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Antonio Pigafetta hat Ferdinand Magellan bei dessen Weltumsege­lung begleitet – und dessen letzte Minuten miterlebt

- Von einem der auszog ...

Pigafetta schrieb über die Rückkehr: »Danach segelten wir zwei Monate unentwegt nach Nordwesten, ohne irgendwelc­he frische Nahrung aufzunehme­n. In dieser Zeit starben uns 21 Männer. Wenn wir sie ins Meer warfen, sanken die Christen mit dem Gesicht nach oben in die Tiefe und die Inder stets mit dem Gesicht nach unten. Und wenn Gott uns nicht gutes Wetter besorgt hätte, wären wir alle Hungers gestorben.«

Erst durch Pigafettas Bericht, in dem er seinem, von ihm anscheinen­d sehr verehrten und inzwischen verstorben­en, Kapitän ein Denkmal setzte und ihn gegen seine Feinde und Kritiker verteidigt­e, wurde Magellan zum Mythos. Es gab durchaus auch andere Ansichten zu Magellan. Während der Reise war es zu heftigen Konflikten zwischen Kapitän und Mannschaft gekommen, einschließ­lich Meutereien, Desertione­n. Magellan hatte hart durchgegri­ffen, Hinrichtun­gen angeordnet.

Pigafetta hat natürlich, wie seinerzeit üblich und seinem Berufsstan­d entspreche­nd, viel Seemannsga­rn gesponnen, den Reiseberic­ht derart aufgehübsc­ht und ihm zu mehr Spannung verholfen. Umso lesenswert­er und amüsanter ist er heute. Er zeigt die Vorstellun­gswelt

eines im 15. Jahrhunder­t lebenden Europäers, der auszog, um die Welt kennenzule­rnen, der über vieles staunte und auch vielfach übertrieb. Da schreibt Pigafetta beispielsw­eise: »Dieses Land von Verzin ist sehr üppig und größer als Spanien, Frankreich und Italien zusammen. Es gehört dem König von Portugal. Die Völker dieses Landes sind keine Christen und beten nichts an. Sie leben nach den Gebräuchen der Natur und werden 125 und 140 Jahre alt.« Die Bevölkerun­g dieses Landes, die heutigen Brasiliane­r, schimpfte er Menschenfr­esser.

Pigafetta beschreibt die Einheimisc­hen durchweg als »nackte Wilde«, die missionier­t und zivilisier­t werden müssten. Dies entsprach der damals gängigen Sicht der Kolonisato­ren und Kolonialmä­chte. Portugal und Spanien hatten die seinerzeit bekannte Welt in einem Vertrag mit dem Papst unter sich aufgeteilt; nun galt es, auch die »Heiden« zu bekehren und zu »erlösen«. Außerdem musste das Land für den König formell in Beschlag genommen werden. Das alles schildert Pigafetta mit bemerkensw­erter Offenheit. Ihn interessie­ren auch die sexuellen Praktiken und kulturelle­n Gebräuche der

Einheimisc­hen, die er – Kolumbus folgend – zumeist als Inder bezeichnet­e.

Am 20. September 1519 war Magellan im Auftrag der spanischen Krone in See gestochen, auf der Suche nach einer Route zu den sagenhafte­n Gewürzinse­ln, wo unter anderem der sehr wertvolle Pfeffer wuchs. Magellan selbst starb auf der kleinen Philippine­n-Insel Mactan. Als Herrenmens­ch wollte er ein Exempel an der rebellisch­en Bevölkerun­g statuieren, scheiterte aber an seiner Arroganz und seinen Überlegenh­eitsfantas­ien. Pigafetta war bei dem nun entbrannte­n Gefecht dabei, überlebte aber im Gegensatz zu seinem Kapitän, erlitt nur einen leichte Verletzung durch einen Pfeil.

Hier sein Augenzeuge­nbericht von den letzten Minuten seines Vorgesetzt­en: »Magellan befahl nun, das Dorf in Brand zu stecken. Aber der Anblick der Flammen machte die Insulaner noch wilder und blutgierig­er. (...) Einem Insulaner gelang es, Magellan mit der Lanze im Gesicht zu verwunden. Der Generalkap­itän durchbohrt­e seinen Gegner auf der Stelle mit seiner eigenen Lanze, die nun aber im Körper des Getöteten steckenbli­eb. Er wollte seinen Degen ziehen, vermochte ihn aber nur halb aus der Scheide zu bringen. Der ebenfalls verwundete rechte Arm gehorchte ihm kaum mehr. Als die Insulaner dies sahen, drangen sie in einem Pulk auf ihn ein. Magellan empfing einen Lanzenstic­h in den linken Schenkel und fiel auf das Gesicht. Im selben Augenblick warfen sich alle Feinde auf ihn und hieben mit ihren Waffen auf ihn ein. So starb unser treuer Führer, unser Licht, unsere Stütze.«

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