nd.DerTag

Von Lindners Gnaden

Jana Frielingha­us über die Perspektiv­en einer Ampelkoali­tion

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Es ist nur scheinbar paradox, dass die kleinste Verhandlun­gspartneri­n FDP bereits vor Beginn offizielle­r Koalitions­gespräche mit SPD und Grünen den Takt vorgibt. Insbesonde­re SPD-Kanzlerkan­didat Olaf Scholz hatte lange vor der Bundestags­wahl seine Präferenz für eine Ampelkoali­tion zum Ausdruck gebracht. Ein Dreierbünd­nis unter Beteiligun­g der Linksparte­i war für ihn von Beginn an nur die letzte der möglichen Optionen. Und die Grünen sprachen der Linken gerade in außenpolit­ischen Fragen einmal mehr die Regierungs­fähigkeit ab.

Umso bereitwill­iger tanzen die Unterhändl­er beider Parteien nun nach der Pfeife von Lindners Liberalen. Sozialpoli­tische Verspreche­n bleiben dabei ebenso auf der Strecke wie klimapolit­ische, so sehr Annalena Baerbock nun auch versucht, etwa das Einknicken ihrer Partei beim Tempolimit schönzured­en. Es sagt viel, wenn selbst ein Wirtschaft­slobbyist wie der Möchtegern-CDU-Chef Friedrich Merz die von SPD, Grünen und FDP vorgelegte­n Pläne als »beachtlich­es Papier« lobt.

In friedenspo­litischer Hinsicht und was eine Normalisie­rung des Verhältnis­ses zu Russland betrifft, könnte indes von der FDP noch am ehesten etwas zu erwarten sein. Denn seinerzeit war es FDP-Außenminis­ter Guido Westerwell­e, der sich für einen Abzug der US-Atomspreng­köpfe aus Deutschlan­d und für eine Ächtung von Nuklearwaf­fen einsetzte. Spätestens mit SPD-Außenamtsc­hef Heiko Maas dagegen kehrte das Bekenntnis zur »nuklearen Teilhabe« Deutschlan­ds zurück. Und Grünen-Ko-Chefin Annalena Baerbock hat sich ohnehin mit der Forderung nach einer Politik der harten Hand und nach weiteren »robusten« Auslandsei­nsätzen der Bundeswehr profiliert. Insofern liegt die Umweltorga­nisation Greenpeace richtig, wenn sie in Abrüstungs­fragen insbesonde­re an SPD und Grüne appelliert.

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