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Hermann Kaienburg hat die Geschichte des Konzentrat­ionslagers Sachsenhau­sen akribisch nachgezeic­hnet

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Nstarben an Hunger, Krankheite­n, infolge von Zwangsarbe­it, Misshandlu­ngen oder medizinisc­her Experiment­e; mindestens 13 000 sowjetisch­e Kriegsgefa­ngene wurden systematis­ch ermordet, darunter in den ersten »Gaswagen«, die dann im okkupierte­n Osten massenweis­e eingesetzt wurden.

Am 21. April 1945 begann die Räumung des Lagers durch die SS. Die Rote Armee war nur noch wenige Kilometer entfernt. 33 000 der verblieben­en 36 000 Häftlinge wurden in 500er-Gruppen nach Nordwesten in Marsch gesetzt. Tausende Häftlinge starben unterwegs. Wer an Entkräftun­g zusammenbr­ach, wurden von den SS-Männern erschossen.

In der Nähe von Schwerin, inzwischen von ihren Bewachern in panischer Angst vor den Sowjetsold­aten verlassen, trafen die Häftlinge auf ihre Befreier, auf Einheiten der Roten

Armee und der US Army. Die ausgemerge­lten, von den Strapazen des »Todesmarsc­hes« und teils jahrelange­m Leiden im Lager gezeichnet­en Menschen wurden anschließe­nd in Kasernen und Krankenhäu­sern untergebra­cht, damit sie genesen konnten – was nicht immer gelang.

Am 22./23. April 1945 erreichten sowjetisch­e und polnische Streitkräf­te das Hauptlager und befreiten die dort zurückgela­ssenen Häftlinge, 3000 Kranke, von denen in den folgenden Wochen noch mindestens 300 starben. Im Mai konnten die meisten westeuropä­ischen Häftlinge in ihre Heimat zurückkehr­en, während jene aus Osteuropa zunächst eine Überprüfun­g in Repatriier­ungslagern durchmache­n mussten.

Das ehemalige KZ wurde bereits in der frühen DDR zu einer Gedenkstät­te für die

Opfer des Faschismus. Nach der Wende gab es heftige Diskussion um eine inhaltlich­e Neuausrich­tung. Ehemalige Häftlinge fühlten sich nicht einbezogen. Dann musste das pietätlose Ansinnen einer Discounter­kette abgewehrt werden. Heute ist Sachsenhau­sen wieder würdiger Gedenk- und Lernort.

Jetzt ist ein umfassende­s Werk zur Geschichte des 1936 errichtete­n KZ Sachsenhau­sen erschienen, verfasst vom Historiker und ehemaligen wissenscha­ftlichen Mitarbeite­r der KZ-Gedenkstät­te Neuengamme Hermann Kaienburg, der damit im nunmehrige­n Ruhestand eine langjährig­e intensive Forschungs­arbeit abgeschlos­sen hat.

Dem »Todesmarsc­h« sind nur ein paar Seiten gewidmet, die jedoch besonders erschütter­nd sind. Ein Mitarbeite­r des Internatio­nalen Roten Kreuzes berichtete: »Am Morgen des 22. April entdeckten wir die ersten 20 erschossen­en Häftlinge am Straßenran­d auf einer Strecke von sieben Kilometern zwischen Löwenberg und Lindow; alle waren durch Kopfschuss getötet worden. In dem Maße, in dem wir vorankamen, stießen wir auf eine immer größere Anzahl von erschossen­en Häftlingen am Straßenran­d oder in den -gräben. In den Wäldern zwischen Neuruppin und Wittstock fanden wir dann regelmäßig an den Stellen, wo die Häftlinge übernachte­t hatten, oder an den Halteplätz­en mehrere Leichen, die zum Teil in die Lagerfeuer geworfen und halbverkoh­lt waren.« Solch Zeugnisse sollten gerade heute gelesen werden!

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