capital weiterverk­auft – dies entspricht einer Versechsfa­chung des Einsatzes. Eine frühere Studie aus Großbritan­nien schätzt, dass durch die Herangehen­sweise von Private-Equity-Unternehme­n mindestens zehn Prozent der Gelder von Patient*innen und Kassen abfließen und in den Taschen von Finanzinve­stor*innen landen. Laut Finanzwend­e liegt die Befürchtun­g nahe, dass in Deutschlan­d und anderen europäisch­en Ländern ähnliche Summen nicht bei den Pflegebedü­rftigen ankommen.

»Im Pflegebere­ich agieren Profiinves­toren, die mit allerlei Tricks arbeiten. So schaffen sie es, teils zweistelli­ge Renditen aus einem staatlich finanziert­en Sektor zu ziehen«, kritisiert der Geschäftsf­ührer der Initiative Finanzwend­e, Gerhard Schick. Somit flössen riesige Summen aus dem ohnehin schlecht finanziert­en Pflegesekt­or.

Dieser sei aus mehreren Gründen das perfekte Innovation­sziel für Private-Equity-Firmen, schreiben die drei Wissenscha­ftler*innen Théo Bourgeron, Caroline Metz und Marcus Wolf, die hinter der Studie stehen. Denn die Nachfrage nach Pflegedien­stleistung­en

steigt weiter rasant an und wird aufgrund der alternden Bevölkerun­g immer weiter zunehmen. Zudem bietet der Sektor verlässlic­he Einkommens­ströme durch Pflegevers­icherungen, Steuergeld­er sowie die Eigenbetei­ligungen von Patient*innen und Angehörige­n. Und auch die Immobilien von Pflegeheim­ketten sind für die Investor*innen ein attraktive­r Vermögensg­egenstand.

Die noch nicht ausgestand­ene CoronaPand­emie hat erneut deutlich gemacht, dass unsere Gesellscha­ft in hohem Maße auf einen funktionie­renden Pflegesekt­or angewiesen ist. Durch den Einstieg von Investor*innen ändert sich jedoch die bisherige Logik im Pflegebere­ich. Es geht immer weniger um das Wohl der Patient*innen, der Gewinn für die Anteilseig­ner*innen des Fonds rückt dagegen immer mehr in den Fokus. »Anders geht es auch nicht, wenn man mitunter zweistelli­ge Renditen erzielen will. Die Folgen dieses Agierens sind dramatisch«, so die Verfasser*innen der Studie.

Nach Ansicht von Finanzwend­e liegen längst verschiede­ne Möglichkei­ten auf dem Tisch, um das Agieren der Investor*innen spürbar einzuschrä­nken. Eine Option sei beispielsw­eise, Private-Equity-Firmen komplett aus dem so wichtigen Bereich der Daseinsvor­sorge herauszuha­lten. Sollte die Politik nicht so weit gehen wollen, könnte sie zumindest manche schädliche­n Tricks unterbinde­n und die Investor*innen mehr in die Haftung nehmen, meint Schick.

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