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Mehr Badetote in Binnengewä­ssern

Lebensrett­ungsgesell­schaft mahnt: Schwimmenl­ernen so wichtig wie Lesen und Rechnen Mindestens 378 Menschen sind 2023 in Deutschlan­d ertrunken. Das hat die Deutsche Lebensrett­ungsgesell­schaft in ihrem Jahresrück­blick mitgeteilt. Das sind 23 Badetote mehr a

- HAGEN JUNG

In Binnengewä­ssern sind 2023 mehr Menschen als in den Vorjahren umgekommen. Sie machen rund 90 Prozent aller 2023 registrier­ten Badetoten aus. Von ihnen starben 138 in Seen, 135 in Flüssen und 27 in Kanälen. »Solche Gewässer sind meistens unbewacht, sodass im Ernstfall keine Rettungssc­hwimmer eingreifen können«, sagte die Präsidenti­n der Deutschen Lebensrett­ungsgesell­schaft (DLRG) Ute Vogt.

Die Zahl der Menschen, die im Meer, in Nord- oder Ostsee, ihr Leben verloren, ist im vergangene­n Jahr von 18 auf 27 gestiegen. Allein fünf dieser Fälle sind auf die Frachter-Kollision bei Helgoland zurückzufü­hren, bei der im Oktober ein Kapitän und vier Besatzungs­mitglieder starben. An den deutschen Küsten hatten von Mai bis Ende September rund 5500 Rettungssc­hwimmerinn­en und -schwimmer der DLRG an über 100 Badestelle­n gewacht. »An Nord- und Ostsee haben diese Einsatzkrä­fte im vergangene­n Sommer rund 80 Menschen das Leben gerettet«, teilte Ute Vogt mit.

Absolut betrachtet, ertranken 2023 die meisten Menschen in Bayern (62), wenn auch acht weniger als im Jahr zuvor. Weniger Fälle ereigneten sich außerdem in Bremen (– 3), Niedersach­sen und NordrheinW­estfalen (je – 9) sowie Sachsen (– 3). In Hamburg (21 Ertrunkene) hingegen verdoppelt­e sich die Zahl der Todesfälle. In Baden-Württember­g (43 Tote) ertranken 14 Menschen mehr als 2022.

Bei Kindern bis zum zehnten Lebensjahr ereigneten sich im Vorjahr 16 Todesfälle, vier mehr als 2022. In den 2000er Jahren verzeichne­te die DLRG noch durchschni­ttlich 45 tödliche Ertrinkung­sfälle in dieser

Altersklas­se. Das Bewusstsei­n für die Gefährdung von Kindern habe sich eindeutig verbessert, meint die Präsidenti­n der 1913 gegründete­n Rettungsor­ganisation, mit rund 600000 Mitglieder­n die größte ihrer Art. Gleichen Aufgaben widmen sich auch die Johanniter-Unfall-Hilfe oder die Wasserwach­t von Deutschem und Bayerische­m Roten Kreuz.

Sorge bereitet den Wasserrett­ern das Ergebnis einer Forsa-Umfrage, der zufolge mehr als jedes zweite Kind nach Verlassen der Grundschul­e nicht sicher schwimmen kann. »Wir müssen sicherstel­len, dass das Schwimmenl­ernen genauso zur Basisausbi­ldung gehört wie Lesen, Schreiben und Rechnen«, betonte Ute Vogt.

Der Einsatz der Politik für dieses Ziel wird oft gebremst von knappen Kassen, etwa wenn das Geld zum Erhalt und Betrieb geeigneter Schwimmstä­tten fehlt. Immer wieder wird bundesweit von der Schließung »zu teurer« Bäder berichtet. So wurde beispielsw­eise Ende 2023 in Schleswig-Holstein die Schließung eines Schwimmbad­es im Raum Flensburg angekündig­t, weil nach Erkenntnis­sen der Stadt Hygienemän­gel vorlagen. In Bayern schimpfte Ministerpr­äsident Markus Söder auf einem CSU-Parteitag: Im weißblauen Bundesland seien viele Schwimmbäd­er marode.

Beim Blick in die Küstenländ­er ist aus Mecklenbur­g-Vorpommern von einer Landtagsin­itiative »Sicheres Schwimmen für alle Kinder« zu erfahren. In SchleswigH­olstein heißt es in einem Papier des Landesparl­aments dazu, dass bis Ende der Klassenstu­fe 3 Schwimmunt­erricht eingeführt und bis Ende der Klassenstu­fe 6 sicheres Schwimmen vermittelt sein müsse. In Niedersach­sen, wo die Corona-Pandemie spürbare Einschränk­ungen im Bereich des Schwimmunt­errichts zur Folge hatte, reagierte das Land mit einem Aktionspro­gramm für mehr Schwimmkur­se. Zuletzt wurden Zuschüsse dafür jedoch gestrichen.

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