Kleine Fortschritte bei Syrien-Gesprächen
Konfliktparteien stellen Prinzipien für neue Verfassung vor
Fast zwei Jahre nach Beginn der Gespräche zwischen Regierungsvertretern und Opposition hofft der Syrien-Gesandte der UN, Geir Pedersen, auf Schritte in Richtung einer Verfassungsreform.
Berlin. Die Gespräche über eine neue Verfassung für Syrien kommen nach fast zwei Jahren ohne Bewegung nun langsam voran. Je 15 Vertreter von Regierung, Opposition und Zivilgesellschaft trafen am Montag mit dem UN-Syrien-Beauftragten Geir Pedersen in Genf zusammen. Die Gespräche sollen bis Ende der Woche laufen.
Alle drei Gruppen wollten Vorschläge für Leitprinzipien für die neue Verfassung auf den Tisch legen, wie der Vertreter der Opposition, Hadi al-Bahra, vor dem Auftakt sagte. Es war das erste Mal, dass über konkrete Texte gesprochen werden sollte. Die vorherigen fünf Runden blieben in Meinungsverschiedenheiten über das Prozedere stecken Am Sonntag hatte Pedersen verkündet, führende Vertreter von Staatschef Baschar al-Assad und der Opposition seien nun einverstanden, »dass wir die Verfassungsreform nicht nur vorbereiten, sondern dass wir diese auch ausarbeiten. Das Neue in dieser Woche ist, dass wir einen ›Entwurfsprozess‹ in Gang bringen werden – für eine Verfassungsreform in Syrien.«
Nach der gewalttätigen Unterdrückung von Regierungskritikern 2011 ist in Syrien ein Bürgerkrieg entbrannt, in dem über 350 000 Menschen umgekommen sind. Rund 6,6 Millionen Menschen sind ins Ausland geflohen und 6,7 Millionen wurden im eigenen Land vertrieben – zusammen mehr als die Hälfte der Vorkriegsbevölkerung.
Al-Bahra betonte, die Opposition wolle an der UN-Resolution 2254 festhalten, die eine neue Verfassung, eine Volksabstimmung darüber und Neuwahlen vorsieht. Seit der Verabschiedung der Resolution 2015 im Weltsicherheitsrat hat sich die Lage aber grundlegend geändert. Präsident al-Assad sitzt wieder fester im Sattel, nachdem er mit Unterstützung Russlands rund 70 Prozent des Territoriums erneut unter seine Kontrolle bringen konnte. Im Mai wurde er in einer umstrittenen Wahl wiedergewählt.
Die Opposition wirft der Regierung in Damaskus deshalb vor, Verfassungsgespräche zu verschleppen. »Zeit zu vergeuden bedeutet mehr Leid für das syrische Volk und das muss aufhören«, sagte al-Bahra.
Heiko Wimmen von Crisis Group äußerte sich skeptisch über die Erfolgsaussichten. Einer neuen Verfassung sei das Papier nicht wert, auf das sie geschrieben werde, solange die Menschen ihre Rechte aus der Verfassung nicht vor unabhängigen Gerichten einklagen könnten, sagte er dem Schweizer Rundfunk SRF.