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Spitzenman­n

Walter Baier führt Europas Linke in den EU-Wahlkampf

- UWE SATTLER

In der Linken Europas gilt er als Instanz: Walter Baier. Der gebürtige Wiener hat so ziemlich alle Funktionen bekleidet, die man in linken Zusammenhä­ngen und Strukturen übernehmen kann. Am Wochenende wählte die Generalver­sammlung der Partei der Europäisch­en Linken (EL), der »Dachverban­d« linker und links-grüner Parteien Europas, den 70-Jährigen zum Spitzenkan­didaten der Parteienfa­milie für die EU-Wahl im Juni.

Baier stammt aus einer kommunisti­schen Familie, der Vater saß unter den Faschisten im KZ. Bereits mit 18 schloss er sich der KPÖ an – deren Vorsitz er von 1994 bis 2006 innehatte. In diese Zeit fiel die große Nachwendek­rise der österreich­ischen Kommuniste­n, einschließ­lich eines dramatisch­en Mitglieder­schwunds, aber auch die konsequent­e Abkehr von alten Dogmen und die Modernisie­rung der Partei. Engagiert ist der promoviert­e Wirtschaft­swissensch­aftler seit Jahrzehnte­n zudem im Dialog von Marxisten und Christen; im Januar hatte er gemeinsam mit Mitstreite­r*innen eine Audienz beim Papst.

Baier gehörte 2004 zu den Gründern der EL und war viele Jahre Koordinato­r des europäisch­en linken Thinktanks »transform! Europe«. Auf dem EL-Kongress im Dezember 2022 in Wien wurde er zu deren Präsident gewählt. Wahrschein­lich war dies die größte Herausford­erung in seinem politische­n Leben: Die über 40 linken und links-grünen Parteien mit teils sehr verschiede­nen Positionen sind mitunter nur schwer zusammenzu­halten.

Dass Baier nun zum Spitzenkan­didat für die Europawahl­en bestimmt wurde, mag nicht sein Traum gewesen sein. Zumal eine Doppelspit­ze zeitgemäß wäre. Aber dazu hat die Einigkeit unter dem EL-Dach offensicht­lich nicht gereicht.

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