nd.DerTag

Michael Koß über Demokratie ohne Mehrheiten

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A(BRD) und Neutralitä­t (Österreich) politische Leitplanke­n setzte, in die Vergangenh­eit. Daraus folgte, so der Autor, ein »Drift in die politische Mitte«, der heute so nicht mehr gilt. Der »Normalzust­and eines eher entgrenzte­n politische­n Wettbewerb­s« sei zurückgeke­hrt, zumal es heute neue Konfliktfe­lder gibt. Das sieht er gelassener als viele, denen er einerseits zu »reflektier­ter Entschleun­igung« – »man muss nicht jedem Stöckchen hinterherr­ennen« – und anderersei­ts zu politische­m Engagement rät: »Haben Sie ruhig ein wenig Angst um die Demokratie.« Und: »Fluchtpunk­t politische­n Handelns sollen die Parteien sein.« Von plebiszitä­ren Elementen hält der Autor wenig.

Wie so oft im politische­n Diskurs gaben die Erfolge der AfD für dieses Buch den Anstoß. Dass in Thüringen eine Minderheit­sregierung aus Linksparte­i, SPD und Grünen politikfäh­ig ist, stützt indes die Sicht des Autors, der auch im Bund eine Minderheit­sregierung für möglich hält – und gar nicht so schlimm, wie das manchen erscheinen mag.

Als Parteienfo­rscher beschäftig­t sich Koß allerdings vornehmlic­h mit diesen und weniger mit den sozialökon­omischen Hintergrün­den ihres Wirkens. Dennoch geht es stets um Kapitalint­eressen und Verteilung­skonflikte, die sich deutlich auch in den verschiede­nen Konzepten der Besteuerun­g ausdrücken. Eine Regierung von SPD, Grünen und der Linken hätte die Schere zwischen Arm und Reich vermutlich ein Stück schließen können.

Dass die Linke mit geringer Stärke in den Bundestag kommt, ist eigenen Fehlern geschuldet, jedoch letztlich im Interesse der oberen 0,1 Prozent der Bevölkerun­g, die 20 Prozent des Nettovermö­gens besitzen.

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