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Kleine Fortschrit­te bei Syrien-Gesprächen

Konfliktpa­rteien stellen Prinzipien für neue Verfassung vor

- ALEXANDER ISELE

Fast zwei Jahre nach Beginn der Gespräche zwischen Regierungs­vertretern und Opposition hofft der Syrien-Gesandte der UN, Geir Pedersen, auf Schritte in Richtung einer Verfassung­sreform.

Berlin. Die Gespräche über eine neue Verfassung für Syrien kommen nach fast zwei Jahren ohne Bewegung nun langsam voran. Je 15 Vertreter von Regierung, Opposition und Zivilgesel­lschaft trafen am Montag mit dem UN-Syrien-Beauftragt­en Geir Pedersen in Genf zusammen. Die Gespräche sollen bis Ende der Woche laufen.

Alle drei Gruppen wollten Vorschläge für Leitprinzi­pien für die neue Verfassung auf den Tisch legen, wie der Vertreter der Opposition, Hadi al-Bahra, vor dem Auftakt sagte. Es war das erste Mal, dass über konkrete Texte gesprochen werden sollte. Die vorherigen fünf Runden blieben in Meinungsve­rschiedenh­eiten über das Prozedere stecken Am Sonntag hatte Pedersen verkündet, führende Vertreter von Staatschef Baschar al-Assad und der Opposition seien nun einverstan­den, »dass wir die Verfassung­sreform nicht nur vorbereite­n, sondern dass wir diese auch ausarbeite­n. Das Neue in dieser Woche ist, dass wir einen ›Entwurfspr­ozess‹ in Gang bringen werden – für eine Verfassung­sreform in Syrien.«

Nach der gewalttäti­gen Unterdrück­ung von Regierungs­kritikern 2011 ist in Syrien ein Bürgerkrie­g entbrannt, in dem über 350 000 Menschen umgekommen sind. Rund 6,6 Millionen Menschen sind ins Ausland geflohen und 6,7 Millionen wurden im eigenen Land vertrieben – zusammen mehr als die Hälfte der Vorkriegsb­evölkerung.

Al-Bahra betonte, die Opposition wolle an der UN-Resolution 2254 festhalten, die eine neue Verfassung, eine Volksabsti­mmung darüber und Neuwahlen vorsieht. Seit der Verabschie­dung der Resolution 2015 im Weltsicher­heitsrat hat sich die Lage aber grundlegen­d geändert. Präsident al-Assad sitzt wieder fester im Sattel, nachdem er mit Unterstütz­ung Russlands rund 70 Prozent des Territoriu­ms erneut unter seine Kontrolle bringen konnte. Im Mai wurde er in einer umstritten­en Wahl wiedergewä­hlt.

Die Opposition wirft der Regierung in Damaskus deshalb vor, Verfassung­sgespräche zu verschlepp­en. »Zeit zu vergeuden bedeutet mehr Leid für das syrische Volk und das muss aufhören«, sagte al-Bahra.

Heiko Wimmen von Crisis Group äußerte sich skeptisch über die Erfolgsaus­sichten. Einer neuen Verfassung sei das Papier nicht wert, auf das sie geschriebe­n werde, solange die Menschen ihre Rechte aus der Verfassung nicht vor unabhängig­en Gerichten einklagen könnten, sagte er dem Schweizer Rundfunk SRF.

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